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"Aktenzeichen XY... ungelöst - Spezial: Wo ist mein Kind?" / Rudi Cerne fahndet nach vermissten Kindern - Brigitta Sirny-Kampusch zu Gast im ZDF-Studio

Geschrieben am 11-03-2011

Mainz (ots) - Es ist mit das Schlimmste, das einer Familie
passieren kann: Das eigene Kind verschwindet spurlos. Allein in
Deutschland sind 1700 dieser Fälle aktenkundig. Vier davon stellt
Rudi Cerne in einer Sonderausgabe von "Aktenzeichen XY...ungelöst"
unter dem Titel "Wo ist mein Kind?" am Mittwoch, 30. März 2011, 20.15
Uhr, vor und bittet die Zuschauer um sachdienliche Hinweise.

Katrin Konert, ein 15-jähriges Mädchen aus Niedersachsen, ist seit
dem Neujahrstag 2001 spurlos verschwunden. Felix Heger, ein knapp
Dreijähriger aus Baden-Württemberg, wird seit 2006 vermisst. Sein
Vater, bei dem er zuletzt war, wurde tot aufgefunden, aber von dem
Jungen fehlt jede Spur. Auch von der 21-jährigen Studentin Tanja
Gräff aus Trier gibt es seit einem Fest der Fachhochschule im Jahr
2007 kein Lebenszeichen mehr. Vermisst seit Dezember 2010 wird Anton
Krügel, ein 20-jähriger Mann aus Grafenwöhr in Oberfranken. Er
verschwand nach einer Disko-Nacht mit seinen Freunden.

"Unser 'Aktenzeichen XY ... ungelöst' ist eine der erfolgreichsten
Programmmarken des ZDF. Wir möchten die Qualität, die Verlässlichkeit
und die Popularität dieses Formats nutzen, um in einer
Spezial-Sendung nach verschwundenen Kindern zu suchen und in Fällen,
wo ein Verbrechen vermutet werden muss oder geschehen ist, die Suche
nach den Tätern zu intensivieren", so Reinhold Elschot,
stellvertretender Programmdirektor des ZDF.

Nach der filmischen Darstellung der Fälle wird Rudi Cerne mit den
Angehörigen der vermissten Kinder und Jugendlichen live im Studio
darüber sprechen, wie sie mit der Situation umgehen. Welche
Ermittlungswege die Polizei geht und welche neuen Kriminaltechniken
dabei zum Einsatz kommen, ist ebenfalls Thema. Zu Wort kommt außerdem
der erfahrene Psychotherapeut Dr. Georg Pieper. Er berichtet von
seiner Arbeit bei der Trauma-Behandlung und der psychologischen
Begleitung von Angehörigen. Pieper erklärt, wie Freunde den
betroffenen Eltern helfen können, das schwere Schicksal des Hoffens
und Bangens besser zu ertragen.

Außerdem wird Brigitta Sirny-Kampusch im Studio erwartet. Sie
schildert ihre furchtbaren Erlebnisse bis zur Befreiung ihrer Tochter
und wendet sich auch an ihre Schicksalsgenossen. Ihr Anliegen: "Ich
möchte den Angehörigen gerne einen Hoffnungsschimmer geben." Brigitta
Sirny-Kampusch hält diese Sendung für äußert sinnvoll, denn sie weiß
nur zu gut: "Jede Aktion, die dabei helfen könnte, sein Kind zu
finden, sollte nicht unversucht bleiben."

Fotos sind ab 15.30 Uhr erhältlich über den ZDF-Bilderdienst,
Telefon 06131-7016100, und über http://bilderdienst.zdf.de/presse/akt
enzeichenxyungeloestwoistmeinkind

Hier das Vorab-Interview mit Brigitta Sirny-Kampusch im Wortlaut:

"Man greift nach jedem Strohhalm"

(Bitte beachten Sie: Brigitta Sirny-Kampusch hat der
Veröffentlichung der Zitate nur im Zusammenhang mit der Sendung
zugestimmt.)

Worüber werden Sie bei "Wo ist mein Kind?" sprechen?

