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Boersen-Zeitung: Zu viel Gipfel-Lyrik, Kommentar von Christof Roche zu Abschottungstendenzen in einigen EU-Mitgliedsländern

Geschrieben am 24-03-2006

Frankfurt (ots) - Es hat viel Symbolik, nicht nur für Paris. Wenn
Frankreichs Präsident Jacques Chirac auf dem Gipfel den Sitzungsraum
verlässt, bloß weil Landsmann Ernest-Antoine Seillière, der Chef des
europäischen Industrie- und Arbeitgeberverbandes Unice, seinen
Vortrag in der Wirtschaftssprache Englisch hält, dann läuft gewaltig
etwas schief. Denn ebenso, wie Chiracs Sprachen-Sentimentalismus
nicht mehr ins 21.Jahrhundert der Globalisierung passt, ist auch
seine Politik ein Auslaufmodell, Italiens Enel aus dem heimischen
Energiemarkt herauszuhalten. Die Crux allerdings: Chirac ist nicht
der Einzige in Europa, der aktuell abschottet. Dabei muss es nicht
immer so offenkundig ablaufen, wie es Madrid gerade mit der
Blockadehaltung zum deutschen Eon-Konzern vormacht. Es geht auch
subtiler, und zwar über zu schwache Regulierung, über mangelnde
Entflechtung und über unzureichende Anbindungen ans europäische Netz,
um lästige Konkurrenz aus dem Ausland fern zu halten. Und genau das
ist das Problem, warum Europa von einem Energiebinnenmarkt noch
meilenweit entfernt ist.

Das hat auch der Gipfel erkannt und mit dem Einstieg in eine
europäische Energiepolitik reagiert. Doch mehr als Gipfel-Lyrik von
Koordination und Kooperation war nicht drin. Schon beim
Energieprotektionismus siegte die politische Rücksichtnahme: Keine
offene Rüge an die Bremser, die Realität des Binnenmarktes endlich
anzuerkennen und Unternehmen nicht zu hindern, sich aus einem
europäischen Heimatmarkt für den globalen Wettbewerb aufzustellen.

Das aber ist in Zeiten, in denen Energiepolitik knallharte
Außenpolitik ist - wie China, Russland und die USA dies vormachen -
zu wenig. Europas Strategie muss sein, politisch mit einer Stimme zu
sprechen und dies ohne Verzögerung über die Wirtschaft mit
europäischen Champions zu untermauern, die aus einem starken
Binnenmarkt heraus eigene Marktmacht entwickeln. Denn nur
Unternehmen, die auf offene Netze und Wettbewerb zurückgreifen, haben
die Kraft, sich international zu behaupten. Dass die EU dennoch kein
hoffnungsloser Fall ist, berichtete Tony Blair aus Downing Street:
Dort liefert das Wasser ein deutsches Unternehmen, der Strom kommt
von einem französischen Konzern, und bei Gas kann der britische
Regierungschef gleich vierfach wählen, darunter bei einem heimischen
Anbieter.

(Börsen-Zeitung, 25.3.2006)

Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=30377
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_30377.rss2

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Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0


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