(Registrieren)

DER STANDARD-Kommentar: "Glatteis auf den Bühnenbrettern" von Andrea Schurian

Geschrieben am 18-02-2014

Kulturpolitik muss Rettungsschirme (nicht nur) für das
Burgtheater aufspannen (Ausgabe ET 18.2.2014)

Wien (ots) - Ja, vor dem glatten Wiener Parkett sei er gewarnt
worden, sagte Matthias Hartmann fröhlich, aber ausgerutscht sei er
noch nicht. Das war zu seinem Einstand am Burgtheater im Herbst 2009.
Nun scheinen die Bühnenbretter ziemlich vereist zu sein. Die
Opposition fordert seinen Kopf. Aus der Schweiz tönt auch keine gute
Nachrede: Er habe zu Beginn Verluste gemacht und erst in seiner
letzten Spielzeit am Zürcher Schauspielhaus Gewinne geschrieben. Nun
droht der Burg für das Geschäftsjahr 2012/13 ein Bilanzverlust von
8,3 Millionen Euro, dazu könnten weitere fünf Millionen
Steuerschulden kommen. Ein zutiefst frustriertes Ensemble hat seinem
Chef, der sich selbst ein cholerisches Gemüt attestiert, das
Misstrauen ausgesprochen und SP-Kulturminister Josef Ostermayer um
Hilfe gebeten.

Die Forderung: Transparenz und Ende der Kündigungen. Zwar konnte
Hartmann die Besucherzahlen (von 390.259 auf 430.653) und die
Ticketeinnahmen (von 6,21 auf 7,49 Millionen Euro) merklich steigern,
dennoch musste er beim Personal einsparen und verkleinerte es um mehr
als ein Drittel._Zuletzt wurden sogar Verträge von Stars wie Udo
Samel und Corinna Kirchhoff nicht verlängert.

Georg Springer, Geschäftsführer der Bundestheaterholding, sagte im
ORF-Kulturmontag, die Staatsoper sei drastisch unterfinanziert, die
Volksoper am Rand des Überlebens, die Burg verschuldet: "Bei den
anderen Häusern ist noch nichts passiert. Warum ist beim Burgtheater
so viel passiert? Dies gilt es aufzuklären."

Exakt. Diese Frage sollte sich der Bundestheatergeneral als
oberste Kontrollinstanz der drei Häuser gleich einmal selbst stellen.
Es ist billig, sich an der ehemaligen kaufmännischen Direktorin
abzuputzen. Silvia Stantejskys kreativer Abschreibungsmodus und die
Löcher-auf-Löcher-zu-Buchführung hätten einem funktionierenden
internen Controlling wie auch den externen Wirtschaftsprüfern
auffallen müssen und nicht erst einem von Hartmann zurate gezogenen
Experten aus Deutschland. Auch dass Stantejsky offenbar immer wieder
vergaß, bei Auslandshonoraren die Quellensteuer einzubehalten, wäre
ein klarer Fall für die Holding gewesen. Nun bastelt Springer,
gemeinsam mit Aufsichtsratsvorsitzendem Max Kothbauer, an
Sparvarianten.

Angedacht wird, das Kasino am Schwarzenbergplatz als dritte
Spielstätte wegzurationalisieren. Sollte man nicht eher überlegen, ob
Verwaltungsbüros und Kostümschneidereien tatsächlich auf tausenden
Quadratmetern im Hanuschhof in bester Innenstadtlage residieren
müssen?

Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich._Und doch: Fürs
Milliardengrab Hypo Alpe Adria wird der Finanzminister reichlich
Steuergeld lockermachen. Die Kunstschaffenden der Kulturnation
Österreich hingegen müssen sich im wunschlosen Glücklichsein üben,
wenn das Kulturbudget - 0,2 Prozent der Staatsausgaben - wenigstens
gleich bleibt.

