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Brutale Szenen auf Handy-Video Zeitung darf für private Gewalt-Trophäen keine Plattform bieten

Geschrieben am 28-05-2010

Berlin (ots) - Der Deutsche Presserat tagte am 26. und 27.5.2010
in Berlin und sprach insgesamt acht Rügen aus.

Video

Die Goslarsche Zeitung Online erhielt eine öffentliche Rüge wegen
eines Verstoßes gegen die Ziffer 11 des Pressekodex. Die Zeitung
hatte auf ihrer Internetseite über einen Fall von gefährlicher
Körperverletzung berichtet und den Beitrag mit einem Video verlinkt.
Darin war zu sehen, wie ein Jugendlicher einen anderen brutal
zusammenschlägt. Die Szene war von einem Dritten gefilmt und das
Video der Redaktion zugespielt worden. Der Ausschuss bewertete die
Veröffentlichung des brutalen Videos als unangemessen sensationell.
Sie sei dazu geeignet, Nachahmungstäter zu animieren. Solche
Aufnahmen würden von jugendlichen Gewalttätern zudem als Trophäen
verwendet, die Zeitung verstärke durch die Art der Berichterstattung
diese Wirkung. Ziffer 11 lautet:

Die Presse verzichtet auf eine unangemessen sensationelle
Darstellung von Gewalt, Brutalität und Leid. Die Presse beachtet den
Jugendschutz.

Gegenrecherche fehlte

Der Vogtland-Anzeiger erhielt eine öffentliche Rüge wegen eines
Verstoßes gegen die Ziffern 2 und 9 des Pressekodex. In einem
Kommentar hatte die Zeitung über die angeblich unlauteren Motive
einer Kritikerin in einem lokalpolitischen Streit spekuliert. Der
Kommen-tator unterstellte der Frau, sie übe die Kritik lediglich aus
eigenem Interesse an der Stelle des Kritisierten aus. Dafür gab es
jedoch keine Anhaltspunkte. Die Unterstellungen, die nicht mit einer
Gegenrecherche belegt werden konnten, waren dazu geeignet, die Frau
in ihrer Ehre zu verletzen. Die journalistische Sorgfalt nach Ziffer
2 hätte es zudem verlangt, dass die Betroffene die Möglichkeit
erhält, zu den gegen sie erhobenen Vorwürfen Stellung zu nehmen.
Ziffer 2 lautet:

Recherche ist unverzichtbares Instrument journalistischer
Sorgfalt. Zur Veröffentlichung bestimmte Informationen in Wort, Bild
und Grafik sind mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf
ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgetreu wiederzugeben.
Ihr Sinn darf durch Bearbeitung, Überschrift oder Bildbeschriftung
weder entstellt noch verfälscht werden. Unbestätigte Meldungen,
Gerüchte und Vermutungen sind als solche erkennbar zu machen.[...]

Trennungsgebot

Die Rheinische Post wurde für die Veröffentlichung des Artikels
unter dem Titel 'Ketchup hilft der Caritas' gerügt. Der Beitrag
beschäftigte sich laut Überschrift und Unterzeile mit sozialen
Projekten des Ketchup-Herstellers Heinz. Dadurch werden beim Leser
Erwartungen erweckt, die der Text nicht erfüllte. Der Beitrag
beschränkt sich auf die kurze und abstrakte Mitteilung, dass der
Konzern eine Vertragsvereinbarung mit Caritas geschlossen habe.
Details über den konkreten Umfang des Engagements erfährt man in dem
vierspaltigen Beitrag jedoch nicht. In den Artikel integriert waren
zusätzlich die überdimensionale Abbildung einer Ketchupflasche sowie
ein zweites Produktfoto. Diese Gewichtung ist unverhältnismäßig.
Damit ist der Tatbestand der Schleichwerbung nach Richtlinie 7.2
Pressekodex erfüllt.

7.2 - Schleichwerbung

Redaktionelle Veröffentlichungen, die auf Unternehmen, ihre
Erzeugnisse, Leistungen oder Veranstaltungen hinweisen, dürfen nicht
die Grenze zur Schleichwerbung überschreiten. Eine Überschreitung
liegt insbesondere nahe, wenn die Veröffentlichung über ein
begründetes öffentliches Interesse oder das Informationsinteresse der
Leser hinausgeht oder von dritter Seite bezahlt bzw. durch geldwerte
Vorteile belohnt wird. Die Glaubwürdigkeit der Presse als
Informa-tionsquelle gebietet besondere Sorgfalt beim Umgang mit
PR-Material.

