Börsen-Zeitung: Stimmung contra Fakten, Börsenkommentar "Marktplatz" von Christopher Kalbhenn
Geschrieben am 02-09-2011 |   
 
 Frankfurt (ots) - An den Finanzmärkten verfolgen die Akteure  
derzeit sorgenvoll die Entwicklung der Stimmungsindikatoren. Denn das 
Bild, das die aus Umfragen unter Unternehmen, Verbrauchern und  
Investoren erstellten Indizes derzeit bieten, ist beängstigend.  
Beidseits des Atlantiks sind die Stimmungsbarometer in den  
zurückliegenden Wochen fast unisono in den freien Fall übergegangen. 
 
   Dies zeigt sich an vielen Beispielen. Der Konjunkturindex der  
Philadelphia Fed schockte die Märkte kürzlich mit einem Einbruch um  
34 auf -30,7 Punkte; auf einem solch niedrigen Niveau hat er sich  
außerhalb von Rezessionsphasen noch nicht befunden. Ebenso  
erschreckend fiel in der gerade beendeten Woche der Index für das  
Verbrauchervertrauen des Conference Board aus, der im August von 59,2 
auf 44,5 Zähler abstürzte und damit den niedrigsten Stand seit April  
2009 erreichte. In Europa wurde der Markit-Einkaufsmanagerindex  
gegenüber der ersten Berechnung überraschend deutlich nach unten  
revidiert. Für Deutschland ergab sich ein um 1,1 Punkte niedrigerer  
Wert von 50,9 Zählern. Damit liegt der Index nur noch knapp über der  
Wachstumsschwelle von 50 Punkten - im Gegensatz zum Index für  
Euroland, der auf 49 Zähler revidiert wurde. Auch der  
Ifo-Geschäftsklimaindex fiel im August mit einem Rückgang um 4,2 auf  
108,7 Punkte über Erwarten deutlich, und die  
ZEW-Konjunkturerwartungen sackten um 22,5 auf -37,6 Zähler ab. Der  
Global Investor Confidence Index von State Street, der die Stimmung  
der Institutionellen misst und im Juli mit 102,5 noch über der  
neutralen Marke von 100 lag, brach im August auf 89,6 Punkte ein. 
 
   Ein derart extremer Absturz auf breiter Front ist außergewöhnlich  
und erinnert in fataler Weise an die verhängnisvolle Entwicklung im  
Anschluss an den Zusammenbruch von Lehman Brothers, dem die  
schlimmste Rezession seit den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts  
und ein Crash an den Aktienmärkten folgte. Allerdings gehen einige  
Beobachter davon aus, dass die Indikatoren ebenso wie die  
Aktienmärkte übertreiben und die Stimmung wesentlich schlechter ist  
als die tatsächliche Lage. Dabei argumentieren sie mit den Fakten.  
Dass eine Rezession kommen wird, ist bisher nur eine Vermutung; in  
den harten Daten spiegelt sich der Absturz der Stimmungsindizes  
überhaupt nicht wider, auch wenn der US-Arbeitsmarktbericht am  
Freitag sehr enttäuschend ausfiel. Die derzeit vorliegenden Tatsachen 
deuten vielmehr darauf hin, dass sich das Wachstum deutlicher  
verlangsamt, als dies vor wenigen Wochen noch vermutet wurde. Die  
Unternehmen sind sowohl operativ als auch finanziell wesentlich  
besser aufgestellt als vor der zurückliegenden Krise. Daher wäre der  
Aktienmarkt - gemessen am Dax - selbst dann noch moderat bis günstig  
bewertet, wenn die Analysten ihre Gewinnschätzungen sehr stark nach  
unten revidieren würden. 
 
   Allerdings greift eine auf die sichtbaren Fakten beschränkte  
Betrachtung zu kurz. Denn die immer negativere Stimmung wird, wenn  
sie nicht bald dreht oder zumindest stabilisiert wird, auf das  
Verhalten von Unternehmen, Verbrauchern und Anlegern durchschlagen  
und somit mit Verzögerung Spuren in realwirtschaftlichen Daten  
hinterlassen. Dann bestünde die Gefahr einer Abwärtsspirale mit  
weiteren heftigen Marktturbulenzen und sich verstärkenden  
Rezessionsrisiken. 
 
   Leider spricht derzeit wenig dafür, dass sich die Stimmung in  
absehbarer Zeit aufhellen wird. Vielmehr trübten sich in den  
zurückliegenden Tagen auch die Fakten weiter ein. Neben dem  
Stillstand am amerikanischen Arbeitsmarkt verschärfte sich die  
europäische Schuldenkrise wieder. Die Anleihekäufe der Europäischen  
Zentralbank scheinen nur bedingt erfolgreich zu sein. Zwar notieren  
die Renditen der italienischen und spanischen Staatstitel inzwischen  
tiefer. Die Anleiheauktionen beider Staaten stießen jedoch nur auf  
äußerst geringes Interesse. Zudem gestand Griechenland ein, dass das  
Defizitziel für dieses Jahr nicht zu erreichen ist. Damit verfestigte 
sich der Eindruck, dass das angeschlagene Land ein hoffnungsloser  
Fall ist. Dies untermauert zugleich die These vieler Skeptiker, die  
europäischen Regierungen seien nicht in der Lage, eine tragfähige  
Lösung für die Schuldenkrise zu finden, und der offen ausgetragene  
Streit mit dem Internationalen Währungsfonds über die  
Kapitalausstattung der europäischen Banken wirkt ebenfalls nicht  
beruhigend. Das Risiko steigt, dass die Stimmungsindikatoren eben  
nicht übertreiben, sondern die künftige Entwicklung zutreffend  
vorwegnehmen. 
 
   (Börsen-Zeitung, 3.9.2011) 
 
 
 
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