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tz München: Hildegard Hamm-Brücher feiert 90. Geburtstag

Geschrieben am 10-05-2011

München (ots) - Sophie Scholl wäre vor zwei Tagen 90 Jahre alt
geworden. Für Hildegard Hamm-Brücher war die Kämpferin der Weißen
Rose "immer eine Art Altersgefährtin": "Ihre mutigen Worte vor dem
Volksgericht - ,Einer muss den Anfang machen' - war immer mein
Lebensmotto." Heute (Mittwoch) wird die "Grande Dame der deutschen
Politik" 90 Jahre alt. Schon die Wochen vorher waren für die
Jubilarin hektisch - auch weil sie sich im April bei einem
Fahrradunfall eine Oberschenkelfraktur zuzog. Für viele ältere
Menschen eine Horrorvorstellung, für die berühmte "Aktivbürgerin"
(Christian Ude) war der Beinbruch nur eine lästige Episode. Sie
setzte sich und das Klinikpersonal bei der Reha unter Druck,
trainierte wie für Olympia: Unbedingt wollte sie bei der Verleihung
ihres Bürgerpreises Gegen das Vergessen - für Demokratie am 9. Mai
krückenlos unterwegs sein. Das klappte bestens, und auch den
anschließenden Empfang der Stadt zu ihren Ehren mit zahllosen
Gratulanten überstand Hildegard Hamm-Brücher. Ein wenig erschöpft
schien sie den Besuchern von der tz gestern Früh von all dem Lob
ihrer Weggefährten und Freunde - aber auch sehr glücklich über ihre
Stiftung, mit der sie ihr Anliegen weitertreiben will: die Bedeutung
unserer Demokratie der jungen Generation nahe zu bringen. Der
Postbote klingelt, um die Briefe und Karten abzuliefern. Solche
Mengen passen nicht in den Briefkasten. Wer so gelobt wird wie die
ehemalige FDP-Frau, muss vieles richtig gemacht haben. "Gradlinig,
standfest, prinzipientreu, konsequent, glaubwürdig" waren Adjektive,
die OB Ude zuhauf zum ersten weiblichen Münchner Ehrenbürger (1995)
einfielen. Alt-OB Hans-Jochen Vogel nahm gerührt den Ehrenpreis der
Hamm-Brücher-Stiftung in Empfang und pries "Frau Hildegard", die er
seit 55 Jahren kennt, als "profilierteste parlamentarische
Einzelkämpferin": "Ihre Rede 1982 war eine Sternstunde des
Parlaments." "Jahrelang war ich die einzige Frau und immer die
jüngste, die sich was zu sagen traute", so Hamm-Brücher. Oft fiel das
Gesagte nicht zum Wohlgefallen der männlichen Mehrheit aus. Schon OB
Thomas Wimmer habe sie, die 27-jährige Stadträtin, bisweilen in ihrem
Tatendrang gebremst: "Junge Frau, Sie müssen das alles noch lernen!"
Im Landtag ging's derber weiter: Ministerpräsident Alfons Goppel
titulierte sie als "Bissgurke", Franz Josef Strauß als "Krampfhenne",
ein CSU-MdL riet ihr, "Bayern so schnell wie möglich zu verlassen".
Schon im Stadtrat engagierte sie sich für Bildung: In der
Nachkriegszeit sogar durch eigenhändiges Aufbringen von Dachpappe auf
Schuldächern: "Wir hatten ja Dreischichtenunterricht, auch weil die
obersten Stockwerke nicht benutzbar waren." Im Rathaus ging's nicht
viel luxuriöser zu: "Die Fenster waren vernagelt, wir hatten keine
Büros, keine Stühle, keine Telefone, keine Sekretärinnen." Aber es
gab auch kein Parteikalkül, sondern gute Zusammenarbeit. Sie könne
mit Fug und Recht behaupten, ihr Metier "von der Pike auf gelernt  zu
haben." Ab ihrem 90. Geburtstag, will sie "etwas kürzer treten". Noch
immer macht ihr auch der Verlust ihres Ehemannes Erwin zu schaffen,
der 2008 mit 98 Jahren gestorben ist. "Die Lücke will und will sich
nicht schließen", sagt sie, für einen Moment ein bisschen traurig.
Ihren Geburtstag verbringt sie mit ihrer Schwester, den Kindern und
Enkeln.

Barbara Wimmer



Pressekontakt:
tz München
Redaktion
Telefon: 089 5306 505
politik@tz-online.de


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