Ostermayer hat sich hoffentlich nicht auf kulturelle
Schönwettermiene nach seiner Tagesarbeit als Kanzleramtsminister
gefreut. Denn er wird Versäumnisse seiner Vorgänger und
Vorgängerinnen ausbaden und (nicht nur über der Burg) einige
Rettungsschirme aufspannen müssen. Wer, mit zwei Ausnahmen, 17 Jahre
keine Budgeterhöhung gewährt, handelt fahrlässig und darf sich nicht
über - unbestritten patscherte - Versuche wundern, das Theaterwerkl
mit halblegalen und illegalen Methoden am Laufen zu halten.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

*** OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER
INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT ***


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

512630

weitere Artikel:
  • Neue OZ: Kommentar zu Kunstraub Osnabrück (ots) - Missachtung der Opfer Jetzt rächt sich die Hinhaltetaktik der Augsburger Staatsanwaltschaft. Seit der Beschlagnahme der Bilder in der Wohnung von Cornelius Gurlitt ist zu viel wertvolle Zeit verstrichen. Bis jetzt ist der Verdacht der Raubkunst bei zu wenigen Bildern erhärtet. Und obendrein bleibt weiter unklar, auf welcher Grundlage die Bilder überhaupt abtransportiert wurden. Genau an diesen Punkten setzen jetzt Gurlitts Anwälte an, mit allerdings erstaunlichen Feststellungen und Forderungen. Mit der mehr...

  • Charles Aznavour zum stern: "Ich verkörpere Frankreich" Hamburg (ots) - Chansonsänger und Schauspieler Charles Aznavour, der über 1000 Chansons geschrieben und in etwa 80 Filmen mitgewirkt hat, verfügt auch im Jahr seines 90. Geburtstags über enorme Schaffenskraft. In einem Interview mit dem Hamburger Magazin stern sagte er in seinem Haus in Lausanne, er arbeite gerade an einem Stück für den Broadway, komponiere ein Musical und stelle parallel ein Album mit 17 neuen Chansons fertig. Zudem plant er in diesem Jahr 30 Auftritte: Seinen 90. Geburtstag am 22. Mai will er in Deutschland mit mehr...

  • Top of the Pop - bei artnet kommen bekannte Pop-Art-Werke unter den Hammer New York/Berlin (ots) - artnet Auctions versteigert vom 18. bis 27. Februar in der großen Online-Auktion Top of the Pop mehr als 60 Werke herausragender Pop-Art-Künstler. Angeführt von Andy Warhol, Roy Lichtenstein und Robert Rauschenberg kommt eine spektakuläre Auswahl von Kunstwerken unter den Hammer. Zu den Highlights zählt Roy Lichtensteins Sweet Dreams Baby! mit einem Schätzpreis von 100.000 bis 125.000 USD. In Anlehnung an amerikanische Comics distanzierte sich Lichtenstein vom damalig vorherrschenden abstrakten Expressionismus. mehr...

  • Mit der Online-Plattform ARTE Concert bietet ARTE im Web einen Logenplatz für die Bühnenkunst Strasbourg (ots) - Mit der neuen Online-Plattform ARTE Concert bietet ARTE seinen Zuschauern und Internetusern ab sofort ein noch umfangreicheres und benutzerfreundlicheres Angebot für junge und aktuelle Bühnenkunst aus ganz Europa: von Weltmusik bis Oper, von Pop/Rock bis Tanz, von Jazz bis Poetry Slam sind auf www.arte.tv/concert alle Sparten vertreten. Pro Jahr sind 650 Aufführungen zu sehen, davon allein 300 als Livestream. Das vielfältige Angebot bleibt auch nach der Erstausstrahlung für mehrere Monate online abrufbar. Neben mehr...

  • Mitteldeutsche Zeitung: Wissenschaft Bienensterben: Forscher aus Halle beweist erstmals Übertragung von Viren auf Wildbienen Halle (ots) - Im Kampf gegen das Bienensterben verzeichnet die Wissenschaft einen wichtigen Fortschritt. Ein hallescher Forscher hat zusammen mit britischen Kollegen nun erstmals nachgewiesen, dass sich Wild- bei Honigbienen direkt mit tödlichen Viren und Pilzen infizieren. "Die Ergebnisse legen nahe, dass dringend Empfehlungen für die Praxis ausgesprochen werden müssen, um wilde und von Imkern gezüchtete Bienen besser vor diesen verheerenden Krankheiten zu schützen", sagte der hallesche Zoologie-Professor Robert Paxton der in Halle mehr...

Mehr zu dem Thema Alles rund um die Kultur

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

Pinocchio erreicht Gold in Deutschland mit Top-3-Hit "Klick Klack" - "Mein Album!" erscheint am heutigen Tag - Neue Single "Pinocchio in Moskau (Kalinka)" folgt am 17. März

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht