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Börsen-Zeitung: Spekulanten als Sündenböcke, Marktkommentar von Stephan Balling

Geschrieben am 26-02-2010

Frankfurt (ots) - An allem sind die Spekulanten schuld. Das war
schon immer so, und es wird immer so bleiben. Denn schließlich muss
ein Sündenbock her. Allein: Die Rechnung geht nicht auf, der Vorwurf
läuft ins Leere. In der Regel sind Spekulationen die Folge, nicht die
Ursache von Ungleichgewichten. Das gilt für Unternehmensbilanzen wie
für Staatshaushalte. Häufig sind es sogar ausgerechnet Spekulanten,
die die Märkte wieder ins Lot bringen.

Zwei Schlagzeilen ließen die Kritik an Spekulanten in der
vergangenen Woche aufleben. Erstens: Banken spekulieren mit Hilfe
sogenannter Credit Default Swaps (CDS), also Derivaten zur
Absicherung von Kreditrisiken, gegen Griechenland. Angeblich kaufen
Kreditinstitute wie Credit Suisse, UBS, Société Générale, BNP Paribas
und Deutsche Bank CDS und treiben so die Risikoprämien, die
Griechenland auf neu ausgegebene Staatsanleihen zahlen muss, in die
Höhe. Sie verdienen an den höheren Zinsen, die sie für neue Bonds
bekommen, und, sollten sie Griechenland mit ihrem Gebaren in die
Pleite stürzen, an den dann fälligen Ausfallzahlungen der
CDS-Verkäufer.

Zweitens wird kolportiert, dass US-Hedgefonds versuchen, den Euro
zu schwächen. Wie anno 1992, als der US-Milliardär George Soros gegen
das britische Pfund spekulierte und so das Europäische Währungssystem
zum Einfall brachte, sei das. Nun ist nicht alles, was hinkt, ein
Vergleich. Manch Hinkendes ist einfach Unsinn. Griechenland heute und
Großbritannien vor 20 Jahren haben lediglich den Anfangsbuchstaben
gemeinsam. Damals waren Wechselkursschwankungen zwischen den
Währungen einzelner europäischer Staaten begrenzt. Soros spekulierte
gegen diesen staatlichen Eingriff und gewann. Heute sind die
Wechselkurse flexibel. Euro und Dollar schwanken frei. Da ist es
durchaus legitim, darauf zu setzen, dass der Euro fällt. Zumal das
Gros der Analysten den Euro für überbewertet hält. Statt bei derzeit
1,36 Dollar liegt sein fairer Wert je nach Analystenschätzung
zwischen 1,22 und 1,33 Dollar.

Wenn es also stimmt und sich tatsächlich mehrere Hedgefonds gegen
den Euro positionieren: Willkommen, sie gleichen den Markt aus,
stiften also auch volkswirtschaftlichen Nutzen. Dass sie dabei selbst
Geld verdienen, sollte in einer freien Marktwirtschaft niemand
kritisieren.

Aber zurück zum ersten Punkt, zu der Kritik an CDS. Manchmal ist
es sinnvoll, eine Sache zu Ende zu denken, bevor man ein Urteil
fällt. Gerade hat eine Reihe von Banken verkündet, keine griechischen
Staatsanleihen mehr kaufen zu wollen. Muss Griechenland bei künftigen
Emissionen höhere Zinsen zahlen, haben die Banken davon also gar
nichts. Allerdings sinken die Kurse jener Anleihen, die sie bereits
im Bestand haben. Das kann zu Abschreibungen führen. Eine
Verschärfung der Situation in Griechenland nutzt ihnen also nichts,
sie schadet.

Natürlich steigt derzeit die Risikoprämie, die Griechenland zahlen
muss. CDS mögen dazu ihren Teil beitragen, die Situation zu
verschärfen. Tatsächlich hat sich das Volumen von
Kreditversicherungen gegen Griechenland im vergangenen Jahr auf 84,4
Mrd. Dollar verdoppelt. Aber das Nettovolumen, das die Verkäufer der
CDS im Falle einer Insolvenz Griechenlands tatsächlich zahlen müssen,
ist lediglich um 4% auf 8,9 Mrd. Dollar gestiegen. Offensichtlich
nutzen Investoren die CDS zum überwiegenden Teil nur, um sich
wirklich abzusichern.

Das wachsende CDS-Volumen ist also Folge, nicht Ursache der
schlechteren griechischen Refinanzierungsbedingungen. Das zeigt auch
der Blick auf die CDS-Konditionen in anderen europäischen Staaten.
Während sich der CDS-Satz auf griechische Staatsanleihen seit Januar
2009 mehr als verdoppelt hat, ist der entsprechende Spread für die
Absicherung von irischen Staatsbonds um mehr als die Hälfte gesunken.
Noch einmal: Wir sprechen von Irland, jener Insel, die aufgrund ihrer
schweren Bankenprobleme noch vor wenigen Monaten beinahe im Atlantik
versunken wäre. Wäre das nicht ein wesentlich lohnenderes
Spekulationsobjekt gewesen?

Das wäre es nicht. Denn Irland hat vor der Krise gut
gewirtschaftet und Haushaltsüberschüsse erzielt. Außerdem hat das
Land bereits ein ambitioniertes Sparprogramm aufgelegt. Zwar ist die
Lage in Irland derzeit nicht viel besser als in Griechenland. Aber
offenbar trauen die Märkte den Iren zu, sich aus der Krise
herauszuarbeiten. Bessere Regierungsführung ist der Unterschied zu
Griechenland. Und eben nicht die Willkür der Spekulanten.

Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2

Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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