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Über die Pflicht zur Regulierung/Kongress-Eröffnung: Schöne neue Medienwelt: vernetzt, offen, mobil.

Geschrieben am 18-06-2012

Köln (ots) - Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin
Hannelore Kraft hat sich in Köln zum Auftakt des 24. Medienforum.NRW
dafür ausgesprochen, die Internetangebote von ARD und ZDF zu stärken.
So lasse sich auch das junge Publikum besser erreichen. Insbesondere
müsse auch darüber diskutiert werden, ob die im Rundfunkstaatsvertrag
für den öffentlich-rechtlichen Online-Bereich festgeschriebene
Sieben-Tage-Frist zweckmäßig sei. Kraft bezeichnete es als "nicht
einleuchtend", dass ARD und ZDF viele Angebote nach sieben Tagen im
Internet bereits wieder löschen müssen. Darüber hinaus sprach sich
die Ministerpräsidentin erneut für die Abschaffung von Werbung sowie
die Reduzierung der digitalen TV-Programme des öffentlich-rechtlichen
Rundfunks aus. Bei der Regulierung privater Medienunternehmen
plädierte Kraft einerseits dafür, verstärkt auf Anreize statt auf
Gesetze zu bauen. Andererseits aber dürften die Bundesländer nicht
von Programmanbietern - wie zurzeit von Sat.1 wegen des Streits um
die Vergabe von Drittsendezeiten - durch eine Art "Lizenz-Tourismus"
gegeneinander ausgespielt werden. Zuständigkeiten für bundesweite
Sachverhalte müssten deshalb künftig bei einer Medienanstalt der
Länder gebündelt werden.

Dr. Jürgen Brautmeier, Direktor der Landesanstalt für Medien
Nordrhein-Westfalen (LfM), verwies bei der Eröffnung des 24.
Medienforum.NRW darauf, Regulierung sei "längst kein Schreckgespenst
mehr". Vielmehr diene sie der Sicherung von Vielfalt oder trage dazu
bei, Daten- oder Jugendschutz zu gewährleisten. "Weil Medien nicht
nur Wirtschafts-, sondern auch Kulturgut sind, haben wir die Pflicht,
uns um den Erhalt möglichst vieler Arten - also Mediengattungen und
-inhalte - aktiv zu kümmern", betonte Brautmeier.

Wie sich die nordrhein-westfälische Landesregierung
Medienregulierung vorstellt, machte nur wenige Stunden vor der
Unterzeichnung ihres neuen Koalitionsvertrages Ministerpräsidentin
Kraft deutlich, als sie eine Reihe neuer Initiativen vorstellte.
Beispielsweise gelte es das Pressefusionsrecht so zu lockern, dass im
Fall des drohenden Aus von Zeitungshäusern Sanierungsfusionen
erleichtert würden. Außerdem werde die neue "Stiftung Vielfalt und
Partizipation" Projekte unterstützen, die etwa im Ausbildungsbereich
Qualität, Unabhängigkeit und Vielfalt von Medien fördern. Mit dem
Innovationsprogramm "Digitale Medien NRW" stehen ab sofort bis zu
zehn Millionen Euro aus dem europäischen Ziel-2-Programm für
Nordrhein-Westfalen zur Verfügung, um kleine und mittlere Unternehmen
aus Bereichen wie Online, Games und Mobile zu unterstützen. Für die
Förderung der Kino-Digitalisierung in Nordrhein-Westfalen seien für
die kommenden zwei Jahre bis zu drei Millionen Euro eingeplant.
Außerdem erklärte Kraft, mit dem zeitgleich zum 24. Medienforum.NRW
gestarteten Internetportal medienkarriere.nrw.de werde dem
Fachkräftemangel entgegengewirkt. Bei der anschließenden
Podiumsdiskussion begrüßten der Präsident des Bundesverbandes
Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), Helmut Heinen, und der Präsident
des Verbandes Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT), Jürgen Doetz,
die Medienpolitik der nordrhein-westfälischen Landesregierung. "Von
Frau Kraft kann man schon Hilfen annehmen", kommentierte Heinen die
Aktivitäten der nordrhein-westfälischen Medienpolitik zur Steigerung
der publizistischen Qualität und Vielfalt. VPRT-Präsident Doetz
sagte, der Koalitionsvertrag wecke "einen gewissen Optimismus". Beide
Branchenvertreter aber drängten anschließend darauf, in den Bereichen
Urheberrechte und Leistungsschutz zielgerichtet zu handeln. Der in
der vergangenen Woche von der Bundesregierung vorgelegte
Gesetzentwurf für das neue Leistungsschutzrecht wirke "präzise und
übersichtlich", lobte Heinen. Allerdings bleibe offen, wie an der
Grenze zwischen gewerblichen und privaten Inhalten entschieden werden
solle, wenn etwa Blogger im Rahmen von Social-Media-Angeboten Inhalte
Dritter übernähmen. VPRT-Präsident Doetz mahnte, die Ordnungspolitik
müsse stärker darauf achten, dass Netzbetreiber nicht ihre starke
Stellung missbrauchen könnten, beispielsweise wenn diese selbst
Inhalte erstellen oder paketieren würden.

Im Verlauf der von TV-Moderatorin Leo Busch und dem Berater Werner
Lauff geleiteten ersten Diskussionsrunde des 24. Medienforum.NRW
herrschte auf dem Podium meist Konsens. Anke Schäferkordt
unterstrich, Netzbetreiber müssten diskriminierungsfreie Zugänge
bieten. Die Geschäftsführerin der Mediengruppe RTL Deutschland
kritisierte, die Regulierung stecke "noch tief im analogen
Zeitalter". Nachdrücklich forderte Schäferkordt von der Politik ein
"klares Bekenntnis zur Kreativwirtschaft". Schließlich müssten
Milliarden-Investitionen in TV-Programme auch urheberrechtlich
geschützt werden. Eine Gefahr drohe der Branche auch, wenn die
Technik großer US-Konzerne, die in den Bereich Video und TV
investieren, künftig zum Gatekeeper werde. In diesem Zusammenhang
mahnte WDR-Intendantin Monika Piel "gleiche Ausgangsbedingungen" in
Bezug auf Urheberrechte, Netzneutralität und die nationale
Regulierung an. ZDF-Intendant Dr. Thomas Bellut wies darauf hin, der
Sport-Bereich etwa könne zum "Einfallstor" von Google in das
klassische TV-Geschäft werden. Der Suchmaschinen-Marktführer verfügt
zum Beispiel über die Rechte für die Olympischen Spiele in 64
Ländern. Weil bei sportlichen Großereignissen keine eigenen kreativen
Inhalte erstellt werden müssten, rechnet Bellut mit "deutlich
aggressiveren Aktionen von den Googles dieser Welt".

Während Piel, die bis Ende des Jahres ARD-Vorsitzende ist, die
Forderung der Landesregierung nach neuen öffentlich-rechtlichen
Online-Optionen unterstützte, um vor allem das junge Publikum "auf
allen Plattformen" zu erreichen, bezeichnete ZDF-Intendant Bellut die
Verjüngungsdebatte als "wichtig, aber nicht entscheidend". Einig aber
waren sich Piel und Bellut in dem Plan, an Kabelnetzbetreiber künftig
keine Einspeisegebühren mehr zahlen zu wollen. Die ARD-Vorsitzende
verwies darauf, auch in allen anderen europäischen Ländern seien
solche Entgelte unüblich. Zum Thema öffentlich-rechtliche
Digitalkanäle kündigte die ARD-Vorsitzende ein Gespräch mit den
Ministerpräsidenten Kurt Beck (SPD) und Stanislaw Tillich (CDU) an.
Über die Verhandlungen im Streit um die Tagesschau-App sagte Piel,
sie sei jenseits der rechtlichen Auseinandersetzung weiterhin an
einem "Interessenausgleich" interessiert.

Eine andere Form des Interessenausgleichs forderte
Ministerpräsidentin Kraft ein. Sie plädierte für eine weitere
Förderung von Medienkompetenz in den Schulen und eine Stärkung der
Online-Partizipation. "Medienkompetenz spielt für die gesamte
Gesellschaft eine wichtige Rolle", lautete auch das medienpolitische
Bekenntnis von Kölns Oberbürgermeister Jürgen Roters. Bürger, die gut
informiert und vernetzt seien, würden auch die Qualität politischer
Entscheidungsprozesse verbessern. "Der Dialog, der dadurch möglich
ist, ist viel besser als in der Vergangenheit", beschrieb Roters eine
Veränderung der politischen Kommunikationskultur.

Wie stark digitale Medien das Kommunikationssystem verändern,
machte in Köln auch Richard Allan deutlich. Der Director of Policy
Europe von Facebook vertrat die These, dank Social Media werde die
Medientechnologie "humanisiert". Digitale Applikationen für alle
Endgeräte würden dazu beitragen, dass aus Individuen Gemeinschaften
entstehen und dass die Sphären global und lokal kein Widerspruch mehr
seien. Vielmehr verbinde Social Media die unterschiedlichen
Lebensräume: "It makes local global." Nun gehe es darum, dass
Social-Media-Elemente als "social programming guide" in alle Medien
integriert würden. So entstehe ein neuer Marketingkanal für Inhalte.
Von Werner Lauff auf Probleme mit dem Datenschutz oder mit der
Verletzung der Privatsphäre angesprochen, räumte Allan ein, in
solchen Bereichen herrsche noch Regulierungsbedarf. Facebook stehe
deshalb bereits in Kontakt mit Behörden und der Politik.



Pressekontakt:
Susanne Land
sland@lfm-nova.de

Fotos zur Veranstaltung: http://www.medienforum.nrw.de/fotos
Die Fotos sind für die Berichterstattung frei gegeben. Bitte beachten
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