(Registrieren)

Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Wirtschaft und Moral

Geschrieben am 31-05-2013

Bielefeld (ots) - Da war es wieder, das Wort vom »Gutmenschentum«.
EU-Kommissar Günther Oettinger hat es in dieser Woche in seiner
Philippika gegen Europa verwendet, um jene zu disqualifizieren, die
sich weltweit für mehr Moral in Politik und Wirtschaft einsetzen.
Schon die Nationalsozialisten sagten »Gutmenschen«, wenn sie die
kirchliche Kritik an der gezielten Tötung von Behinderten als naiv
hinstellten. Oettinger nutzte den Begriff nur kurze Zeit nach dem
Einsturz eines Fabrikgebäudes in Bangladeschs Hauptstadt Dhaka, bei
dem mindestens 1127 Menschen ums Leben kamen. Sie starben, weil
skrupellose Unternehmer bei ihrem Streben nach Profit jede Moral
vermissen ließen. Skrupellos war an erster Stelle der Erbauer des
Gebäudes. Skrupellos sind aber auch Textildiscounter in Deutschland,
denen es anscheinend in der Vergangenheit egal gewesen ist, unter
welchen Bedingungen ihre Billigklamotten hergestellt wurden. Der
Hinweis auf die Behörden in Dhaka, die ihre Aufsichtspflicht
vernachlässigten, ist eine Ausrede - mehr nicht. Immerhin hat selbst
KiK jetzt das internationale Abkommen, das mehr Gebäude- und
Arbeitssicherheit in Bangladeschs Fabriken sicherstellen soll,
unterzeichnet. Ob es wirkt, hängt von der Umsetzung ab. Die einzige
echte Sanktion, die Firmen droht, ist die Reaktion der Verbraucher.
Eine Zeit lang schien es, als sei der gute Einkäufer ein
Hirngespinst. »Wer gibt schon freiwillig mehr Geld für eine Ware aus,
nur weil sie ökologisch oder fair hergestellt worden ist?« fragten
diejenigen, die behaupten, dass Wirtschaft grundsätzlich keine Moral
kennt. Mal abgesehen davon, dass die soziale Verpflichtung von
Eigentum im Grundgesetz vorgeschrieben ist, können sich Zweifler
heute auch selbst eines Besseren belehren. Sie müssen nur die Regale
in mehreren Einkaufsfilialen einer Kette vergleichen. Die Breite des
Angebots an regional, ökologisch sowie fair produzierten Waren ist
oft unterschiedlich und gibt an, wie bewusst die Kunden einkaufen.
Damit Verbraucher entscheiden können, brauchen sie Informationen. Der
Verkaufspreis ist ein Hinweis, kein Beweis. Doch dass ein T-Shirt,
das unter zumutbaren Bedingungen produziert wurde, mehr als drei Euro
kosten muss, ist klar. Informationen können die Hersteller liefern
und die Händler. Ein Zertifikat macht sie glaubwürdiger, schließt
aber Schmu nicht ganz aus. Hier hilft ein Blick auf den Anbieter: Hat
er einen Namen von Wert? Dann wird er vorsichtig sein, ihn nicht zu
verlieren. Die schlechteste aller Handlungsmöglichkeiten ist der
Boykott eines Herkunftslandes. In Bangladesch träfe er erneut die
Textilarbeiterinnen. Auch braucht das Land die Devisen aus dem
Export. Wir profitieren durch günstige gute Ware. Dafür ist Fairness
ein Gebot der Moral und Verantwortung. Dass hochwertigere Textilien
aus Bangladesch überwiegend nicht im reichen Westen, sondern vor Ort
verkauft werden, macht nachdenklich.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

