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Toter Gaddafi darf gezeigt werden - Platzierung und Größe der Darstellung jedoch ausschlaggebend Presserat hatte 49 Beschwerden zum Tod Gaddafis zu bewerten

Geschrieben am 08-12-2011

Berlin (ots) - Die Beschwerdeausschüsse des Deutschen Presserats
tagten am 6. und 7. Dezember 2011 in Berlin und sprachen insgesamt
zwei Rügen aus.

Tod des Diktators Gaddafi

Insgesamt 49 Beschwerden lagen dem Presserat zur Berichterstattung
über den gewaltsamen Tod Muammar Al-Gaddafis in Libyen vor. Der
Presserat hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob ein getöteter
Diktator in Fotos und Bewegtbildern gezeigt werden darf und wenn ja,
in welcher Form. Grundsätzlich ist der Presserat der Auffassung, dass
der Tod von Diktatoren auch in Bildern festgehalten werden darf. Eine
Tabuisierung des Todes sollte es in den Medien nicht geben.

Selbstverständlich ist der Anblick eines getöteten Menschen kein
Anblick, dem sich ein Leser oder Internet-User in der Regel gerne
stellt. Dennoch gehört es zu den Aufgaben der Presse, auch solche
Informationen in Wort und Bild zu vermitteln, die Gewalt, Krieg und
Sterben beinhalten. Die Darstellung des toten Gaddafis verstößt daher
nicht per se gegen den Grundsatz der Menschenwürde nach Ziffer 1 des
Kodex. Auch die Ziffer 11 des Kodex, die eine unangemessen
sensationelle Darstellung von Gewalt und Tod untersagt, ist nicht
automatisch verletzt. So hat der Beschwerdeausschuss 2 des Presserats
auch insgesamt 14 Beschwerden aus diesen Gründen als unbegründet
zurückgewiesen. Die Bilder sind Dokumente der Zeitgeschichte.

Dennoch ist bei der Darstellung darauf zu achten, in welcher Form
die Bilder gezeigt werden. So haben zwei Boulevardzeitungen ein Foto
des blutverschmierten Gesichts des toten Gaddafi, gezoomt und
vergrößert, auf der Titelseite über dem Bruch veröffentlicht. Hierin
erkannte der Ausschuss einen Verstoß gegen Aspekte des
Jugendschutzes. In Ziffer 11 wird ausdrücklich gesagt: "Die Presse
beachtet den Jugendschutz." Darüber hinaus regelt die Richtlinie 11.1
(unangemessene Darstellung) besonders die Platzierung von solchen
Fotos. Hier heißt es:

"Unangemessen sensationell ist eine Darstellung, wenn in der
Berichterstattung der Mensch zum Objekt, zu einem bloßen Mittel,
herabgewürdigt wird. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn über
einen sterbenden oder körperlich oder seelisch leidenden Menschen in
einer über das öffentliche Interesse und das Informationsinteresse
der Leser hinausgehenden Art und Weise berichtet wird. Bei der
Platzierung bildlicher Darstellungen von Gewalttaten und
Unglücksfällen auf Titelseiten beachtet die Presse die möglichen
Wirkungen auf Kinder und Jugendliche."

In beiden Fällen sprach der Beschwerdeausschuss eine Missbilligung
aus - bei insgesamt 35 Beschwerdeführern.

Rüge für Bericht über Pilawa

Die Zeitschrift "DAS NEUE" erhielt eine öffentliche Rüge, da sie
nach Auffassung des Presserats gegen das Wahrheitsgebot nach Ziffer 1
des Pressekodex verstoßen hat. In dem auf der Titelseite der Ausgabe
vom 17.09.2011 angekündigten Beitrag "Jörg Pilawa - Ein Ehe-Drama! Er
lässt seine Frau im Stich" spekulierte das Magazin über den Zustand
der Ehe des Fernsehmoderators. Jörg Pilawa, der selbst als
Beschwerdeführer auftrat, monierte daran, dass mit der Überschrift
die Leser über sein Familienleben in die Irre geführt würden. Die
Zeitschrift verteidigte sich damit, lediglich O-Töne von Pilawa aus
der Sendung "Rette die Millionen" zum Anlass einer kritischen
Berichterstattung gemacht zu haben.

Der Presserat erkannte den Verstoß gegen den Grundsatz
wahrheitsgemäßer Berichterstattung darin, dass die Zeitschrift DAS
NEUE Vermutungen zum Zustand der Ehe durch die Wahl der
Titelseitenüberschrift zur Tatsache stilisiert habe. Damit sei ohne
belegbare Quellen eine persönliche Geschichte konstruiert worden, die
Pilawa moralisch abwerte.

Trennungsgebot

Wegen Schleichwerbung gerügt wurde die AUTO-ZEITUNG. Im
Gebrauchtwagen-Sonderheft 2012 hatte die Redaktion einen Beitrag über
den Werterhalt von Autos durch regelmäßige Wartung veröffentlicht.
Dabei wurde ohne jede kritische Betrachtung ausschließlich das
Angebot der Werkstattkette A.T.U. vorgestellt. Mitbewerber wurden
nicht genannt. Der Artikel enthielt Preisangaben sowie einen Hinweis
auf die Website des Unternehmens. Beigestellt waren der
Veröffentlichung zudem ein Interview mit dem Geschäftsführer der
Firma sowie Fotos, auf denen deutlich das Logo A.T.U zu sehen war.
Mit dieser Darstellung wurde die Grenze zwischen einer
Berichterstattung von öffentlichem Interesse und Schleichwerbung nach
Richtlinie 7.2 Pressekodex überschritten. Richtline 7.2
(Schleichwerbung) hält fest:

Redaktionelle Veröffentlichungen, die auf Unternehmen, ihre
Erzeugnisse, Leistungen oder Veranstaltungen hinweisen, dürfen nicht
die Grenze zur Schleichwerbung überschreiten. Eine Überschreitung
liegt insbesondere nahe, wenn die Veröffentlichung über ein
begründetes öffentliches Interesse oder das Informationsinteresse der
Leser hinausgeht oder von dritter Seite bezahlt bzw. durch geldwerte
Vorteile belohnt wird.

Die Glaubwürdigkeit der Presse als Informationsquelle gebietet
besondere Sorgfalt beim Umgang mit PR-Material.

Statistik

Insgesamt wurden in den zwei Beschwerdeausschüssen 158 Beschwerden
behandelt, darunter drei Mehrfach-Beschwerden mit insgesamt 64
Beschwerdeführern. Neben den zwei öffentlichen Rügen gab es 16
Missbilligungen und 27 Hinweise. In 72 Fällen wurden die Beschwerden
als unbegründet erachtet. In sechs Fällen wurde die Beschwerde als
begründet angesehen, auf eine Maßnahme wurde jedoch verzichtet. In
einem Fall gab es mehrere Beschwerdeführer gegen eine Publikation,
die Maßnahme wird hier jedoch nur einmal gezählt.

Ansprechpartner für die Presse: Arno Weyand und Ella Wassink, Tel.
030-367007-0



Pressekontakt:
Deutscher Presserat
Telefon: 030-367 00 7-0
Fax: 030-367 00 7-20
E-Mail: info@presserat.de


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