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Frühe Hilfen für Kinder: Es fehlt ein Gesamtkonzept / Deutsche Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin (DGSPJ) kritisiert Aktionismus und fehlende Transparenz für Eltern

Geschrieben am 26-07-2007

Aschaffenburg (ots) - "Es geht ein Ruck durchs Land!" So
kommentiert die Deutsche Gesellschaft für Sozialpädiatrie und
Jugendmedizin (DGSPJ) Bestrebungen der Politik, mit einer Vielzahl
früh greifender Hilfsangebote gefährdete, benachteiligte oder
entwicklungsverzögerte Kinder aufzuspüren. Allerdings entsprechen
diese frühen Hilfen bisher eher einem Flickenteppich und sind zudem
kaum durchschaubar. DGSPJ-Präsident Harald Bode fordert deshalb jetzt
ein griffiges Gesamtkonzept aller frühen Hilfen in Deutschland.

Allein in Nordrhein-Westfalen gibt es derzeit 40 lokale
Frühwarnsysteme, eine ebenso unüberschaubare Anzahl von
Frühförderansätzen existiert in den meisten anderen Bundesländern wie
in Bayern oder Baden-Württemberg. Auch Sachsen bietet eine Vielzahl
ermutigender Ansätze, erklärte Dr. Christoph Kretzschmar bei der 11.
Forschungstagung der DGSPJ in Dresden. So sind in der
Sachsenmetropole 3.150 vierjährige Kinder (von insgesamt 3.700) in
den Kindertagesstätten der Stadt betreuten Kindern untersucht worden.
Die Ergebnisse sind alarmierend: Bei fast 20 Prozent aller Kinder ist
ein Förderbedarf ermittelt worden, der zuvor nicht erkannt worden
ist. Bei 29 Prozent aller Kinder sind Sprachauffälligkeiten
aufgedeckt worden, bei sozial schwachen Familien wie im
Plattenbaugebiet Gorbitz gar bei 43 Prozent. Acht Prozent der
Kita-Kinder hatten feinmotorische Störungen, Kinder aus Gorbitz sogar
zu 15 Prozent. Mit einem ausgeklügelten Netzwerk früher
heilpädagogischer und sprachlich-motorisch ausgerichteter Hilfen
konnten jedoch in Gorbitz innerhalb von zwei Jahren die Rate der
Sprachauffälligkeiten von 43 auf 33 Prozent und die der
feinmotorischen Bewegungsstörungen von 15 auf zehn Prozent gesenkt
werden. Im baden-württembergischen Freiberg ist schon nach fünf
Monaten mit einer intensiven dreistündigen Sprachförderung pro Woche
das Satzgedächnis und das Verstehen von Sätzen bei sprachgestörten
Kindern deutlich - bis hin zum Normalbereich - verbessert worden. Für
Bode und Kretzschmar ein klarer Beweis dafür, dass sich frühe
Interventionen bereits in der Vorschulzeit auszahlen.

Frühe Hilfen bietet das Bundesland Sachsen aber auch bereits für
Null- bis Zweijährige in mittlerweile fünf Modellregionen an. Unter
dem Titel "Netwerke für Kinderschutz" sollen damit Eltern erreicht
werden, die besonders hohen psychischen und sozialen Belastungen -
etwa durch niedriges Einkommen oder Misshandlungs- oder
Missbrauchserfahrung - ausgesetzt sind. Im Fokus steht dabei ein auf
die Familie ausgerichtetes 14-tägiges Hausbesuchsprogramm, um die
gefährdeten Familien auch tatsächlich zu erreichen. Im
nordrhein-westfälischen Dormagen geht man noch einen Schritt weiter:
Dort werden ausnahmslos alle Eltern direkt nach der Geburt von
geschulten Mitarbeitern des Jugendamtes aufgesucht, um frühzeitig
einen möglichen Unterstützungsbedarf zu eruieren.

Dies sind ermutigende Ansätze. Einheitliche Früherkennungs- und
Frühfördersysteme sind in Deutschland aber noch lange nicht in Sicht.
Bayern und Baden-Württemberg sind bei Kindertagesstätten-Angeboten
für Kinder unter drei Jahren sogar noch auf
"Entwicklungsländer-Niveau", moniert Bode. Gerade die westlichen
Bundesländer dürften deshalb vom neuen "Nationalen Zentrum Frühe
Hilfen" ganz besonders profitieren, das das Bundesfamilienministerium
bis zum Jahr 2010 mit rund zehn Millionen Euro unterstützen wird. Im
Fokus stehen dabei vernetzte Unterstützungsangebote für Kinder bis
zum vierten Lebensjahr, deren Lebensalltag durch Gewalt,
Drogenmissbrauch oder Arbeitslosigkeit der Eltern oder generell durch
das Fehlen eines unterstützenden Umfeldes geprägt ist. die Kinder-
und Jugendärztin Dr. Renate Klein aus dem Ministerium für Justiz,
Gesundheit und Soziales des Saarlandes. Notwendig sei zum Beispiel
vor Ort die - häufig nicht vorhandene - Kenntnis regionaler und
lokaler Ansprechpartner, die in enger Abstimmung mit dem Kinder- und
Jugendarzt und der Jugendhilfe konkret und fallbezogen weiterhelfen
können, meint die Kinder- und Jugendärztin Dr. Renate Klein aus dem
Ministerium für Justiz, Gesundheit und Soziales des Saarlandes. Dafür
wurden nun im Saarland sogar halbe Kinderarztstelle im Kinder- und
Jugendärztlichen Dienst geschaffen. Dringend notwendig ist auch die
flächendeckende Etablierung von speziellen und vernetzten Programmen
für Risikogruppen etwa mit dem Fokus auf Vernachlässigung und
Misshandlung. Aber auch in den Familien selbst müsse wieder eine
Kultur für das alltägliche Sprechen geschaffen werden, meinen die
Kinder- und Jugendärzte. Denn: "Auch die Sprachlosigkeit von Eltern
führt zu frühen Sprach- und Entwicklungsdefiziten!"

Originaltext: Kindernetzwerk e.V.
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=58954
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_58954.rss2

Pressekontakt:
Professor Dr. Harald Bode
Präsident der Deutschen Gesellschaft für
Sozialpädiatrie und Jugendmedizin
Tel.: 0731 50057009
Mail: harald.bode@medizin.uni-ulm.de


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