466918

weitere Artikel:
  • Neue Mitglieder in den Fraport-Aufsichtsrat gewählt / Aktionäre erhalten erneut Dividende von 1,25 Euro / Weimar als Aufsichtsratsvorsitzender bestätigt (BILD) Frankfurt (ots) - Die Anteilseigner der Fraport AG haben bei der zwölften ordentlichen Hauptversammlung der Flughafenbetreiber-Gesellschaft den Vorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat angenommen und eine Dividende in Höhe von 1,25 Euro pro Aktie für das vergangene Geschäftsjahr beschlossen. Für die Geschäftsjahre 2010 und 2011 war bereits jeweils der gleiche Betrag ausgezahlt worden. Insgesamt 1.361 Aktionäre und Aktionärsvertreter nahmen an der von Staatsminister a.D. Karlheinz Weimar geleiteten Versammlung in der Jahrhunderthalle mehr...

  • Börsen-Zeitung: Angst vor der Fed, Börsenkommentar "Marktplatz", von Dieter Kuckelkorn. Frankfurt (ots) - Nach einer rasanten Rally, die den Dax im laufenden Jahr in der Spitze um rund 12% in die Höhe getrieben hat, ist seit einigen Tagen am Aktienmarkt die Zuversicht einer immer stärker um sich greifenden Vorsicht gewichen. Der Dax hat bezogen auf sein Allzeithoch inzwischen rund 200 Punkte eingebüßt. Auch am US-Aktienmarkt hat der Schwung deutlich nachgelassen. Der Leitindex S&P500 hat gegenüber seinem Rekordhoch bereits rund 40 Zähler verloren. Noch ist es sicherlich viel zu früh, um eine Trendwende bzw. mehr...

  • Acision-Studie: 79% der Verbraucher in den USA nutzen bereits Multi-Service Messaging - Chance für Netzbetreiber umfangreichere Services anzubieten Ctia, Las Vegas (ots/PRNewswire) - Die Beschleunigung von RCS und Richer Messaging Services deckt Verbraucherbedürfnis nach einer einzigen Messaging-Plattform - Relevanz der Netzbetreiber und Kundentreue werden gefördert - 72% der befragten Verbraucher in den USA nutzen täglich Multiple Messaging Services und schätzen deren Geschwindigkeit, umfangreiche Features und geringe Kosten. IM/OTT-Messaging gewinnt im SMS-Bereich an Fahrt - 72% behaupten, sie seien trotz neuer OTT-Dienste von SMS abhängig - Verbraucher nutzen mehr...

  • Stuttgarter Zeitung: Kommentar zu Europa/Jugendarbeitslosigkeit: Gemeinsamer Kraftakt Stuttgart (ots) - Welche Kraft ein Heer von perspektivlosen, verarmten und aufgebrachten jungen Menschen entfalten kann, hat sich zu Beginn des Arabischen Frühlings in Nordafrika gezeigt. Der positive Sturm, der in Ländern wie Ägypten, Tunesien oder Libyen Despoten vom Thron gefegt hat, würde in Europa die Stabilität von funktionierenden Demokratien und damit auch die Existenz der Europäischen Union gefährden. Deswegen sind nicht nur die Krisenstaaten im Süden, sondern ausdrücklich alle Länder in der Pflicht. Sie müssen der Gefahr mehr...

  • Westfalenpost: Fracking in NRW Hagen (ots) - In den USA und in Kanada sorgt Fracking in manchen Gegenden für eine regelrechte Goldgräberstimmung. Kleine Örtchen irgendwo im Nirgendwo wachsen durch die Förderung des Schiefergases so schnell, dass die Infrastruktur nicht nachkommt. Derweil sorgt in Deutschland die Diskussion um chemikalisch freigesetztes Erdgas für Katerstimmung. Im Kern geht es um die Abschätzung von Chancen und Risiken.

    Dass die Chancen - zumindest in einigen Gebieten jenseits des Atlantik - erheblich sind, erlebt gerade NRW-Ministerpräsidentin mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Wirtschaftsnews

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

DBV löst Berechtigungsscheine von knapp 344 Mio. EUR ein

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht