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Von Bobbycars, Schnappschildkröten und "echten Skandalen" / 11. Augsburger Mediengespräche zur "Skandalisierung in den Medien"

Geschrieben am 09-10-2013

München (ots) - Zwischen der "Skandalisierung des Banalen" und der
Aufdeckung "echter Skandale" in den Medien zu unterscheiden, ist im
Zeitalter der "Aufmerksamkeitsökonomie" gar nicht mehr so leicht,
zumal die Aufmerksamkeit der Mediennutzer mit der Prominenz der
handelnden Personen steigt. Es sei aber mehr als notwendig, genau zu
differenzieren, welche "Sau gerade durch's Dorf getrieben" werde,
appellierte der Fernseh- und Netzjournalist Richard Gutjahr gestern
bei den 11. Augsburger Mediengesprächen an die Verantwortung seiner
Kollegen.

Auf Einladung der BLM, der lokalen Medienunternehmen und der Stadt
Augsburg verfolgten im Rathaussaal knapp 300 Besucher eine spannende
Diskussion zum Thema "Skandalisierung in den Medien - Kontrollverlust
in der digitalen Welt?". Das hochkarätig besetzte Podium mit
Vertretern aus Medien, Politik und Wissenschaft war sich einig, dass
der Konkurrenzkampf der Medien sowie die beschleunigten
Kommunikationswege in der digitalen Welt mehr denn je
Qualitätsjournalismus erforderten. "Wo professionelle Gatekeeper und
eine Qualitätskontrolle fehlen, gerät der vermeintliche Skandal
schnell zum inszenierten Drama", warnte BLM-Präsident Siegfried
Schneider in seiner Eröffnungsrede. Und der Augsburger Bürgermeister
Hermann Weber betonte, dass die Medien in einer demokratischen
Gesellschaft nicht nur Kritik- und Kontrollfunktion hätten, sondern
auch "Garant für ein respektvolles Miteinander" sein müssten.

Gibt es dieses Miteinander in der "Empörungsdemokratie" überhaupt
noch? Laut Medienwissenschaftler und Buchautor Prof. Dr. Bernhard
Pörksen liegt Skandalen ein Beziehungsdreieck zugrunde: Der
Skandalschrei der Medien stehe als Ultrakurzformel für das "Werben um
Aufmerksamkeit". Das Publikum zeige Interesse an archetypischen
Situationen wie dem Fall eines (politischen) Helden. Wie wichtig für
einen Politiker der Umgang mit den Medien geworden ist, bestätigte
der ehemalige bayerische Justizminister Alfred Sauter: Sacharbeit
interessierte heute doch keinen mehr. Erst, wenn etwas passiere,
"bist du auf einmal interessant. Das kriegen Sie nicht mehr los." Die
Empörung der Öffentlichkeit wachse mit der Prominenz des
"Delinquenten" und dessen moralischer Fallhöhe, ergänzte Walter
Roller, Chefredakteur der Augsburger Allgemeinen Zeitung.

Die Fälle Wulff, Guttenberg und Hoeneß sind für
Kommunikationsberater Michael Spreng allerdings schlechte Beispiele
für die Skandalisierung in den Medien. Es wären "echte Skandale"
gewesen, die von den Betroffenen durch professionelles
Kommunikationsverhalten (keine Salamitaktik etc.) abgekürzt hätten
werden können. Spreng stimmte der Moderatorin Silvia Laubenbacher von
a.tv Augsburg zwar zu, dass es einen Trend zur Trivialisierung der
Politik durch Medien gebe, diese aber auch die Pflicht zur Aufklärung
hätten: "Wir tragen eine Mitschuld, wenn wir skandalisieren, nicht,
wenn wir Skandale aufdecken."

Den Trend zur Lust am Skandal und zur Personalisierung räumten
sowohl Roller als auch Gutjahr ein: "Wo ist denn der Killerinstinkt
der Medien bei wirklich relevanten Geschichten wie der Snowdenaffäre
geblieben?", fragte Gutjahr, der sich darüber ärgerte, dass teilweise
die Schnappschildkröte im Baggersee für mehr Berichterstattung als
wirklich gute Stories sorge. Der Kampf um Auflage, Quote und Klicks
führe manchmal zu einer "bewussten Skandalisierung".

Es gibt aber keine reinen "Netzskandale", darin waren sich die
Diskutanten einig. Die Spirale werde entweder von unten aus dem Netz
angekurbelt (Fall Köhler) oder von Leitmedien wie "Bild" oder
"Spiegel" losgetreten. Entscheidend sei der Mix aus klassischen
Medien und der Öffentlichkeit im Internet. Die Anonymität des Netzes,
moralisch aufgeladene Diskussionen und das gegenseitige Mobbing in
der Politik tragen allerdings dazu bei, dass ein "respektvolles
Miteinander" immer seltener wird, oder wie es Spreng ausdrückte: Im
Internet gebe es eben nicht nur Schwarmintelligenz, sondern auch
Schwarmfeigheit.

Vor diesem Hintergrund könnte seriöse Medienberichterstattung
Skandale "entschleunigen" und eine Relevanzbewertung vornehmen, regte
Printjournalist Roller an, nach dessen Einschätzung es künftig keine
"Klickdemokratie" geben wird. Auch der Landtagsabgeordnete Sauter
zeigte sich optimistisch: "Wir sind vom digitalen Zeitalter
überfallen worden. Mittelfristig werden sich die Menschen aber
bewusst machen, dass sie ein gehöriges Stück Verantwortung tragen."

Eine Zusammenfassung der Augsburger Mediengespräche ist am Samstag
um 20:30 Uhr und am Sonntag um 16:30 Uhr im Programm von a.tv zu
sehen.

Bilder in hoher Auflösung der Veranstaltung Augsburger
Mediengespräche 2013: http://ots.de/QTYyD

Fotogalerie Augsburger Mediengespräche 2013: http://ots.de/dfQA4

Diese Informationen finden Sie auch im Internet unter: www.blm.de



Pressekontakt:
Bettina Pregel
Stellv. Pressesprecherin
Tel. (089) 63808-318
bettina.pregel@blm.de


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