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DER STANDARD-Kommentar: "Schlampiges Verhältnis" von Andreas Schnauder

Geschrieben am 06-03-2012

Bei Eurohilfen und Fiskalpakt verletzt die Regierung
demokratische Prinzipien // Ausgabe vom 07.03.2012

Wien (ots) - Die Mutation des Werner Faymann zum glühenden
Europäer, dem sogar EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso mit
einem Wien-Besuch Respekt zollt, bewegt so manche Kommentatoren.
Europa ist sowohl "in meinem Herzen wie in meinem Terminkalender
inzwischen ein ganz wichtiger Bereich geworden", eröffnete der
Bundeskanzler kürzlich der verdutzten Standard-Leserschaft. Gut so.
Jetzt fehlt nur noch der Mut, die Union und deren Beschlüsse auch
mutig zu vertreten und Parlamente wie Bürger entsprechend einzubinden
- damit auch deren Herzen für Europa schlagen.
Diesbezüglich ist das Potenzial noch ziemlich unausgeschöpft und soll
es offenbar auch bleiben. Denn gerade in Fragen der Eurorettung
beweisen die Schritte der Regierung gerade das Gegenteil dessen, was
in Interviews so gerne verbreitet wird. In die echte Welt
zurückgekehrt, heißt die Devise: _täuschen und mauern. Das war schon
bei den Griechenland-Hilfen so, bei denen gerne vom guten Geschäft
für den Steuerzahler parliert wurde. Das wiederholte sich bei der
Gründung des vorübergehenden Eurorettungsfonds, der ja "eh nur"
Haftungen und somit kein Risiko darstelle. Und wenn demnächst die
Hilfsmittel im Rahmen des permanenten Schutzschirmes ESM aufgestockt
werden müssen, bedarf es keiner rechtlichen Anpassung, wie die
Finanzministerin meint.
Doch so einfach geht es auch wieder nicht. Zumindest die nationale
Budgethoheit, gern als Königsrecht des Parlaments bezeichnet, kann
nicht per Federstrich nach Brüssel übertragen werden. Genau diese
Entwicklung ist aber festzustellen.
Letzter Hinweis: Der Fiskalpakt von 25 EU-Ländern soll mit einfachem
_Gesetz, also nur mit Mehrheit der beiden Regierungsparteien,
durchgewinkt werden. Über die Notwendigkeit einer
Zweidrittelmehrheit, geschweige denn einer Volksabstimmung wird nicht
einmal nachgedacht.
Dabei ist schon die von Faymann in Brüssel unterzeichnete
Schuldenbremse im Verfassungsrang, den er daheim nicht zustande
bringt, eine - zugegebenermaßen raffinierte - Umgehung des
Parlaments. Dass diese Verpflichtung zudem vom Europäischen
Gerichtshof überwacht und sanktioniert wird, erhöht den
Legitimierungsbedarf auf nationaler Ebene nur. Dazu kommen zahlreiche
andere Regelungen, die teilweise verschärft, teilweise nur neu
gefasst werden. Faktum ist: Alle Budgets, ja sogar
wirtschaftspolitische Programme müssen in Brüssel zur Billigung
vorgelegt werden. Fallen sie durch, ist Österreich zur Überarbeitung
gezwungen.
In dieses Bild passt, dass bereits beschlossene Ausgaben für den ESM
im aktuellen Haushaltsplan ignoriert werden. Dieser Fonds macht
übrigens eine EU-Vertragsänderung erforderlich - für eine solche hat
Leserbriefschreiber Faymann einst eine Volksabstimmung versprochen.
Doch statt die Konfrontation zu suchen und Europa zu erklären, steckt
die Regierung den Kopf in den Sand.
Nun lässt sich trefflich darüber streiten, ob die nationale
Entmachtung in Budgetfragen eine Gesamtänderung der Verfassung
darstellt und somit ein Referendum erforderlich macht. Sich aber mit
einfacher Mehrheit durchzulavieren, zeugt vom schlampigen Verhältnis
zur Demokratie. In der Wahrnehmung der Bürger sitzt dann natürlich
die dunkle Macht in Brüssel. Insofern schlägt vielleicht die EU in
Faymanns Herz, doch die europäische Seele wird gerade verkauft.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom


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