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Was gegessen wird, entscheidet das Gehirn

Geschrieben am 14-05-2010

Forscher in Wien und Lissabon zeigen am Beispiel von Fliegen, wie die
Nahrungsaufnahme dem Bedarf angepasst wird.

Wien (ots) - Eine ausgewogene Ernährung nützt nicht nur dem
Menschen, sie ist für alle Lebewesen von großer Bedeutung. Wenn Tiere
zwischen verschiedenen Nahrungsmitteln wählen können, so entscheiden
sie sich ziemlich genau für das, was ihr Körper gerade benötigt. Eine
Studie, die soeben im Journal Current Biology veröffentlicht wurde,
liefert erste Hinweise auf die an der Entscheidungsfindung
beteiligten Gene und die entsprechenden neuronalen Schaltkreise im
Gehirn. Die Experimente an Fruchtfliegen wurden unter der Leitung von
Carlos Ribeiro und Barry Dickson am IMP (Forschungsinstitut für
Molekulare Pathologie, Wien) durchgeführt. Die Ergebnisse lassen
allgemeine Aussagen über die Nahrungswahl von Organismen zu, ob es
sich dabei um Malaria-übertragende Moskitos handelt oder den
Menschen.

Carlos Ribeiro, mittlerweile Gruppenleiter im Champalimaud
Neuroscience Programm am Instituto Gulbenkian de Ciência in Portugal,
verfolgte das Fressverhalten der Fliegen (Drosophila melanogaster)
über viele Wochen. Er entdeckte, dass sich die Ernährungs-Vorlieben
der Tiere je nach Nährstoff-Bedürfnis des Körpers ändern, aber auch
vom Geschlecht und dem jeweiligen Paarungszustand abhängen. Wenn die
Tiere ausreichend mit Zucker und Eiweiß versorgt sind, verschmähen
sie eiweißreiches Futter. Nach einigen Tagen unter eiweißarmer Diät
bevorzugen sie jedoch das mit Hefe versetzte, proteinreiche Futter.
Weibchen ändern ihre Präferenz rascher als Männchen, befruchtete
Weibchen rascher als jungfräuliche.

Um das Fressverhalten zu dokumentieren, ließen sich die Forscher
einen simplen aber raffinierten Trick einfallen. Das mit Hefe
angereicherte Futter wurde blau eingefärbt, die zuckerreiche Nahrung
rot. Um herauszufinden, was die Fliegen gefressen hatten, mussten die
Forscher nur den transparenten Leib der Fliegen unter dem Mikroskop
betrachten.

"Dieser Versuchsansatz und die ausgereiften Methoden der
Fliegengenetik erlaubten es uns, noch einen Schritt weiter zu gehen",
erläutert Carlos Ribeiro. "Wir können nun die Moleküle und Neuronen
beschreiben, die befruchtete Weibchen rascher reagieren lassen. Wir
wissen auch, welche Moleküle im Fliegen-Gehirn dafür verantwortlich
sind, Proteinmangel zu erkennen und auf andere Nahrungsquellen
umzuschalten. Damit haben wir quasi den molekularen Sensor entdeckt."

Dieser Fühler scheint auch bei anderen Spezies das Fressverhalten
der Weibchen zu regulieren. Weibliche Moskitos etwa sind auf Blut als
Eiweißquelle angewiesen, damit sich ihre Eier entwickeln können. Der
Impuls, zu stechen und Blut zu saugen, könnte durch den gleichen
molekularen Sensor gesteuert sein wie bei Drosophila. Selbst auf
Wirbeltiere und damit den Menschen lassen sich die Erkenntnisse
übertragen. Die Regulation der Aufnahme von Eiweiß und Kohlenhydraten
ist möglicherweise auch bei der Entstehung von Essstörungen von
Bedeutung - eines der großen Gesundheitsprobleme in westlichen
Gesellschaften.

Carlos Ribeiro über die praktischen Konsequenzen der
Forschungsergebnisse: "Wenn wir verstehen, wie der Sensor bei
Fruchtfliegen das Verlangen nach eiweißreicher Nahrung steuert, wäre
es denkbar, in dieses Steuerungssystem einzugreifen. Bei
Moskitoweibchen könnten wir so zum Beispiel den Bluthunger
unterdrücken und damit den Übertragungsweg der Malaria-Parasiten
blockieren."

Das Forschungsprojekt wurde durch die Europäische
Molekularbiologie Organisation (EMBO), den Schweizerischen
Nationalfonds, die Champalimaud Stiftung und Boehringer Ingelheim
gefördert.

Die Arbeit "Sex Peptide Receptor and Neuronal TOR/S6K Signalling
Modulate Nutrient Balancing inDrosophila" von Carlos Ribeiro und
Barry J. Dickson wurde am 13. Mai 2010 in der online-Ausgabe der
Zeitschrift Current Biology veröffentlicht (DOI
10.1016/j.cub.2010.03.061).

Rückfragehinweis:
Dr. Heidemarie Hurtl
IMP Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie
Tel. +43 1 79730 3625
Mobil: +43 664 8247910
hurtl@imp.ac.at

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/6794/aom

Originaltext: IMP Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/80128
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_80128.rss2


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