Ich werde versuchen zu erklären, wie mein Gefühlszustand während
Nataschas Verschwinden war, was mir Hoffnung und Trost gegeben hat
und natürlich auch, wie ich mit meiner Verzweiflung umgegangen bin.
Anfangs war es ein einziges Auf und Ab der Gefühle: Zunächst habe ich
mich zu Hause total verbarrikadiert, von der Außenwelt komplett
isoliert. Dann kam das andere Extrem und ich wollte nur noch draußen
sein. Den direkten Kontakt zu Menschen habe ich immer gescheut.
Gefragt zu werden, wie es mir geht, wollte ich nicht. Die ganze Zeit
über hat mich eigentlich nur eine Frage beschäftigt: Wo soll ich mein
Kind suchen? In der Sendung möchte ich erzählen, wie man sich zwingen
muss, am normalen Leben wieder teilzunehmen und seine Arbeit wieder
aufzunehmen. Ein weiteres Thema habe ich mir vorgenommen: Wie
machtlos ist man als Betroffener? Und wie begleitet einen diese
schlimme Zeit dann immer weiter? Zum Beispiel passiert es mir heute
noch, dass ich im Wohnzimmer direkt neben dem Telefon einschlafe -
genau wie ich es während der Suche nach Natascha getan habe.

Was empfinden Sie, wenn Sie am 30. März andere Familien im
"XY"-Spezial erleben?

Ich empfinde großes Mitleid für diese Familien und würde ihnen
gerne helfen, wenn die Möglichkeit bestünde. Wenn einem so etwas
widerfährt, denkt man nur: Wieso passiert ausgerechnet mir so etwas?
Es klingt komisch, aber als ich von anderen schrecklichen Fällen aus
den Medien gehört hatte, fühlte ich mich plötzlich nicht mehr so
alleine mit meinem Schicksal.

Haben Sie einen Rat und Trost für die Angehörigen?

Ich möchte den Angehörigen gerne einen Hoffnungsschimmer geben,
gerade weil es bei mir, wenn auch erst nach so langer Zeit, ein gutes
Ende genommen hat. Es gibt leider keinen Leitfaden, wie man am besten
mit solch einer schlimmen Situation umgehen sollte - jeder reagiert
und verhält sich anders. Manche sind schnell nach dem schrecklichen
Geschehen wieder arbeits- und gesellschaftsfähig, aber für mich war
das undenkbar. Ich war total ausgeschaltet und für nichts zu
gebrauchen.

Wie haben Sie den permanenten Schwebezustand erlebt: Lebt mein
Kind noch oder nicht?

Ich bin davon überzeugt, dass eine Mutter spürt, wenn ihr Kind
stirbt. Ich hatte kein Gefühl in dieser Richtung - das war ein
Zeichen für mich, dass Natascha lebt. Trotzdem stand ich permanent
unter Hochspannung. Wenn das Telefon läutete, hatte ich sofort Panik:
Bekomme ich jetzt die schlimme Nachricht? Es gab nur ein Ritual, das
mich etwas beruhigt hat, nämlich wenn ich mir Nataschas Bild ansah
und mit ihr gesprochen habe: "Du bist stark", "Du schaffst das schon"
und "Lass Dir nichts gefallen". Sobald jedoch in den Medien etwas
erschienen war, das auf ein schlimmes Ende hindeutete, bin ich erneut
in ein tiefes Loch gefallen. Genauso ging es mir, wenn die Polizei
vor der Tür stand, um sich von mir gefundene Gegenstände wie Taschen
oder Schuhe identifizieren zu lassen - da kam es mir vor, als ginge
ich zu meiner eigenen Hinrichtung. Und wenn sich die schlimmen
Befürchtungen dann hinterher nicht bewahrheiteten, fiel mir immer ein
riesengroßer Stein vom Herzen.

Waren Sie damals überhaupt fähig zu arbeiten?

Glücklicherweise hatte ich einen Job, in dem ich mich frei bewegen
konnte und nicht in einem Büro eingesperrt war: Ich habe für eine
soziale Einrichtung gearbeitet, habe dafür ältere Menschen zu Hause
besucht. Das war eine gute Ablenkung für mich.

Viele Eltern starten aus ihrer Hilflosigkeit heraus Eigenaktionen.
Ist das klug?

Jede Aktion, die dabei helfen könnte, sein Kind zu finden, sollte
nicht unversucht bleiben. Sonst gibt man ja innerlich auf. Für mich
hat mein Kind gelebt, auch wenn mich im engsten Verwandten- und
Bekanntenkreis bereits alle für unrealistisch gehalten haben.

Leider werden ja auch viele vermisste Kinder nur noch tot
aufgefunden. Wie haben Sie es geschafft, trotzdem die Hoffnung nicht
aufzugeben?

