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Aus Gottes Frieden leben - für gerechten Frieden sorgen/ Ein evangelisches Wort zu Krieg und Frieden in Afghanistan

Geschrieben am 25-01-2010

Hannover (ots) - In dieser Woche findet die Afghanistankonferenz
in London statt. Die Bundeskanzlerin gibt eine Regierungserklärung
ab, der Deutsche Bundestag debattiert über das Thema. Wir nehmen
diese politischen Termine zum Anlass, einige Gesichtspunkte zu
unterstreichen, die wir - in unseren Ämtern als Vorsitzende des Rates
der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), als
Friedensbeauftragter des Rates und als evangelischer Militärbischof -
in der aktuellen Diskussion über Krieg und Frieden in Afghanistan
geltend gemacht haben. Dabei orientieren wir uns an der
Friedensdenkschrift der EKD aus dem Jahr 2007. Auch angesichts der
Lage in Afghanistan bewähren sich ihre beiden Leitgedanken:
Christinnen und Christen leben aus Gottes Frieden und sollen für
gerechten Frieden sorgen.

Die Vereinten Nationen haben mit der vom Sicherheitsrat
beschlossenen militärischen Intervention den Weg für eine bessere
Zukunft Afghanistans frei machen wollen. Das Ziel war und ist die
Überwindung des Terrors der Taliban und der Aufbau der
Zivilgesellschaft. Nach mehr als acht Jahren ist es Zeit, Bilanz zu
ziehen und, wo erforderlich, Kurskorrekturen vorzunehmen.

In dieser Situation wenden wir uns an die Mitglieder des Deutschen
Bundestages und die Bundesregierung und bitten sie, sich für
Folgendes einzusetzen und dafür auch internationale Unterstützung zu
suchen:

1) Eine umfassende Bestandsaufnahme der Lage in Afghanistan unter
Beteiligung der zivilen Hilfsorganisationen ist dringlich. Dabei muss
der Aufbau der Zivilgesellschaft die erkenntnisleitende Frage sein.

2) Das politische Konzept für Afghanistan hat neben der zivilen
auch eine militärische Seite. Sie ist von vornherein unter dem
Gesichtspunkt zu betrachten, wie der Aufbau der Zivilgesellschaft
geschützt und gefördert werden kann. Wir werben dafür, dass nicht die
militärische Logik das Denken, Planen und Organisieren für
Afghanistan beherrscht, sondern dass den zivilen Anstrengungen der
Vorrang zukommt, der ihnen in friedensethischer Hinsicht gebührt.

3) Im zivilen Aufbau sind erste Erfolge zu verzeichnen. Ohne die
ISAF-Schutztruppen wäre vieles davon nicht möglich gewesen.
Andererseits gibt es viele Opfer auf ziviler und militärischer Seite,
und der Wiederaufbau des Landes kommt nur schleppend voran. So bleibt
die Bilanz zwiespältig und ernüchternd.

4) Die Konsequenz kann nur heißen, die Arbeit der zivilen
Friedenskräfte der Regierungen und den Beitrag der der Entwicklung
und der humanitären Hilfe dienenden Nichtregierungsorganisationen
quantitativ und qualitativ zu verbessern. Auf die folgenden Faktoren
wird besonders zu achten sein: die öffentliche Ordnung, die
Sicherheit der Bevölkerung durch polizeilichen Schutz und ein
funktionierendes Rechtssystem, den Aufbau einer Wirtschaft, die nicht
auf Krieg und Rauschgiftproduktion angewiesen ist, die Integration
von Bevölkerungsgruppen, die von den Taliban abhängig sind, und die
Anbahnung von Gesprächen mit den Taliban selbst, die Gewährleistung
der Basisinfrastruktur und die Überwindung des offensichtlichen
Legitimitätsdefizits der afghanischen Regierung.

5) Das zivile und das militärische Handeln müssen aufeinander
bezogen und zugleich deutlich voneinander unterschieden sein. Die
afghanische Bevölkerung muss wissen, ob sie es im konkreten Fall mit
militärischen oder mit zivilen Kräften zu tun hat. Dies ist für den
Erfolg des gesamten Einsatzes von grundlegender Bedeutung.