Ebenfalls gegen den Grundsatz der klaren Trennung von Redaktion
und Werbung verstieß die Sindelfinger Zeitung Online mit einem
Artikel unter der Überschrift 'Grundstoff für Biodiesel-Produktion'.
Bei der Veröffentlichung handelte es sich um eine vollständige
Übernahme eines PR-Textes der Daimler AG, was für den Leser aber
nicht ersichtlich war. Im Gegenteil entstand durch eine dem Beitrag
vorangestellte Autorenzeile der irreführende Eindruck, als handele es
sich um einen von der Redaktion recherchierten und verfassten
Artikel. Die in Richtlinie 7.2 geforderte besondere Sorgfalt im
Umgang mit PR-Material wurde bei dieser Veröffentlichung grob
missachtet.

Persönlichkeitsrechte

Eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten monierte der Presserat
gegenüber der Zeitschrift Die Aktuelle. Sie berichtete über den
Comedy-Star Gaby Köster, die angeblich im Rollstuhl sitze und stützte
diese falsche Behauptung auf ein Foto von ihrem Wohnhaus, vor dem
eine Rollstuhlrampe zu sehen war. Wenig später vermeldete die Zeitung
"ein Wunder", denn Gaby Köster könne wieder laufen. Der Ausschuss
sieht in der Berichterstattung eine Verletzung der Ziffern 1 und 8
des Pressekodex. Auch im Fall von Prominenten müsse über Krankheiten
zurückhaltend berichtet werden. Richtlinie 8.4 des Kodex lautet:

Körperliche und psychische Erkrankungen oder Schäden fallen
grundsätzlich in die Geheimsphäre des Betroffenen. Mit Rücksicht auf
ihn und seine Angehörigen soll die Presse in solchen Fällen auf
Namensnennungen und Bild verzichten und abwertende Bezeichnungen der
Krankheit oder der Krankenanstalt, auch wenn sie im Volksmund
anzutreffen sind, vermeiden. Auch Personen der Zeitgeschichte
genießen über den Tod hinaus Schutz vor diskriminierenden
Enthüllungen.

Umso schwerer wog aus Sicht der Mitglieder, dass die Zeitschrift
die Leser in Bezug auf die Krankheit falsch informiert hatte. Zum
Zeitpunkt der Berichterstattung saß Gaby Köster nicht im Rollstuhl.
Im Ausschuss ist der Eindruck entstanden, die Nachricht sei bewusst
platziert worden, um kurz darauf die vermeintliche Genesung als
Wunder darzustellen. Die Aktuelle erhielt eine öffentliche Rüge.

Wegen eines Verstoßes gegen Persönlichkeitsrechte wurde auch das
Online-Portal www.derwesten.de öffentlich gerügt. Das Portal
berichtete über die Vergewaltigung eines elfjährigen Mädchens in
Solingen in der Wohnung seiner Eltern, nachdem das Kind dem Täter
selbst die Tür geöffnet habe. Dem Artikel beigestellt war ein
Stadtplan mit dem Titel

"Ort des Geschehens". Auf dem Stadtplan war eine interaktive
Sprechblase mit der Aufschrift "Position o.k.? ja/nein" platziert,
anhand dessen sich der Leser an der genauen Bestimmung des Tatortes
beteiligen konnte. Der Ausschuss sah darin eine eklatante Verletzung
von Persönlichkeitsrechten.

Kritisiert wurden auch Bild (Frankfurt) und Bild am Sonntag für
ihre Berichterstattung über einen Familienausflug in die Alpen, bei
dem ein 13-jähriges Mädchen zu Tode kam. Der Beschwerdeausschuss
moniert den Abdruck des Fotos des Opfers und die Veröffentlichung
zahlreicher Details aus dem Privatleben des Mädchens. Auch seine
Familie sei durch die Berichterstattung öffentlich gemacht worden.
Aus Sicht des Ausschusses ist die identifizierende Berichterstattung
nicht durch ein überwiegendes öffentliches Interesse gedeckt, so dass
er beiden Zeitungen jeweils eine nicht-öffentliche Rüge erteilte.

Statistik

Insgesamt wurden in den zwei Beschwerdeausschüssen 271 Beschwerden
behandelt. Davon waren 198 Beschwerden gegen die TITANIC, die als
unbegründet zurückgewiesen wurde (siehe gesonderte Pressemitteilung
vom heutigen Tag). Neben den sechs öffentlichen und zwei
nicht-öffentlichen Rügen gab es 12 Missbilligungen und 19 Hinweise.
In 218 Fällen wurden die Beschwerden als unbegründet erachtet (davon
198 gegen Titanic). In drei Fällen wurde die Beschwerde als begründet
angesehen, auf eine Maßnahme wurde jedoch verzich-tet. Zwei Fälle
waren nicht aufklärbar.

Ansprechpartnerin für die Presse: Ella Wassink, Tel. 030-367007-13

Originaltext: Deutscher Presserat
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/14918
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_14918.rss2

Pressekontakt:
Deutscher Presserat
Ella Wassink
Telefon: 030-367 00 7-0
Fax: 030-367 00 7-20
E-Mail: info@presserat.de


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