Man greift nach jedem Strohhalm. Ich habe mir sogar Trost und
Beistand bei einer Astrologin geholt, mit der ich heute noch
befreundet bin. Sie hat mir Hoffnung gegeben, dass mein Kind noch
lebt und mich darin mental bestärkt. Sie war es auch, die sehen
konnte, dass sie in einem "weißen Haus" lebt. Daraus entwickelte sich
der Hoffnungsschimmer für mich, dass Natascha bei einer anderen
Familie lebt, die selbst keine eigenen Kinder haben konnte.

Hatte sich bei Ihnen nicht mit den Jahren eine psychologische
Schutzmauer des Verdrängens aufgebaut, um überhaupt weiterleben zu
können?

Gelebt habe ich nicht in dieser Zeit, ich habe nur funktioniert.
Meine Eltern haben mich gebraucht, vor allem meine Mutter, nachdem
mein Vater gestorben war. Zu Hause konnte ich mich dann so gut wie
nicht mehr aufhalten, denn dort ist mir die Decke auf den Kopf
gefallen.

Wird man allmählich einsam mit diesem Schicksal?

Einige Bekannte oder Freunde haben sich von mir abgewandt und
aufgrund ihrer Unsicherheit eine Begegnung vermieden. Ich konnte es
gut nachvollziehen und damit umgehen. Denn als Außenstehender weiß
man ja wirklich nicht, wie man mit dieser Situation umgehen soll.

Wollten Außenstehende nach einiger Zeit nichts mehr von Ihrem Leid
hören?

In meinem Fall wurde ich regelrecht von allen Seiten belagert. Ich
habe mich immer zurückgehalten und wollte keinem zur Last fallen.
Wenn Leute allerdings Bemerkungen gemacht haben wie "Vielleicht ist
es besser, dass sie tot ist, wenn sie etwas Schlimmes durchlebt hat",
dann habe ich den Kontakt zu denen abgebrochen. Die meisten Menschen
haben mir jedoch Trost gespendet und versucht, mich aufzurichten -
dafür bin ich ihnen sehr dankbar.

Wer oder was hat Sie getröstet?

Anfangs erhielt ich keine Art von Unterstützung. Erst nach zwei
Jahren hat sich eine Organisation bei mir gemeldet, die mir dann auch
meinen heutigen Therapeuten empfohlen hat. Bei ihm kann ich mir ohne
Scham alles frei von der Seele reden. Ich empfehle allen Betroffenen,
sich bei einer Einrichtung Hilfe zu holen. Man erhält auch
Unterstützung bei Amtsgängen und bei dem nervigen Schriftverkehr mit
den Behörden. Ein Arzt hat Schweigepflicht, und man fühlt sich dort
gut aufgehoben. Auch meine Astrologin hat mir sehr viel Kraft und Mut
gegeben.

Wie geht es Ihnen heute?

Heute würde ich nie wieder einem Kind Ratschläge geben, wie ich es
Natascha vor ihrem Verschwinden gegeben habe: "Man darf sich nach
einem Streit nicht im Bösen trennen" oder "Eine Mutter weiß und sieht
alles". Denn meine Tochter glaubte in ihrer Gefangenschaft immer fest
an diese Worte und war umso trauriger, als ich sie dann nicht
gefunden und befreit habe. Als wir wieder vereint waren, habe ich
meine Zeit nur meinem Kind gewidmet und meine Arbeit niedergelegt. So
komisch das klingt, aber Natascha wieder bei mir zu haben, war
manchmal härter für mich als die Zeit, in der sie verschwunden war.
Aus ihrem Mund über die grausamen Geschehnisse zu erfahren, war die
reinste Hölle. Die ganze Wahrheit belastet mich bis heute noch viel
zu sehr, um ihr Buch zu lesen. Das schaffe ich noch immer nicht. So
genau will ich es jetzt auch nicht mehr wissen, sonst falle ich
wieder in ein Loch. Die Wahrheit ist einfach zu belastend und
schmerzhaft. Ich habe mein Leben so ausgerichtet, dass ich Natascha
jederzeit helfen und sie unterstützen kann. Im ersten Moment denkt
man auch an Vergeltung, aber nach einer gewissen Zeit siegt die
Vernunft, und man blickt nach vorne.

Das Interview führte Gordana Zezelj



Pressekontakt:
ZDF-Pressestelle
Telefon: +49-6131-70-12121
Telefon: +49-6131-70-12120


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