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Westfalenpost: Sportmediziner zweifeln Doping-Studie an

Geschrieben am 05-08-2013

Hagen (ots) - Hagen/Hamburg. Während unter dem Druck der
Öffentlichkeit gestern die Entscheidung fiel, die Doping-Studie der
Humboldt-Universität schleunigst zu veröffentlichen, gehen die
deutschen Sportärzte in die Offensive. Ihr Verbandspräsident
bezweifelt in einem Gespräch mit der in Hagen erscheinenden
WESTFALENPOST, dass die Studie wissenschaftlichen Ansprüchen genügen
würde.

Und so kommt Professor Dr. med. Klaus-Michael Braumann als
Präsident der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention
(DGSP) ordentlich in Fahrt, wenn er auf die jüngsten
Veröffentlichungen der Berliner Wissenschaftler angesprochen wird.
"Was dort vorgelegt wurde, ist möglicherweise journalistisch eine
spannende Geschichte, genügt aber nur bedingt den Kriterien guter
wissenschaftlicher Praxis. Das wurde vom Projektbeirat mehrfach
angemahnt. Hier den Anspruch einer "wissenschaftlichen Studie" zu
formulieren, hat schon eine gewisse Chuzpe", sagt Braumann. Und er
muss es wissen. Schließlich hat der Sportmediziner als Projektbeirat
der Humboldt-Universität intime Kenntnisse der 800 Seiten, die
angeblich den Schluss zulassen, westdeutsche Politiker und Ärzte
hätten in den 70er Jahren systemisches Doping befördert.

Diesen Schluss will Prof. Braumann nicht ziehen: "Mich stört, dass
die Autoren die moralische Keule auspacken und mit den Erkenntnissen
von 2013 den Stab brechen über die Wissenschaft der 70er und frühen
80er Jahre." Natürlich habe es damals schwarze Schafe gegeben, daraus
aber die These eines systemischen - also eines groß angelegten und
gewollten nationalen Dopings abzuleiten, findet der Sportmediziner
unzulässig. Denn diese These fuße auf, so Braumann, falschen
Grundlagen. Er nennt drei Beispiele:

1. In der Öffentlichkeit gehe es immer wieder um die sogenannte
Kolbe-Spritze. Diese sei, anders als in der Studie angenommen,
allerdings keine Doping-Spritze gewesen. Vielmehr habe es sich bei
dem verabreichten Präparat um einen simplen Vitamin-B-Komplex
gehandelt, den damals Tausende Ärzte auch Tausenden Patienten
verabreicht hätten. "Ob diese Präparate über einen psychologischen
Effekt hinaus überhaupt wirksam sind oder waren wird bis heute
bezweifelt."

2. Der in der Studie zitierte "Vater des Sportherzens" Professor
Herbert Reindell habe bei seinen schwer herzkranken Patienten zwar
durch bestimmte Medikamente eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit
erreicht - mit Doping aber habe das rein gar nichts zu tun. Braumann:
"Leider waren die Autoren der Studie nicht davon zu überzeugen, dass
leistungsverbessernd nicht immer gleich leistungssteigernd im
Doping-sinne bedeutet."

3. Die sogenannten "Luftduschen", die bei Schwimmsportlern durch
in den Darmtrakt zugeführte Luft für Auftrieb sorgen sollen, sind
zwar unappetitlich, das mit Doping in Verbindung zu bringen aber sei
"lächerlich". Wie auch die Anwendung der bereits damals belächelten
"Kolbe" Spritze kann man die Anwendung dieser Methodik allenfalls als
Ausdruck des verzweifelten Bemühens der deutschen Sportfunktionäre
betrachten, Erfolg um jeden Preis zu erringen.

Insgesamt ist für den DGSP-Präsidenten die aktuelle Aufregung um
das Thema nicht nachvollziehbar. Die Studie sei "bekannt, an einigen
Stellen banal und habe mit Doping teilweise nichts zu tun". Braumann
streitet natürlich nicht ab, dass auch in der Bundesrepublik in den
70er und 80er Jahren gedopt wurde. "Allerdings war das regional
unterschiedlich ausgeprägt. Und einige Sportärzte haben auch die
eigene Bedeutung in der Szene mit zweifelhaften Methoden damals
steigern wollen."

In eine ähnliche Richtung argumentiert auch der ehemalige
Präsident des Sportärztebundes NRW, Prof. Dr. Herbert Löllgen. Er
zweifelt vor allem den Teil der Doping-Studie an, der von der Uni
Münster kommt. Zwei Jahre war dort das Thema "Doping in den Medien"
untersucht worden. Allerdings nur anhand von zwei Wochen- und zwei
Tageszeitungen", kritisiert Prof. Löllgen. Und weiter: "Dort wurde
nicht einmal unterschieden zwischen den Textformen Kommentar und
Bericht. Der wissenschaftliche Wert ist daher zweifelhaft." Herbert
Löllgen empfindet die aktuelle Debatte als "zu hoch gehängt". Auch
damals habe es Sportler gegeben, die aus eigenem Ehrgeiz und aus
finanzieller Motivation heraus zu Mitteln gegriffen hätten, die auf
der Dopingliste standen. Löllgen: "Allerdings war diese Liste lange
Jahre nicht vor allen Sportverbänden anerkannt. Juristisch bedeutete
die Einnahme damals möglicherweise Medikamenten-Missbrauch, nicht
aber Doping." Ob ein Gutachten des Deutschen Fußballbundes (DFB) in
eine ähnliche Richtung geht, lässt sich allenverfalls vermuten. Auf
jeden Fall tritt der DFB Behauptungen entgegen, einige Mitglieder der
Nationalmannschaft von 1966 hätten einen anregenden Cocktail aus
Amphetaminen erhalten. Dazu DFB-Mediendirektor Ralf Köttker: "Der
renommierte Jura-Professor Martin Nolte von der Sporthochschule Köln
hat sich in einer wissenschaftlichen Studie intensiv mit der WM 1966
befasst und kommt zu dem klaren Ergebnis, dass bei der deutschen
Mannschaft kein Dopingvergehen vorlag."



Pressekontakt:
Westfalenpost
Redaktion

Telefon: 02331/9174160


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