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Ehemaliger Chefvolkswirt der EZB über Griechenlands Euro-Eintritt: "Ich habe die Täuschung persönlich erlebt. Jede Grundlage für Vertrauen wurde zerstört"

Geschrieben am 29-06-2012

Köln (ots) -
Jahrelang wurde über die Haushaltstricks in den Anfangsjahren des
Euro kaum öffentlich gesprochen. Politiker und Finanzexperten waren
offenbar von den frühen Erfolgen der Gemeinschaftswährung geblendet.
In der ARD-Dokumentation "Der große Euro-Schwindel - wenn jeder jeden
täuscht" sprechen zahlreiche Beteiligte der Euro-Einführung erstmals
über die wilden politischen Manöver jener Jahre. Fazit des Films: Die
führenden Politiker der Eurozone haben sich und andere getäuscht.

Vor dem Hintergrund der andauernden Eurokrise zeichnet die
ARD-Dokumentation (Ausstrahlung am Montag, 2. Juli um 22.45 Uhr im
Ersten) den Weg Deutschlands und Griechenlands in die Eurozone
detailliert nach. In bislang unbekannter Offenheit äußern sich auch
damalige Mitglieder des Zentralbankrates der Deutschen Bundesbank. So
übt etwa der frühere Bundesbank-Vorstand Franz-Christoph Zeitler
deutliche Kritik am verfrühten Eintritt Griechenlands zur
Währungsunion im Jahre 1999: "Wir hatten alle Zweifel. Griechenland
war ja von sehr hohen Defiziten in relativ kurzer Zeit
heruntergekommen. Wir alle hatten damals Zweifel an der
Nachhaltigkeit der Datenlage und der Kriterienerfüllung
Griechenlands." Die damalige Bundesregierung verzichtete darauf, ein
Gutachten der Bundesbank zum Griechenland-Beitritt einzuholen.
Franz-Christoph Zeitler, später Vizepräsident der Bundesbank,
kritisiert daher die damals politisch Verantwortlichen: "Die
Bundesregierung hatte nach meinem subjektiven Eindruck damals ein
Interesse, die Diskussion um die Griechenlandkriterien möglichst
niedrig zu halten und diesem Thema keine öffentliche Aufmerksamkeit
beizumessen."

Als 2004 herauskam, dass sich Griechenland den Beitritt zur Eurozone
mit falschen Zahlen erschwindelt hatte, fühlten sich die Bundesbanker
bestätigt. Franz-Christoph Zeitler: "Erst später haben wir erfahren,
dass sie nicht nur richtige Daten verfälscht haben, sondern dass
teilweise überhaupt nicht vorhandene Daten willkürlich eingesetzt
worden sind." Und Otmar Issing, der damalige Chefvolkswirt der
Europäischen Zentralbank, berichtet von unangenehmen Treffen mit
griechischen Finanzexperten: "Ich habe die Täuschung auch persönlich
erlebt. Ich habe einmal einen Griechen auf eine Zahl angesprochen,
und er schaute mir in die Augen und sagte ´Otmar, Du wirst mir doch
glauben!' Da ist dann jede Grundlage für Vertrauen zerstört." Die
ARD-Dokumentation zeigt aber auch, wie die deutsche Regierung bei der
Euro-Einführung faule Kompromisse einging - und sich später nicht an
die von ihr selbst geforderten Regeln hielt.

Ob der jetzt geplante Fiskalvertrag für solidere Finanzen sorgen
kann, ist ungewiss. In dem Film äußert sich Bundesfinanzminister
Wolfgang Schäuble skeptisch: "Das ist eine qualitative Veränderung in
der Stabilitätskultur in Europa, in allen Mitgliedsländern, die
diesen Fiskalvertrag mit unterzeichnet haben - 25 von 27 europäischen
Ländern. Und deswegen glaube ich, wir sind einen großen Schritt
weiter vorangekommen. Aber die Hoffnung, dass in Zukunft Menschen
sich immer zu hundert Prozent an selbst gesetzte Regeln halten
werden, die habe ich nicht."

"Der große Euro-Schwindel - wenn jeder jeden täuscht"
Das Erste, 2. Juli 2012, 22.45 Uhr
Autor: Michael Wech | Redaktion: Petra Nagel

Fotos unter www.ard-foto.de



Pressekontakt:
WDR Presse und Information
Kristina Bausch
Tel. 0221 220 7121
kristina.bausch@wdr.de


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