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Voß verwahrt sich gegen Jauch-Vorwürfe

Geschrieben am 15-01-2007

Stuttgart (ots) - SWR-Intendant Peter Voß hat sich gegen die
Vorwürfe verwahrt, die Günther Jauch gegen die ARD im allgemeinen und
gegen einige namentlich nicht genannte Intendanten in einem Interview
des Nachrichtenmagazins Der Spiegel erhoben hat. Hier der Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Jauch,

wer öffentlich austeilt, kann sicher auch öffentlich einstecken.
Ich möchte Ihnen das jedenfalls unterstellen, nachdem ich Ihr
Spiegel-Interview gelesen habe, und Ihnen deshalb ganz öffentlich,
nämlich mit einem Offenen Brief, antworten. Nichts gegen Ihre
sinnigen Vergleiche zwischen "Platzhirschen" und "Niederwild" in der
ARD, das liest sich ganz hübsch. Mein Problem ist nur, dass z. B. der
SWR als zweitgrößter Sender bei allen Gemeinschaftsleistungen der ARD
entsprechend seiner Größe mitbezahlen muss - also mehr als
beispielsweise der NDR. Dies gilt natürlich auch bei einem Vertrag
mit Ihnen und übrigens auch bei dem von Ihnen erwähnten
Degeto-Vertrag mit Harald Schmidt. Bei den Summen handelt es sich,
wie Sie wissen, auch nicht um Peanuts, und da habe ich mir halt
eingebildet, dass ich bei den Vertragskonditionen auch ein Wort
mitzureden hätte.

Ich habe den Entwurf eines Vertrages mit Ihnen in seinen
Eckpunkten erstmals in der Internen Sitzung der Intendanten am 28.
November 2006 in München kennenlernen dürfen - und dieser Entwurf war
eben nicht unterschriftsreif. Es war z. B. nicht vertraglich
sichergestellt, dass Sie als politischer Moderator der ARD auf
Werbung verzichten würden. Mein NDR-Kollege und sein Justitiar
berichteten zwar, dass Sie dazu bereit wären, aber dies eben nicht in
den Vertrag aufnehmen und auch nicht öffentlich machen wollten, man
müsse sich auf Ihr Wort verlassen. Sie hätten allerdings
eingewilligt, künftige Werbeaktivitäten mit den NDR abzustimmen. Nun
habe ich keine Zweifel daran, dass Sie Ihr gegebenes Wort halten -
aber das wäre ein unguter Präzedenzfall gewesen. Ich jedenfalls halte
nichts davon, dass die ARD künftig zwischen Vertragspartnern erster
und zweiter Klasse unterscheidet. Und was ist denn eigentlich
ehrenrührig daran, dass man eine Zusage in einem Vertrag festhält?
Ich war es übrigens, der hier den Ausweg vorgeschlagen hat, der darin
bestand, ganz einfach im Protokoll festzuhalten, dass sich der NDR
bei seiner Entscheidung über solche Werbeverträge an das Votum der
ARD bindet. So wurde es dann auch beschlossen.

Eine zweite wichtige Frage war der Wunsch, Sie als politischen
Journalisten längerfristig zu einem Markenzeichen der ARD zu machen.
Das hätte Unterhaltungssendungen bei anderen, also auch bei RTL,
nicht berührt, wohl aber Stern TV. Es hätte allerdings vorausgesetzt,
dass die ARD Ihnen entsprechend attraktive, zusätzliche Angebote
unterbreitet und dass Sie bereit gewesen wären, darüber ernsthaft mit
uns zu sprechen. Eine ausschließende Bedingung war dies nicht, aber,
wie ich nach wie vor finde, ein legitimer Wunsch. Die ARD konnte und
kann kein Interesse daran haben, dass Sie, wie eine Teilnehmerin es
ausgedrückt hat, mit ihrer politischen Talkshow am Sonntagabend nur
als "verlängerte Werkbank" eines RTL-Moderators erscheint.

Bleibt noch die Frage, ob eine politische Talkshow in die
ARD-Koordination Politik, Gesellschaft und Kultur gehört oder nicht.
Ich habe es immer für unsinnig gehalten, "Sabine Christiansen" bei
der Unterhaltung anzusiedeln. Die Sendung wurde damit der
professionellen Kritik der ARD-Chefredakteure entzogen, und dies hat
ihr - bei allem Respekt vor Frau Christiansen - nicht immer gutgetan.
Ich habe deshalb angeregt, dies zu ändern - und ich komme auch da,
um Ihr Wort aufzugreifen, gern aus der Deckung. Wir haben diesen
Beschluss übrigens einstimmig gefasst, also mit den Stimmen von NDR
und WDR. Haben Ihnen Ihre Gesprächspartner dies nicht gesagt oder
haben Sie es in Ihrem Interview absichtlich verschwiegen? Im übrigen
ist es blanker Unsinn, was Sie unseren Chefredakteuren so alles
unterstellen. Die publizistische und rechtliche Verantwortung für die
redaktionelle Gestaltung einer Sendung liegt allein beim jeweils
dafür federführenden Sender, das wäre in Ihrem Fall der NDR gewesen.
Die Chefredakteure geben Anregungen und üben Kritik, und sie tun dies
auf nüchterne, manchmal auch leidenschaftliche, immer aber
professionelle Weise und ohne jede Fernsteuerung. Wer immer Ihnen da
etwas anderes eingeblasen hat, hat Sie schlicht hinters Licht geführt
- aus welchen Motiven auch immer.

Auch ich finde es schade, sehr geehrter Herr Jauch, dass wir nicht
zusammenkommen. Aber so ist das nun einmal bei Vertragsabschlüssen -
man einigt sich oder man einigt sich nicht, was ist daran eigentlich
so schlimm? Wir alle waren daran interessiert, Sie zu gewinnen, sonst
hätten wir uns in unserer internen Diskussion nicht so viel Mühe
gegeben, die Sache marschierfähig zu machen. Auf der anderen Seite
werden Sie verstehen, dass jemand, der für die ARD profilbildend
arbeiten will, sich keine Extrawürste braten lassen kann, sondern
gerade die Spielregeln akzeptieren muss, die letztlich unsere
publizistische Unabhängigkeit garantieren. Dass die ARD gerade hier
nach einigen unguten Affären besonders kritisch beobachtet wird, kann
doch für uns erst recht kein Anlass sein, jetzt einem einzelnen
Moderator zuliebe - und sei er noch so populär - fünfe gerade sein zu
lassen. Das müssten Sie doch eigentlich verstehen können.

Und ich denke, Sie halten es auch nicht für Majestätsbeleidigung,
wenn man in aller Bescheidenheit darauf hinweist, dass es auch in
der ARD eine Reihe profilierter und unabhängiger Köpfe gibt, die zwar
nicht so populär sind wie Sie, aber Ihnen, jedenfalls nach meiner
Einschätzung, in ihrer journalistischen Potenz nicht nachstehen -
Frank Plasberg ist nur ein Beispiel dafür. Sie hingegen können und
müssen nun ohne die ARD leben und werden da sicher keinen bleibenden
Schaden davontragen, und die ARD wird es umgekehrt auch nicht. Das
Ganze ist zwar kein Grund zum Jubeln, aber eine Tragödie ist es nun
auch wieder nicht - eher schon eine Komödie, wenn man die
öffentlichen Aufgeregtheiten zu ihrem Nennwert nimmt. Aber das muss
man ja nicht tun.

Mit besten Grüßen,

Ihr Peter Voß

Originaltext: SWR - Südwestrundfunk
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=7169
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_7169.rss2


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