(Registrieren)

BERLINER MORGENPOST: Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht Jan Dams über die Steuerschätzung und Schäubles Abneigung gegen eine Steuerreform

Geschrieben am 04-11-2010

Berlin (ots) - Erinnert sich Wolfgang Schäuble noch an den Sommer
und Herbst des Jahres 2009? Es war die Zeit als FDP-Chef Guido
Westerwelle durch die Bundesrepublik zog und mit dem Spruch "einfach,
niedrig und gerecht" für eine Steuerreform und die FDP zur
Bundestagswahl warb. Und es war auch die Zeit, als die
Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel, Westerwelle nicht nur
nicht widersprach, sondern ihm in weiten Teilen sogar zustimmte. Nur
weil die Liberalen mit ihrer Werbekampagne einen unglaublichen Erfolg
hatten, regieren Union und FDP heute im Bund. Der Koalitionsvertrag
trägt dem Rechnung. Dass die Regierung heute - allen voran die
Kanzlerin und ihr Finanzminister - von diesen Versprechen nichts mehr
wissen will, begründet sie mit der Finanzkrise und deren desaströsen
Folgen für das Bundesbudget. Daran ändere auch die neue
Steuerschätzung nichts. Die Lage sei zwar besser, als im Frühjahr
erwartet. Trotzdem blieben die Einnahmen bis 2012 hinter denen des
Jahres 2008 zurück. Ergo sei kein Geld für eine Steuerreform in der
Kasse, so die Beweiskette, mit der Schäuble den Verzicht auf
Steuerentlastungen begründet. Nachvollziehen lässt sich diese
Argumentation. Nur als Entlastung für gebrochene Wahlversprechen
taugt sie nicht. Der Wahltag liegt nur wenig länger als ein Jahr
zurück. Damals aber, das lässt sich auf der Internetseite des
Finanzministeriums nachvollziehen, waren die Ergebnisse der
Steuerschätzung noch schlechter als heute. Trotzdem sah die jetzt
regierende Koalition jede Menge Spielraum für finanzielle
Entlastungen. Wer jetzt, wie Schäuble sagt, es gebe dafür keinen
Spielraum, hatte demnach wohl nie ernsthaft vor, die
Koalitionsversprechen tatsächlich umzusetzen. Denn Union und FDP
haben nicht nur gewusst, wie schlecht die Situation ist. Die drei
Parteien gingen sogar davon aus, die ganze Lage sei noch viel
schlimmer. Wenn diese Regierung nun keine Steuerreform umsetzt, kann
der erboste Wähler ihr zu Recht vorwerfen, sie habe wider besseres
Wissen unhaltbare Zusagen gemacht. Angesichts dieser verzwickten
Lage, muss sich die schwarz-gelbe Koalition nun überlegen, welches
finanzpolitische Konzept sie dem Bürger bietet, damit der im Wahljahr
2013 trotz gebrochener Versprechen mit ihr versöhnt ist.
Volkswirtschaftlich und politisch klug wäre es, den Staatshaushalt
zunächst zu sanieren. Der Fall Griechenland hat gezeigt, dass auch
dem Staat die Pleite droht, wenn er permanent über seine Verhältnisse
lebt. Spielraum für finanzpolitische Reformen bleibt trotzdem genug.
Schwarz-Gelb versprach schließlich nicht nur niedrigere Steuern,
sondern auch ein einfaches Steuersystem. Von drei bis fünf
Tarifstufen war einst die Rede und von Steuererklärungen, die ohne
Computer und Software zu erledigen sein sollten. Meilenweit ist
Schäuble davon entfernt. Bis auf eine Liste kleiner Vorschläge hat
der Minister sich nur wenig einfallen lassen. Nicht einmal an die
Reform der Mehrwertsteuer mit ihren Ausnahmen traut er sich heran,
weil er Ärger mit den Lobby-Gruppen fürchtet. Dabei ließe sich gerade
mit Vereinfachungen im Steuerrecht einiges erreichen, was Bürgern und
Unternehmen das Leben erleichtert - wenn diese Koalition nur den Mut
aufbrächte, das zu tun, wofür sie einst gewählt wurde.

