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DER STANDARD - Kommentar "Fortgesetzter Kasinokapitalismus" von Alexandra Föderl-Schmid

Geschrieben am 13-09-2013

Fünf Jahre nach der Lehman-Pleite: Es ist längst noch nicht
alles ausgestanden - Ausgabe vom 14./15.9.2013

Wien (ots) - Der 15. September 2008 war eine Zäsur für uns alle -
und ein ähnlicher Einschnitt wie 9/11, die Anschläge in den USA im
Jahr 2001. Als die New Yorker Investmentbank Lehman Brothers
pleiteging, herrschte weltweit Panik, denn es stand das ganze
kapitalistische Wirtschaftssystem auf dem Spiel. Allen Bürgern rund
um den Globus wurde mit einem Schlag klar: Der Primat des Handelns
lag nicht (mehr) bei der Politik, den Finanzmärkten fehlen klare
Regeln. Und die Dominanz der Finanzwirtschaft über die Realwirtschaft
wurde offensichtlich. Ein Dominoeffekt wurde befürchtet: dass ein
Kollaps des Bankensystems desaströse Auswirkungen auf die gesamte
Weltwirtschaft hat. Die Rettung der Banken war das vordringliche
Ziel. Da waren plötzlich wieder Politiker gefragt, Notverstaatlichung
ist ein Schlagwort, das vor fünf Jahren noch nicht im allgemeinen
Sprachgebrauch war. Banken, das Geld von Sparern und ganze Länder
mussten plötzlich gerettet werden. Es wurden Konjunktur- und
Rettungspakete geschnürt, die Bürger mit Einlagensicherungen
beruhigt. Milliardenbeträge wurden in Umlauf gebracht, Geldreserven
aufgebraucht. Die Nationalbanken pumpten bisher unvorstellbare Summen
in den Kreislauf, halfen Banken aus und drückten die Zinsen auf
historische Tiefstände. Die Europäische Zentralbank brach das Tabu,
Anleihen von Krisenstaaten zu kaufen. Politiker und Notenbanker haben
in einer anderen Form den Kasinokapitalismus und damit die
Verschuldung weitergetrieben. Weil die Ratingagenturen den Takt
vorgaben, blieb dann auch keine Zeit, die Bürger miteinzubeziehen.
Der befürchtete Kollaps des gesamten Wirtschaftssystems blieb aus -
aber zu welchem Preis? Der Euro besteht noch immer, aber die
Identifizierung der Bürger mit der Union und der Gemeinschaftswährung
schwindet. Staaten wie Griechenland sind noch immer Mitglied der
Eurozone, aber der soziale Friede in diesem Land ist gestört, die
Armut massiv gestiegen. In den Bilanzen der Banken verbergen sich
weiter faule Kredite. In Österreich ist die Hypo Alpe Adria ein
Beispiel dafür, dass auf den Steuerzahler womöglich noch weitaus mehr
Zahlungen zukommen, als derzeit absehbar sind. Knapp fünf Jahre nach
der Notverstaatlichung der Kommunalkredit belaufen sich die
Nettokosten aus dem Bankenrettungspaket auf rund 6,4 Milliarden Euro.
Drei Milliarden entfallen auf die Kommunalkredit, 3,4 auf die
Kärntner Hypo und 950 Millionen Euro auf die ÖVAG. Wie viel Geld noch
für die Hypo nötig sein wird und wo gespart werden muss, werden die
Bürger erst nach der Nationalratswahl erfahren. Nach der
Bundestagswahl in Deutschland, wo nächstes Wochenende gewählt wird,
kommt das Thema weiterer Griechenland-Hilfe wieder auf die
Tagesordnung. In Portugal schwindet die Unterstützung für das
Sparprogramm. Weltweit wurden jedoch Lehren aus der Lehman-Pleite
gezogen: Die Kontrolle wurde oder wird, wie etwa durch die
EU-Bankenunion, verschärft, ein höheres Eigenkapital vorgeschrieben,
Kreditvergaben genauer geprüft und Meldepflichten verschärft. Das
sind erste Schritte, weitere wie die Durchsetzung eines
Trennbankensystems fehlen noch. Das Fazit fünf Jahre nach der
Lehman-Pleite: Das Schlimmste wurde verhindert, aber damit ist die
Krise längst noch nicht ausgestanden.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

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