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Das verdrängte Sterben - Einsatz für Menschenrechte muss auch für AIDS-Patienten in Tansania gelten

Geschrieben am 22-10-2010

Aktivisten fordern Rücktritte von deutschen und österreichischen
Bischöfen der evangelisch-lutherischen Kirche

Wien (ots) - Aussagen zu Menschenrechtsverletzungen und zu
Veruntreuungen von Spendengeldern in der evangelisch-lutherischen
Entwicklungszusammenarbeit während der 18. Internationalen
AIDS-Konferenz Ende Juli in Wien provozieren Rücktrittsforderungen an
den österreichischen Bischof Michael Bünker und den bayrischen
Landesbischof Johannes Friedrich. Tansanische AIDS-Patienten,
Menschenrechtsaktivisten und der Wiener Verein Pamoja weisen die
Aussagen als Unwahrheiten zurück.

Michael Bünker behauptete in einer Presseaussendung vom 15. Juli
2010, dass die medizinische Betreuung der AIDS-Patienten im Bulongwa
Lutheran Hospital im tansanischen Bezirk Makete "nach Auskunft des
zuständigen Bischofs Hance Mwakabana gut sei" und "dass einseitige
Informationen ein unzutreffendes Zerrbild der Zustände in Bulongwa
zeichnen" würden. Pamoja liegen hingegen Dokumente vor, die belegen,
dass die Patienten in Folge der Veruntreuung von Spendengeldern seit
2006 nicht mehr ausreichend behandelt werden.

"Die Patienten in Bulongwa sind Opfer von
Menschenrechtsverletzungen und jahrzehntelangen Veruntreuungen in der
evangelisch-lutherischen Entwicklungszusammenarbeit. Die Behauptungen
Bischof Bünkers widersprechen den Aussagen der Patienten und den uns
vorliegenden Dokumenten. Die volle Tragweite der betrügerischen
Finanzgebarung in der tansanischen Kirche und die Mitverantwortung
ihrer nördlichen Partnerkirchen werden durch die Aussagen
heruntergespielt. Der Finanzskandal in Makete, in den die bayrische
und nordelbische Landeskirche verwickelt sind, soll anscheinend als
alter, bedauerlicher Einzelfall in der kirchlichen
Entwicklungszusammenarbeit porträtiert werden", sagt Fabian
Wirnsperger, Obmann von Pamoja.

Weil die Bevölkerung von Makete und die örtliche
AIDS-Selbsthilfegruppe PIUMA gegen Diebstähle in der
Evangelisch-Lutherischen Kirche Tansanias demonstriert hatten, wurde
2006 ein erfolgreiches HIV-Behandlungsprojekt in Bulongwa durch die
tansanische Kirche gewaltsam beendet. Dass dadurch das Menschenrecht
auf adäquate medizinische Versorgung verletzt worden ist, wurde von
PIUMA dokumentiert. Die Behandlung von Infektionen, welche bei AIDS
auftreten, ist seit Beendigung des Projekts kostenpflichtig,
vorgeschriebene Laboruntersuchungen werden nicht mehr durchgeführt
und mangels medizinischen Personals ist eine professionelle Betreuung
der Patienten nicht mehr gegeben. Auch gibt es keinen Krankenwagen,
obwohl dieser von deutschen Missionswerken finanziert worden war.
Wegen um Monate und Jahre verzögerter Laboruntersuchungen muss davon
ausgegangen werden, dass die Sterberate in Bulongwa weit höher liegt,
als die 70 von PIUMA dokumentierten Todesfälle vermuten lassen.

"Bischof Bünker wurde von mir über die Hintergründe der
Menschenrechtsverletzungen und die schweren gesundheitlichen
Konsequenzen für die Patienten im Jahr 2007 detailliert informiert.
Es liegen ihm und seinem Vorgänger Herwig Sturm seit 2006 auch
schriftliche Unterlagen vor. Obwohl Patienten unnötig gestorben sind
und das Behandlungsprogramm ein Projekt der Lutherischen Kirche
Österreichs war, hat Bischof Bünker verabsäumt, sich hinter die
Patienten zu stellen und leistet mit der Veröffentlichung von
Unwahrheiten deren Tod weiterhin Vorschub", sagt Rainer Brandl, Arzt
und ehemaliger Leiter der HIV-Klinik in Bulongwa.

