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LVZ: Verzockt und verscherbelt

Geschrieben am 26-08-2007

Leipzig (ots) - Von Bernd Hilder
Politiker und Journalisten jonglieren manchmal vorschnell mit den
Worten Debakel und Desaster. Im Fall der maroden SachsenLB, die nur
durch einen hastig zusammengezimmerten Notverkauf an die
baden-württembergische Landesbank LBBW vor der Insolvenz gerettet
werden kann, ist diese Wortwahl eher verniedlichend. Durch
gravierende Managementfehler wurde die einzige ostdeutsche Landesbank
systematisch zugrunde gerichtet. Endgültig aus der Traum für ein
kleines, aber feines und solides Institut, das auch für die
Pfiffigkeit der Sachsen in Geldangelegenheiten weit über die
Landesgrenzen hinaus Reklame hätte machen können. Nach jahrelangen
Querelen und Ungereimtheiten um die Bank ist der Imageschaden für
Sachsen groß, größer als durch die Verfassungsschutz-Affäre und das
noch ungeklärte Mügeln, und nicht über Nacht wieder zu reparieren.
Auslöser für den Kollaps der Bank mag die us-amerikanische
Hypothekenkrise mit ihren Gefahren für die globale Geldwirtschaft
gewesen sein. Die tatsächlich Verantwortlichen für die Katastrophe
sind aber öffentlich-rechtliche Zocker und Spekulanten, die sich
Banker nennen, die den Steuerzahler als Geisel nahmen und ein
riesiges Glücksrad drehten, das für die kleine SachsenLB viel zu groß
war und für das ihnen offensichtlich der strategische Durchblick und
die fachliche Kompetenz fehlten. Die wachsende Gier wurde ja auch
lange mit guten Gewinnen belohnt, bis plötzlich alles verzockt war.
Mit Noch-SachsenLB-Chef Süß könnte nach Rauswurf des
skandalgebeutelten Vorgänger-Vorstandes ausgerechnet der Bock zum
Gärtner gemacht worden sein: Der lange als Sanierer gefeierte ist
schon seit 2002 im Aufsichtsrat der unsoliden irischen
Tochtergesellschaft, die den Domino-Effekt auslöste. Er wird erklären
müssen, warum er nicht viel eher die Notbremse zog. Ministerpräsident
Milbradt irrt, wenn er das Ende der SachsenLB mit der geringen Größe
der Bank begründet. Umgekehrt wird ein Schuh draus: Das
risikobelastete Geschäftsvolumen war für die Kleinheit der Bank
einfach irrwitzig und unverantwortlich groß. Die Dauer-Skandale der
WestLB belegen, dass pure Größe nicht vor unprofessionellem
Geschäftsgebaren schützt. Milbradt kann sich jedoch angesichts der
dramatischen Lage zugute halten, unter höchstem Zeitdruck in den
Verkaufsverhandlungen herausgeholt zu haben, was irgendwie noch
herauszuholen war. Tatsache ist aber auch: In der jetzigen Krise war
nur noch das Verscherbeln an eine andere öffentliche Bank möglich.
Keine private Bank wäre das wirtschaftliche Risiko eingegangen.
Kritisch muss aufgearbeitet werden, ob die sächsische Politik eher
hätte handeln können und müssen. CDU-Finanzminister Metz hat als
Krisenmanager versagt und ist im Amt bestenfalls noch aus politischem
Trotz zu halten. Aber auch SPD-Wirtschaftsminister Jurk saß in
entscheidenden Aufsichtsgremien und roch den Braten nicht. Die SPD
sollte wissen: Für einen politischen Ehekrieg bleibt angesichts
solcher Zusammenhänge wenig Platz, wohl aber für die zu erwartende
Wühlarbeit der Opposition. Aufzuklären beispielsweise ist, ob man vor
einigen Wochen durch den zunächst geplanten Verkauf an die WestLB
noch erheblich mehr Geld für die SachsenLB hätte rausschlagen können.
Auf die sächsische Regierung kommen schwere Monate zu. In
Meinungsumfragen haben selbst CDU und SPD zusammen keine Mehrheit
mehr. Ein deftiger Koalitionsstreit könnte beide noch weiter nach
unten ziehen. Die Nerven innerhalb der Koalition liegen nach einer
Serie von Affären blank.
Die Fast-Pleite der SachsenLB beweist nach den vorangegangenen
Turbulenzen bei der ehemaligen Berliner Bankgesellschaft, der WestLB
oder der Bayerischen Landesbank, wie dringend das
öffentlich-rechtliche Bankensystem reformiert werden muss. Ohne
Fusionen haben die Landesbanken in Deutschland kaum noch eine
Überlebenschance - und keine Daseinsberechtigung mehr. Mancher hält
nach dem Wegfall der öffentlichen Gewährsträgerschaft sogar die
Sparkassen für überflüssig, da es genügend private Banken gäbe. Aber
das Kind darf jetzt nicht mit dem Bade ausgeschüttet werden. Auch
Privatbanken haben sich schon kräftig verspekuliert - und Sparkassen
sind ausgesprochen wichtig als Kreditgeber für den Mittelstand und
als regionale Sponsoren.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6351
Pressemappe via RSS : feed://www.presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Pressekontakt:
Rückfragen bitte an:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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