6) Eine Intervention mit militärischen Zwangsmitteln wie in
Afghanistan muss von einer Politik getragen werden, die über klare
Strategien und Ziele verfügt, Erfolgsaussichten nüchtern veranschlagt
und von Anfang an bedenkt und darlegt, wie eine solche Intervention
auch wieder beendet werden kann.

7) Bei den in der Friedensdenkschrift der EKD entwickelten
Kriterien für den Einsatz rechtserhaltender Gewalt handelt es sich um
Prüfgesichtspunkte, die es erlauben sollen, die Handlungsoptionen
ethisch zu beurteilen. Wir sehen gegenwärtig nicht, dass der Einsatz
anhand der friedensethischen Kriterien eindeutig gebilligt oder
abgelehnt werden könnte. Sicher aber ist: Die Prüfung weist auf
deutliche Defizite hin. Ein bloßes "Weiter so" würde dem
militärischen Einsatz in Afghanistan die friedensethische
Legitimation entziehen.

Auf nationaler Ebene bitten wir, folgende Option zu prüfen: Der
Deutsche Bundestag sollte im Zusammenhang mit der Erteilung des
Mandats für die Bundeswehr einen Beschluss auch zum Einsatz der
zivilen Kräfte fassen. Mit einer solchen "Mandatierung" wäre eine
deutlichere öffentliche Wahrnehmung und Wertschätzung der zivilen
Anstrengungen verbunden. Die Aufwendungen für das zivile Engagement
sollten erkennbar zu denen des militärischen Einsatzes in Beziehung
gesetzt werden. Darüber hinaus sollte ein Datum beschlossen werden,
an dem der gesamte Einsatz evaluiert wird.

Frieden muss "gestiftet", also gemacht, werden. Wir bekunden
allen, die in Afghanistan für den Frieden arbeiten - den
Mitarbeitenden der zivilen Aufbauhilfe, dem diplomatischen Dienst,
den politischen Repräsentanten der Vereinten Nationen, den
Angehörigen der Bundeswehr und anderer internationaler Streitkräfte
-, unseren Respekt und unsere Dankbarkeit. Wir beten für den Frieden
in Afghanistan und das friedliche Zusammenleben der verschiedenen
Volksgruppen in diesem Land. In unsere Fürbitte beziehen wir die
Mitglieder des Deutschen Bundestages und der Bundesregierung ein. Wir
wissen um die Last, die sie zu tragen und die Verantwortung, welche
sie wahrzunehmen haben. Die evangelische Kirche beteiligt sich mit
Hilfsorganisationen am zivilen Aufbau des Landes und begleitet die
Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr durch ihre Militärseelsorge.

Bei all unserem Reden und Tun lassen wir uns vom Friedenzeugnis
der Heiligen Schrift leiten: Frieden ist eine Frucht der
Gerechtigkeit, heißt es im Buch des Propheten Jesaja. Und Jesus nennt
in der Bergpredigt die selig, die Frieden stiften. Gottes Frieden
anzusagen und, getragen von dieser Gewissheit, sich für einen
gerechten Frieden auf dieser Erde einzusetzen, ist Aufgabe der
Kirche.

Hannover, 25. Januar 2010

Landesbischöfin Dr. Margot Käßmann,
Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland

Präses Nikolaus Schneider,
stellvertretender Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in
Deutschland

Landessuperintendent Dr. Martin Dutzmann,
Evangelischer Militärbischof

Schriftführer Renke Brahms,
Friedensbeauftragter des Rates der Evangelischen Kirche in
Deutschland

Originaltext: EKD Evangelische Kirche in Deutschland
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55310
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55310.rss2

Pressekontakt:
Evangelische Kirche in Deutschland
Reinhard Mawick
Herrenhäuser Strasse 12
D-30419 Hannover
Telefon: 0511 - 2796 - 269
E-Mail: reinhard.mawick@ekd.de


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