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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema "News of the World"

Geschrieben am 14-07-2011

Bielefeld (ots) - Ist der Ruf erst ruiniert, lebt's sich gänzlich
ungeniert. Das Ansehen der englischen Massenblätter war immer schon
schlecht. Um die Privatsphäre der königlichen Familie und die von
Schauspielern und Sportlern scherten sich die »Sun« oder der »Daily
Mirror« noch nie besonders. Kein Wunder, dass Prinz Philip bei einer
Krankenhauseinweihung in der Karibik stöhnte: »Ihr habt Moskitos, wir
haben die Presse.« Vor und bei Fußball-Weltmeisterschaften weckten
Boulevardzeitungen dumpfe nationale Instinkte, werteten die Franzosen
als »the frogs« (die Frösche) ab und verglichen die deutsche
Mannschaft immer wieder mit Panzern. Aber was ihre Kollegen von der
»News of the World« sich jetzt geleistet haben, übersteigt alles
bisher Dagewesene. Es ist der eklatanteste Missbrauch der
Pressefreiheit in der Geschichte des Landes. Offenbar haben
Journalisten Tausende Telefone von prominenten und nicht prominenten
Menschen abgehört, in der Hoffnung auf Geschichten. Bei dem 2002
ermordeten Mädchen Milly Dowler sollen sie sogar Nachrichten in der
Mailbox gelöscht haben, um Platz für neue zu schaffen. Was bei den
Eltern die Hoffnung weckte, dass ihr Kind vielleicht noch lebt. Auch
die trauernden Angehörigen von gefallenen Soldaten wurden Ziele der
Lauschattacken. Das kriminelle Verhalten der
»News-of-the-World«-Redakteure erklärt der
Kommunikationswissenschaftler Frank Esser von der Universität Zürich
mit dem gnadenlosen Konkurrenzkampf in London: »In keiner anderen
Stadt werden auf so wenigen Quadratkilometern so viele nationale
Zeitungen produziert. Das führt zu einem Wettbewerb, der bis an die
Gurgel geht, der wirtschaftliche Druck ist enorm.« Das entschuldigt
aber keineswegs den Verzicht auf moralische Grundsätze bei der Jagd
nach Exklusiv-Geschichten. Die »News of the World« ist inzwischen
eingestellt, der Skandal damit aber noch lange nicht abgeschlossen.
Großbritannien braucht dringend eine Debatte über Ethik im
Journalismus, den Schutz der Privatsphäre und die Verquickung von
Politik und Presse. Dass der damalige Oppositionsführer und jetzige
Ministerpräsident David Cameron im Mai 2007 den zurückgetretenen
Chefredakteur der bereits unter seiner Leitung durch eine Abhöraffäre
aufgefallenen »News of the World«, Andy Coulson, zu seinem Berater
ernennt, offenbart eine fragwürdige Nähe von Politikern und
Medienvertretern. Aus dem Zeitungs- ist auch ein Politskandal
geworden. Die Vorgänge sind Mahnung über die Insel hinaus. Auch in
Deutschland gab es schon Skandale, wie 1983 die gefälschten
»Hitler-Tagebücher« des Magazins »Stern« oder Mitte der 90er Jahre
die erfundenen Geschichten des Filmemachers Michael Born, die bei
»stern TV« liefen. In beiden Fällen siegten Sensations- und
Geltungssucht über journalistische Sorgfaltspflicht. Dennoch genießen
die Medien bei uns weiter großes Vertrauen. Diese Glaubwürdigkeit
bleibt nur erhalten, wenn sie weiter Politiker im Auge behalten, aber
keine einfachen Bürger bespitzeln.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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