Evangelische Missionswerke aus Deutschland, Skandinavien und den
USA transferieren seit Jahrzehnten Spenden- und Kirchensteuergelder
in Millionenhöhe an die tansanische Kirche, ohne auf die Einhaltung
professioneller und gesetzlich vorgeschriebener Standards bei der
Rechnungslegung sowie auf unabhängige Buchprüfungen zu bestehen.
Selbst aus kircheninternen Prüfungsberichten geht hervor, dass
Projekte oftmals jahrelang nicht abgerechnet werden und die
tansanische Kirche für 75 Prozent ihrer Projekte die korrekte
Verwendung von Spendengeldern nicht nachweisen kann. In der
Lutherischen Kirche Tansanias gab es in den letzten Jahren mehrere
Finanzskandale, bei denen weder die Verantwortlichen rechtlich
belangt noch die veruntreuten Gelder zurückgezahlt wurden.

Den Klagen der Patienten gibt auch der von Bischof Michael Bünker
zitierte tansanische Bischof Hence Mwakabana recht und widerspricht
in einem Filminterview vom Februar 2010 den Aussagen des
österreichischen Kirchenmannes: "Derzeit fehlt es uns an notwendigen
Medikamenten und an Personal. Es ist wahr, dass die Patienten nicht
gut behandelt werden können" (http://vimeo.com/12021234).

Rainer Brandl dazu: "Es erschüttert mich, dass Bischöfe und
medizinische Laien auf Kosten des Lebens von Patienten die
Öffentlichkeit falsch informieren. Vorliegende Daten unterstützen die
Klagen der Patienten über die mangelhafte Qualität der Behandlung
und das seit 4 Jahren anhaltende Sterben. Vor der Schließung der
Klinik wurden die Patienten besser und gratis behandelt".

Jackson Mbogela, Menschenrechtsaktivist aus Makete, erklärt: "2006
habe ich mit der Bevölkerung von Makete gegen die Diebstähle von
Spendengeldern und die Unterdrückung durch die korrupte aus dem
Ausland finanzierte Kirche protestiert. Das gestohlene Geld war unter
anderem für AIDS-Waisen und die Gesundheitsversorgung bestimmt."
Mboglea, der in Holland Public Health studierte: "Ich habe in Europa
erlebt, dass Bischöfe zurücktreten mussten, weil sie betrunken Auto
gefahren sind, oder von Missbrauchsfällen wussten, aber nicht im
Sinne der Opfer aktiv geworden sind. In meiner Heimat sind viele
meiner Mitbürger unnötig gestorben. Die Diebe aber sind im
Kirchendienst verblieben, oder wurden pensioniert. Entgegen den
Aussagen europäischer Kirchenvertreter wurde niemand strafrechtlich
zur Verantwortung gezogen. Ich denke, dass die vielen Toten und die
Ungerechtigkeit, die mit unkontrollierten Spendengeldern in meiner
Heimat angerichtet wird, Rücktritte von europäischen Bischöfen
rechtfertigen würden."

Die mehrfach international ausgezeichnete tansanische Journalisten
Vicky Ntetema, die 2010 den Courage in Journalism Award der
International Women's Media Foundation erhielt, ergänzt: "Es ist
Zeit, dass wir Afrikaner Rücktritte von europäischen Bischöfen
fordern, denn die unkontrollierten Spendengelder fördern Korruption
und sabotieren demokratische Entwicklungen sowie die Menschenrechte
in Afrika. Wer die korrekte Verwendung von Geldern nicht einwandfrei
belegen kann, darf keinesfalls Geld aus dem Ausland erhalten."
Ntetema interviewte den bis 2007 amtierenden Bischof von Makete sowie
leitende Angestellte des Bulongwa Lutheran Hospitals. Seit 2005
berichtete sie auf BBC mehrfach über Korruption in der
Evangelisch-Lutherischen Kirche Tansanias.

Pamoja schließt sich den Forderungen aus Tansania an und fordert
die Rücktritte von Bischof Michael Bünker sowie des bayrischen
Landesbischofs Johannes Friedrich. Unter fahrlässigen Bedingungen
transferiert die bayrische Mission Eine Welt von allen
Partnerorganisationen das meiste Geld an die tansanische Kirche.
Gemeinsam mit PIUMA spricht sich Pamoja auch für eine konsequente
gerichtliche Verfolgung jener kirchlichen Persönlichkeiten aus, die
für den Tod von Patienten in Tansania sowie die Veruntreuung von
Spendengeldern verantwortlich sind.

Rückfragehinweis:

PAMOJA - GEMEINSAM - Verein für int. Zusammenarbeit
Mag.(FH) Fabian Wirnsperger
Obmann
Tel.: +436505338827
mailto:fabian_wirnsperger@pamoja.at
http://www.pamoja.at

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/11448/aom

Originaltext: Pamoja - Gemeinsam - Verein für internationale Zusammenarbeit
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/82023
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_82023.rss2


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