Börsen-Zeitung: Politik der kleinen Schritte, Börsenkommentar "Marktplatz", von Dieter Kuckelkorn.
Geschrieben am 16-09-2011 |   
 
 Frankfurt (ots) - Die Hängepartie geht weiter: Auch auf dem  
Treffen der EU-Finanzminister (Ecofin) in Polen, an dem der  
amerikanische Schatzamtschef Timothy Geithner teilnimmt, gibt es  
keine tief greifenden neuen Maßnahmen oder gar Ansätze für einen  
großen Plan zur Lösung der europäischen Schuldenkrise. Und der große  
Bruder von jenseits des Atlantiks kann nur wenig mehr beisteuern als  
die Bemerkung, er sei davon überzeugt, dass Europa über die nötigen  
Kapazitäten zur Lösung der Krise verfüge. 
 
   Am Aktienmarkt hat es am Freitag, also am ersten Tag des  
Ecofin-Treffens, trotz der sehr überschaubaren Ergebnisse der  
Beratungen verhalten positive Reaktionen gegeben. Vielleicht schwingt 
darin ein wenig Erleichterung mit, dass es einem unbedarft agierenden 
Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler mit seiner Forderung nach  
einer Insolvenz Griechenlands nicht gelungen ist, einen Stein ins  
Rollen zu bringen. 
 
   So mancher Anleger, der sich beispielsweise mit Stirnrunzeln die  
Performance seines Aktienportfolios im laufenden Jahr ansieht, wird  
sich gleichwohl fragen, wann denn Europas Politiker endlich  
darangehen, die Schuldenkrise einer raschen und überzeugenden Lösung  
zuzuführen. Auf derartige Fragen gibt es leider nur eine auf den  
ersten Blick wenig befriedigende Antwort: Es kann kein solches "Grand 
Design" existieren, das die gegenwärtigen europäischen Probleme  
schnell löst. Und die Marktteilnehmer sollten froh sein, dass sich  
die europäischen Politiker nicht an einem solchen Plan versuchen. 
 
   Derzeit gibt es zwei Szenarien, die von ihren Befürwortern als  
mögliche Befreiungsschläge angesehen werden, frei nach dem Motto:  
"Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende." Dies ist 
zum einen ein Staatsbankrott Griechenlands, zum anderen wäre es der  
Rauswurf des Landes aus der Eurozone, verbunden mit der  
Wiedereinführung der Drachme. Bei der Umsetzung beider Vorschläge  
dürfte jedoch das Ausmaß des ausgelösten Schreckens den Rahmen des  
für die Märkte Erträglichen bei weitem sprengen. 
 
   Gänzlich außer Kontrolle würde die Lage wohl bei einem Ausscheiden 
des südeuropäischen Landes aus der Währungsunion geraten. Eine neue  
Drachme würde zweifellos sofort abwerten, was kurz vor der  
Währungsumstellung einen Run der Griechen auf ihre Banken auslösen  
würde, da alle Bürger ihre Euros behalten wollen, um sie ins Ausland  
zu bringen. Der hoch verschuldete griechische Staat hätte weiterhin  
seine auf Euro lautenden Auslandsverbindlichkeiten zu bedienen, was  
ihm aber mit einer stark abwertenden Drachme nicht gelingen wird. Der 
Austritt aus der Eurozone würde also unweigerlich die Pleite des  
Landes nach sich ziehen - mit gravierenden Folgen für die  
europäischen Banken und die EZB, die von den Staaten der Eurozone zu  
rekapitalisieren wäre. Einen solchen doppelten Schock - der Anfang  
vom Ende des Euro und die erste Pleite eines EU-Mitglieds - würden  
die Märkte keinesfalls verkraften. Die Reaktionen an den Märkten  
würden voraussichtlich weit über das hinausgehen, was an Verwerfungen 
im Rahmen der Finanzkrise zu sehen war. 
 
   Aber auch die im Vergleich dazu vielleicht geringfügig sanfter  
ausfallende Rosskur eines Staatsbankrotts Griechenlands bei  
gleichzeitigem Verbleib des Landes in der Eurozone wäre sicherlich zu 
viel für die Märkte. Denn auch in diesem Fall würden viele  
europäische Großbanken wegen des erheblichen Haircut für die Halter  
griechischer Staatsanleihen erneut am Abgrund stehen. Es wären also  
wieder die Staaten gefragt, die die Banken mit umfangreichen Beträgen 
stützen müssten, was aber politisch kaum durchzusetzen wäre. Und in  
beiden Szenarien wäre auch mit einem verheerenden Dominoeffekt auf  
die anderen hoch verschuldeten Länder Irland, Portugal, Spanien und  
Italien zu rechnen. 
 
   Ein aus Marktsicht realistischer Ansatz zur Lösung der Krise sieht 
anders aus: In einer Politik kleiner Schritte - wie sie derzeit zu  
beobachten ist - müssen sich Griechenland und die anderen Länder  
langsam aus dem Schlamassel herausarbeiten, was von den  
EU-Kernstaaten zu kontrollieren und von den europäischen  
Institutionen wie der EZB und den Rettungsschirmen EFSF/EFSM zu  
flankieren ist, um die Lage an den Märkten unter Kontrolle zu halten. 
 
   Da aber ernsthafte Fortschritte in Ländern wie Griechenland kaum  
vor 2012 sichtbar sein dürften, müssen sich die Märkte auf eine  
Hängepartie bis 2012 und eventuell sogar bis 2013 einstellen. Für  
Anleger bedeutet dies, dass sie 2011 beispielsweise als Aktienjahr  
bereits abhaken können. Dies ist aber immer noch besser als die  
Aussicht, im Inferno eines "Grand Design" alles zu verlieren. 
 
   (Börsen-Zeitung, 17.9.2011) 
 
 
 
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