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Hirnforscher: "Mediale Gehirnwäsche führt zu mehr realer Gewalt"

Geschrieben am 29-12-2009

Stuttgart (ots) - Die Ursache für zunehmende Jugendgewalt sehen
die meisten Deutschen auch in der fehlenden Zuwendung der Eltern -
repräsentative Umfrage über die Jugend

Die große Mehrheit der Deutschen, nämlich 83 Prozent, geht davon
aus, dass fehlende Zuwendung der Eltern eine der Ursache von
Jugendgewalt ist. Das ergab eine repräsentative Untersuchung des
Meinungsforschungs¬instituts Emnid im Auftrag des Magazins Reader's
Digest. In seiner Januar-Ausgabe berichtet das Magazin ausführlich
über die Untersuchung, fragt nach den Ursachen und analysiert mit
Experten die Hintergründe für die vielfach zunehmende Jugendgewalt.

"Aggression und Gewalt sind häufig Ausdruck fehlender
Konfliktlösestrategien", sagt Angela Ittel, Professorin für
Pädagogische Psychologie an der Technischen Universität Berlin.
Dennoch warnt sie davor, die Schuld an der Entwicklung allein der
mangelhaften Fürsorge durch Vater und Mutter zu geben. "Es sind
sicher nicht allein die Eltern verantwortlich, wenn Jugendliche
gewalttätig werden."

Nach der offiziellen polizeilichen Kriminalstatistik ist die Zahl
der Körperverletzungen, bei denen Kinder und Jugendliche als Täter in
Frage kommen, zwischen den Jahren 1998 (61.518) und 2008 (87.345)
massiv angestiegen. Das deckt sich mit dem Eindruck vieler Bürger. So
meinen 81 Prozent der Befragten Kinder und Jugendliche seien heute
gewalttätiger als vor zehn Jahren. Doch Christian Pfeiffer, Direktor
des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, warnt vor
vorschnellen Urteilen. Zwar hätten die Körperverletzungsdelikte in
der Tat zugenommen, es werde aber auch schneller Anzeige erstattet
als dies früher der Fall war.

Fakt ist auch: 76 Prozent derjenigen, die von einer Zunahme der
Jugendgewalt überzeugt sind, sehen in der mangelnden Integration von
Jugendlichen mit Migrationshintergrund eine Ursache für die
Entwicklung. Kriminologe Pfeiffer bestätigt die steigenden Fallzahlen
bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund und nennt als häufige
Ursache die innerfamiliäre Gewalt, Alkohol- und Drogenkonsum und das
Festhalten an gewaltorientierten Männlichkeitsnormen. "Schaut man
allerdings genauer hin und betrachtet Jugendliche mit und ohne
Migrationshintergrund, die vergleichbare Familienstrukturen,
Schullaufbahnen und soziale Rahmenbedingungen aufweisen, zeigt sich,
dass dann kein Unterschied besteht", sagt der Experte.

Interessant ist auch folgendes Ergebnis der Umfrage: Zwar sind die
älteren Menschen am häufigsten der Meinung, die Jugend von heute sei
gewalttätiger als noch vor zehn Jahren, aber nur zehn Prozent der
über 60-Jährigen hatte schon einmal Angst vor Jugendlichen. Zum
Vergleich: Bei den 30- bis 39-Jährigen liegt dieser Wert bei 21
Prozent, bei den 14- bis 29-Jährigen gar bei 31 Prozent.

Aus Sicht der Experten ist die gefühlte Zunahme der
Jugendkriminalität vor allem auf die Eindrücke aus den Medien
zurückzuführen. "Dort haben die Berichte über Gewalt und insbesondere
extreme Gewaltformen erheblich zugenommen. Gespiegelt wird gleichsam
kein Anstieg der Gewalt, sondern der Anstieg der Berichterstattung",
beklagt der Kriminologe Michael Walter aus Köln im Magazin Reader's
Digest.