Originaltext: BERLINER MORGENPOST
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

298980

weitere Artikel:
  • Börsen-Zeitung: Flop mit Ansage, Kommentar zu den gescheiterten Fusionsgesprächen der WestLB und der BayernLB von Bernd Wittkowski Frankfurt (ots) - Rekord von Deutscher Bank und Dresdner Bank zu brechen haben BayernLB und WestLB dann doch nicht ganz geschafft. Die Großbanken hatten vor zehn Jahren schon nach vier Wochen eingesehen, dass ihre "historische" Megafusion keine Aussicht auf Erfolg haben kann. In München ließ man sich jetzt immerhin gut sechs Wochen Zeit, den Düsseldorfern einen Korb zu geben. Übrigens: Der damalige Dresdner-Bank-Chef Bernhard Walter, von dem seinerzeit die Initiative zu den Gesprächen mit dem Branchenprimus ausgegangen war und der mehr...

  • Lime Brokerage applaudiert der SEC für die Verabschiedung der Regelung 15c3-5 gegen den unkontrollierten 'naked' Börsenzugang über Dritte New York, November 4 (ots/PRNewswire) - Lime Brokerage LLC (http://www.limebrokerage.com), eine unabhängige Handelsagentur für hohe Handelsvolumen und der führende Anbieter von Technologien mit hohem Datendurchsatz und niedriger Latenzzeit für die professionelle Handelsgemeinschaft, gratuliert der SEC (amerikanische Börsenaufsichtsbehörde) für ihre heutige Entscheidung, die Praxis des unkontrollierten oder sogenannten "naked" Börsenzugangs über Dritte auf die US-Märkte zu verbieten. (Logo: http://photos.prnewswire.com/prnh/20100324/NY75754 mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Thema Psycho-Profile: Bielefeld (ots) - Ob die Hamburger Sparkasse (Haspa) ihre Kunden in Kategorien einteilt, ihnen Psycho-Profile gibt oder sie nach Farben ordnet - was soll die Aufregung? Solche Methoden sind in anderen verkaufsorientierten Branchen gang und gäbe. Und dazu zählen heute auch die Banken, auch wenn sie vordergründig gerne mit Vertrauen werben. Sicherlich ist es nicht gerade charmant, einen Kunden als Hedonisten zu beschreiben, also als einen Menschen, dem es vor allem um Genuss und materiellen Wohlstand geht. Ob er deshalb tatsächlich mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Börsen / Finanzmarkt Osnabrück (ots) - Der Grat ist schmal Unterschiedlicher als zwischen der EZB und der US-Notenbank Fed könnten im marktwirtschaftlichen System die Philosophien der Geldpolitik kaum sein: hier in Europa die Bewahrer der Währung und der politischen Unabhängigkeit, dort in Amerika die Helfer für in Not geratene Präsidenten und Verbraucher. Welche dieser Philosophien auf Dauer am meisten Erfolg verspricht, ist schwer abzuschätzen, auch für die Finanzmärkte. Gestern geriet zwar der Dollar unter Druck, was dafür spricht, dass Anleger mehr...

  • Das Ernährungsproblem Afrikas in Zeiten des Klimawandels zu lösen, ist eine der grössten Entwicklungsherausforderungen unserer Zeit, so Kofi A. Annan Den Haag, Niederlande, November 5 (ots/PRNewswire) - In einer Keynote-Rede diskutiert der ehemalige UN-Generalsekretär und Vorstand der Alliance for a Green Revolution in Africa (AGRA), Kofi A. Annan, darüber, dass die Lösung des Hungerproblems in Afrika in Zeiten des Klimawandels eine der grössten Herausforderungen unserer Zeit ist. Auf der Weltkonferenz zu Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Klimawandel in Den Haag am Donnerstag, 4. November, wird Annan folgende Themen behandeln: -- Afrika steht als einziger Kontinent, mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Wirtschaftsnews

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

DBV löst Berechtigungsscheine von knapp 344 Mio. EUR ein

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht