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Tolerant oder streng? / Neue Studie zeigt psychologische Gründe für kulturelle Unterschiede zwischen Gesellschaften auf

Geschrieben am 07-06-2011

Landau (ots) - Warum scheren sich in dem einen Land die wenigsten
Menschen um die Straßenverkehrsordnung, während im anderen diese
größtenteils befolgt wird? Oder warum kann man in Europa problemlos
in der Öffentlichkeit Kaugummi kauen oder sich küssen, während das in
Singapur oder Japan streng reglementiert ist beziehungsweise sich
nicht ziemt? Ein internationales Forscherteam hat in einer 33 Länder
umfassenden Studie die Gründe dafür untersucht, warum manche
Gesellschaften mehr und andere weniger tolerant sind gegenüber
Verhalten, das von der Norm abweicht. Die Ergebnisse sind jetzt in
dem amerikanischen Wissenschaftsmagazin "Science" (
www.sciencemag.org ) veröffentlicht worden.

Als Gründe für einen restriktiven Umgang mit Normen ergaben sich
beispielsweise eine hohe Bevölkerungsdichte, knappe Ressourcen,
häufige Naturkatastrophen, Unruhen oder Krankheiten und Epidemien -
alles soziale Belastungen, die das alltägliche Leben über lange Zeit
erschwert haben. "Verletzt in einem solchen Sozialverband jemand eine
Norm, hat das gravierende Auswirkungen im Gegensatz zu
Gesellschaften, die nicht oder weniger unter Druck stehen", erklärt
Prof. Dr. Manfred Schmitt, Professor für Differentielle und
Persönlichkeitspsychologie an der Universität Koblenz-Landau sowie
einer der in Deutschland für die Studie verantwortlichen
Wissenschaftler und Mitautor der Studie. Die jeweilige
Normorientierung hin zu Toleranz oder Strenge wird Bestandteil einer
Kultur, über Erziehung, Schule oder Religion an nachfolgende
Generationen weitergegeben und schlägt sich in der individuellen
Psyche nieder. "Das Entwickeln von Normen ist ein träger Prozess, der
sich über mehrere Generationen nicht verändert", so Schmitt. Dennoch
könne es zu Verschiebungen aufgrund von gravierenden Anlässen kommen,
wie in den USA, wo nach den Terroranschlägen vom 11. September das
Bedürfnis nach Sicherheit und somit der Ruf nach strengeren Regeln
und Sicherheitsvorkehrungen lauter wurde.

Das Forscherteam führte insgesamt 6.823 Interviews in 33 Ländern
weltweit durch und fragte beispielsweise nach angemessenem und
unangemessenem Verhalten in verschiedenen öffentlichen Situationen,
danach wie Menschen auf unangemessenes Verhalten reagieren oder wie
gut Menschen verstanden, welches Verhalten von ihnen erwartet wird.
Anhand der Ergebnisse unterschieden die Forscher strenge Länder mit
wenig zulässigem Verhalten und tolerante Länder mit einer großen
Bandbreite an statthaftem Verhalten.

Innerhalb der untersuchten Länder führt Pakistan die Liste der
restriktiven Gesellschaften an, gefolgt von Malaysia, Singapur und
Südkorea. Zu den tolerantesten Ländern der Studie zählen Estland,
Ungarn, Israel, die Niederlande und Brasilien. Den vordersten Platz
belegt - zur Überraschung der Forschergruppe - die Ukraine.

Zu verstehen, was sich hinter normativ toleranten und strengen
Gesellschaften verbirgt, ist in einer Welt von steigender globaler
Abhängigkeit entscheidend, so die Meinung des Autorenteams. "Dies
Wissen kann interkulturelles Verständnis fördern und dazu beitragen,
dass wir weniger wertend anderen Kulturen gegenüber sind", so
Schmitt.

Das Ranking der untersuchten 33 Länder (vom tolerantesten zum
strengsten Land):

Ukraine, Estland, Ungarn, Israel, die Niederlande, Brasilien,
Venezuela, Neuseeland, Griechenland, Australien, die USA, Spanien,
Belgien, Polen, Hongkong, Frankreich, Island, Westdeutschland,
Italien, Österreich, Großbritannien, Mexiko, Ostdeutschland,
Portugal, China, Japan, Türkei, Norwegen, Südkorea, Singapur, Indien,
Malaysia, Pakistan.

Die Studie:
Differences Between Tight and Loose Cultures: A 33-Nation Study
Michele J. Gelfand, et al.
Science 332, 1100 (2011)
DOI: 10.1126/science.1197754



Pressekontakt:
Universität Koblenz-Landau, Campus Landau
Diagnostik, Differentielle- und Persönlichkeitspsychologie, Methoden
und Evaluation
Prof. Dr. Manfred Schmitt
E-Mail: schmittm@uni-landau.de

Pressestelle
Kerstin Theilmann
Tel.: 06341 280-32219
E-Mail: theil@uni-koblenz-landau.de


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