So zeigten sich 88 Prozent der Bürger in der Umfrage davon
überzeugt, dass Kinder und Jugendliche heutzutage zu viel Zeit vor
dem Computer verbringen. 79 Prozent derer, die von einer Zunahme bei
der Jugendgewalt überzeugt sind, gaben zudem an, sie würden in
gewaltverherrlichenden Video- und Computerspielen einen Grund für die
verstärkte Jugendgewalt sehen.

Eine Überzeugung, die der Ulmer Hirnforscher Manfred Spitzer
teilt. "Das, was wir immer wieder erleben, bleibt hängen. Unser
Gehirn ist geradezu begierig darauf, immer Wiederkehrendes in sich
aufzunehmen." Aus Sicht von Spitzer werde kein Jugendlicher durch den
Konsum eines Krimis automatisch kriminell. "Aber die Tausenden von
Stunden medialer Gehirnwäsche, die wir unseren Kindern zumuten und
bei der sie wieder und wieder die Erfahrung machen, dass es keine
Alternative zur Gewalt gibt, sie nicht wehtut und der Täter
davonkommt, müssen langfristig zu mehr Gewalt in der realen Welt
führen."

Was aber dagegen tun? 57 Prozent der Befragten, die über steigende
Jugendgewalt besorgt sind, gaben an, das geltende Jugendstrafrecht
sei nicht abschreckend genug. "Aber Gewalt gegen Gewalt ist
bekanntlich nicht die beste Lösung", warnt Walter. Gerade im Bereich
der Migrantenkinder werben die Fachleute vielmehr für einen Ausbau
der Frühförderung: "Je besser Immigranten integriert sind, desto
geringer ist die Gewaltrate", hat Kriminologe Pfeiffer festgestellt
und ergänzt: "Wir können aufzeigen, dass die Gewaltbereitschaft
junger Migranten deutlich sinkt, wenn ihnen Bildungschancen angeboten
werden." Für 48 Prozent der Bevölkerung steht jedenfalls fest, dass
Kinder aus sozial schwächeren Familien eher gewalttätig sind als
andere.

Zur Methode der Umfrage:
Am 20. und 21. Oktober 2009 wurden bundesweit repräsentativ 1001
Menschen befragt.

Schlaglichter aus der Umfrage über die Jugend:

88 Prozent der deutschen Bevölkerung sind überzeugt: Kinder und
Jugendliche verbringen heute zu viel Zeit vor dem Computer.

87 Prozent der Frauen glauben, dass es Jugendlichen an elterlicher
Zuwendung mangelt und sie deshalb schnell zuschlagen.

86 Prozent der Frauen glauben, Jugendliche und Kinder seien heute
gewalttätiger als vor zehn Jahren.

82 Prozent der 14- bis 29-Jährigen meinen, Kinder und Jugendliche
seien heute oft zu frech oder vorlaut.

79 Prozent der 60-Jährigen und Älteren meinen, Jugendliche und
Kinder hätten heute vielfach zu hohe Ansprüche.

48 Prozent der Menschen in Deutschland sind der Meinung,
Jugendliche aus sozial schwächeren Familien seien gewalttätiger als
andere. Genauso viele glauben, dass zwischen sozialer Stellung und
Gewalttätigkeit kein Zusammenhang besteht.

10 Prozent der 60-Jährigen und Älteren in Deutschland haben sich
schon einmal von Jugendlichen bedroht gefühlt. Der niedrigste Wert
aller Altersgruppen.

Für weitere Informationen zu diesem Reader's Digest-Thema stehen
wir gerne zur Verfügung. Die Januar-Ausgabe von Reader's Digest
Deutschland ist ab sofort an zentralen Kiosken erhältlich.

Artikel aus der Januar-Ausgabe zum Download:
http://www.readersdigest.de Auf Service für Journalisten klicken
(Rubrik Magazin Reader's Digest)

Originaltext: Reader's Digest Deutschland
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/32522
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_32522.rss2

Pressekontakt:
Reader's Digest Deutschland: Verlag Das Beste GmbH
Öffentlichkeitsarbeit, Uwe Horn
Vordernbergstraße 6, 70191 Stuttgart
Tel.: 0711 / 6602-521, Fax: 0711 / 6602-160,
E-mail: presse@readersdigest.de


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