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Individuelle und risikoadaptierte Thromboseprophylaxe / Wie soll sie aus medizinischer und aus haftungsrechtlicher Sicht betrieben werden?

Geschrieben am 01-08-2012

Köln (ots) - Die Prophylaxe venöser Thromboembolien (VTE) gehört
bei Patienten mit operativen Eingriffen, Verletzungen oder akuten
Erkrankungen zu den Behandlungsstandards, die in jeder Klinik in
Deutschland vorgenommen werden. In die aktuelle Diskussion geraten
ist allerdings die Methodik der Prophylaxe und die Betrachtung des
individuellen Patientenrisikos. Im Rahmen eines Expertengespräches am
6. Juli 2012 in der Universität Köln gingen die Teilnehmer der
Veranstaltung der Frage nach, welche präventiven Maßnahmen sowohl
unter dem Gesichtspunkt des Patientenschutzes als auch der
Haftungsvermeidung unverzichtbar sind.

Im klinischen Alltag gibt es eine Vielzahl von Situationen, in
denen eine Prophylaxe venöser Thromboembolien (VTE) obligatorisch
ist. Diesen Bedarf dokumentiert die aktuelle S3-Leitlinie "Prophylaxe
der VTE" (http://ots.de/HjrgG), die jedoch von Experten zunehmend
kontrovers diskutiert wird. Zu unscharf sei die Leitlinie in ihrer
Formulierung. So stellt sich in der Praxis immer wieder die Frage,
wie eine individuelle, risikoadaptierte, sach- und fachgerechte
Thromboseprophylaxe umgesetzt werden soll: medikamentös, mit
physikalischen Methoden oder mit beiden Strategien kombiniert. Diese
Frage ist nicht nur aus dem Blickwinkel des Patientenschutzes,
sondern auch aus haftungsrechtlicher Sicht relevant. Während eines
Expertengespräches in der Universität Köln hatten die Teilnehmer der
Veranstaltung die Möglichkeit, mit ausgewiesenen Fachleuten aus dem
Bereich Medizin, Pflege und Recht ins Gespräch zu kommen und das
Thema Thromboseprophylaxe ausführlich zu erörtern.

Besonders engagiert wurde auf die aktuell geführte Diskussion
eingegangen, ob der Einsatz von medizinischen
Thromboseprophylaxestrümpfen (MTPS) zusätzlich zu einer
medikamentösen Thromboembolieprophylaxe noch erforderlich ist.
Hierüber sind Anwender in Kliniken mangels eindeutiger Vorgaben
zunehmend verunsichert. Einigkeit bestand unter den Diskutanten
darüber, dass MTPS entsprechend den Vorgaben der S3-Leitlinie bei
Patienten mit mittlerem bis hohem VTE-Risiko und Kontraindikationen
gegen Antikoagulanzien angewendet werden sollten, und dass bei
Patienten mit hohem Thromboembolierisiko nach abdominellen Eingriffen
in Allgemeinchirurgie, Gynäkologie und Urologie der Einsatz von MTPS
zusätzlich zu Basismaßnahmen und einer medikamentösen Prophylaxe
notwendig ist.

Nach Ansicht von Professor Dr. Knut Kröger, Direktor der Klinik
für Angiologie am HELIOS Klinikum Krefeld, ist es erforderlich, in
Zukunft die Indikationen, bei denen MTPS beziehungsweise MTPS in
Kombination mit Heparinen eingesetzt werden sollen, präziser zu
definieren. "Geprüft werden sollte auch, ob es möglicherweise
Patienten gibt, deren VTE-Risiko so gering ist, dass sie entweder nur
MTPS oder möglicherweise auch gar keine Prophylaxe benötigen", so
Kröger. Der Experte beklagte außerdem, dass in den üblichen
Anamnesebogen zwei wesentliche Fragen fehlen, die auf ein hohes
individuelles Patientenrisiko hindeuten. "Und zwar sind dies die
Fragen nach einer Thrombose in der Vorgeschichte des Patienten und
nach dem Bestehen einer familiären Thromboseneigung", ergänzte
Kröger.

Professor Dr. Peter Kujath, Leiter der Thoraxchirurgie am
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Lübeck unterstrich, dass
MTPS einen eindeutigen, in Studien nachgewiesenen, antithrombotischen
Effekt haben. "Allerdings unterscheiden sich die einzelnen Fabrikate
im Hinblick auf ihre biomechanischen Eigenschaften zum Teil erheblich
voneinander", so der Chirurg. Dies habe eine aktuelle Untersuchung
der TU Berlin unter Leitung von Prof. Marc Kraft zeigen können, in
der verschiedene Strumpffabrikate vergleichend geprüft worden seien.
"Dabei wurde deutlich, dass nicht alle Modelle den für MTPS
geforderten kontinuierlichen Druckabfall von distal nach proximal
gewährleisteten", ergänzte Kujath. Die Untersuchungsergebnisse würden
in Kürze veröffentlicht.

Heike Wrede, Fachkrankenschwester für Anästhesie- und
Intensivpflege an der Uniklinik Köln, zeigte sich von der Wirksamkeit
von MTPS überzeugt. "Für den Prophylaxeerfolg ist es allerdings
unabdingbar, vor der Anwendung Kontraindikationen wie die periphere
arterielle Verschlusskrankheit oder das diabetische Fußsyndrom bei
den Patienten abzuklären", betonte Wrede. Entscheidend für die
vorbeugende Wirkung von MTPS sei auch die Auswahl der richtigen
Strumpfgröße. "Das korrekte Anmessen eines MTPS ist deshalb
unverzichtbar", sagte Wrede.

Für den Einsatz von MTPS für die Thromboseprophylaxe spricht laut
Professor Dr. Volker Großkopf, Köln, auch die Sorgfaltspflicht. "Um
sich nicht dem Vorwurf eines groben Behandlungsfehlers auszusetzen
ist es wichtig, sämtliche in der Indikation VTE-Prophylaxe
etablierten Therapieoptionen zu berücksichtigen, also nicht nur die
medikamentöse Prophylaxe", so der Experte für Medizin- und
Pflegerecht. Unerlässlich sei außerdem die lückenlose Dokumentation
der Maßnahmen: "Nur dann ist ein Arzt im Haftungsfall ausreichend
geschützt. Denn die Nichtdokumentation von aufzeichnungspflichtigen
Maßnahmen, zu denen auch die Verordnung von MTPS zählt, wird bei
einer gerichtlichen Auseinandersetzung grundsätzlich als Unterlassung
der Maßnahme gewertet", informierte der Jurist.

Fazit der Veranstaltung: Die Anwendung von MTPS ist unter
medizinischen wie haftungsrechtlichen Gründen empfehlenswert,
allerdings unterscheiden sich die am Markt erhältlichen Strümpfe
stark hinsichtlich des von Experten geforderten graduierten
Druckverlaufs.



Pressekontakt:
Beatrice Hamberger
Pressestelle Medical Data Institute
Fon: +49 (0)30 318 022 70
Fax: +49 (0)30 318 022 71
E-Mail: info@md-institute.com


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