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Migrantenkinder: Große Fähigkeiten und doch vernachlässigt / Deutsche Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin sieht immensen Handlungsbedarf

Geschrieben am 03-08-2006

Aschaffenburg (ots) - Bei der Fußball-Weltmeisterschaft war die
Freude über die vielen Gäste aus aller Welt groß gewesen. Nicht ganz
so ungetrübt scheint dagegen die Einstellung der Deutschen zu
Menschen und speziell Kindern aus anderen Teilen der Welt zu sein,
die schon lange hier leben. Nur so ist es zu erklären, dass die Vor-
und Fürsorge für diese Kinder mit Migrationshintergrund sträflich
vernachlässigt wird, kritisiert die Deutsche Gesellschaft für
Kinderheilkunde und Jugendmedizin (DGSPJ) in Ulm.

Immerhin sind heute zwölf Prozent der Grundschulkinder laut
Statistischem Bundesamt ausländischer Herkunft. In Stuttgart oder
Frankfurt kommen sogar 30 Prozent aller Kinder und Jugendlichen unter
18 Jahren aus Familien mit Migrationshintergrund. In
Fördereinrichtungen oder im Praxisalltag von sozialpädiatrisch
orientierten Kinder- und Jugendärzten stellen sie einen hohen Anteil
von bis zu 30 Prozent unter allen zu behandelnden Kindern dar. Dies
liegt vor allem daran, dass Migrantenkinder häufiger krank und
übergewichtig sind, schlechtere Zähne haben, ein erhöhtes Risiko für
Unfälle tragen und vor allem deutlich mehr - häufig sprachlich
bedingte - Entwicklungsstörungen aufweisen.

Die Ursachen hängen für den Sozialpädiater und
DGSPJ-Vorstandsmitglied Dr. Olaf Kraus de Camargo vor allem damit
zusammen, dass Migrantenfamilien zumeist wenig integriert in
Ghetto-artigen Verhältnissen leben und dadurch kaum die deutsche
Sprache richtig lernen können. Zudem wird häufig auch die
Muttersprache vernachlässigt, was zur doppelten Halbsprachigkeit
führt. Schließlich scheitern Therapie- und Beratungsangebote auch an
den mangelnden sprachlichen Fähigkeiten der Eltern und der Fachleute
selbst. Bleibt bei den Kindern der Schulerfolg aus, ist der Weg zur
Förderschule vorgezeichnet. Die Ausgrenzung, so Kraus de Camargo,
wird somit fortgesetzt.

Dabei gibt es erfolgreiche Ansätze, wie Migrantenkinder gut
integriert werden können. In Kiel werden Jugendlichen mit
Migrationshintergrund im Rahmen des auch von der EU geförderten
Projektes "etki" mit Ausbildungshilfen für Fachschulberufe
erfolgreich gefördert. In Stuttgart erhalten Migrationsfamilien -
koordiniert vom Gesundheitsamt - über die Kindertageseinrichtung und
über eine enge Vernetzung mit anderen Diensten wie
Migrationsfachdiensten oder dem Jugendamt gezielte Unterstützung. Das
Projekt "MIMI - Migranten für Migranten" der Betriebskrankenkassen
zielt darauf ab, Migranten selbst als Mediatoren zu schulen, um das
erlernte Wissen zu Fragen der Ernährung, der Unfallprävention, der
Mundgesundheit oder auch der Familienplanung an junge Migrantinnen
weiter zu geben. Bundesweit unterstützt schließlich die Stiftung
Mercator Initiativen zur Verbesserung der sprachlichen und fachlichen
Fähigkeiten von jungen Migranten durch außerschulischen
Förderunterricht.

Dies alles sind ermutigende Beispiele, die aber nicht darüber
hinweg täuschen dürfen, dass es an systematischen Ansätzen bei der
Versorgung von Migrantenkindern in Deutschland mangelt, kritisiert
DGSPJ-Präsident Professor Harald Bode aus Ulm. Dies, so Bode, sei
umso bedauerlicher, da Kinder mit Migrationshintergrund erstaunliche
Fähigkeiten entwickeln können. Konkret denkt Olaf Kraus de Camargo da
an die so genannten bikulturellen soft skills (Ausschöpfung der
Potentiale von zwei Kulturen), der Förderung der Sprachenvielfalt
auch für deutsche Kinder und auch an die ausgesprochen hohe
Mobilitätsbereitschaft junger Migranten. Diese wird am Arbeitsmarkt
zunehmend gefordert, ist jedoch bei deutschen Jugendlichen weniger
ausgeprägt.

Um diese und andere Potentiale von Migrantenkindern in Zukunft
besser zu nutzen, fordert Bode für die DGSPJ:

- Mehr Respekt und aktivere Wertschätzung der Kinder aus einem
ausländischen Herkunftsland, seiner Kultur und Sprache. So
entsteht Integration auf beiden Seiten da ein solches Vorgehen
den Kindern deutscher Herkunft zur Entwicklung von Toleranz
gegenüber dem "Anders-Sein" verhilft.
- Frühes Erlernen der deutschen Sprache! Gezielte Programme, die
schon im Kindergarten beginnen sollten, müssen jeweils nach
Gruppenstärke und ethnischer Zusammensetzung individuell (auch
gegebenenfalls für Eltern) eingerichtet werden.
- Bei Kindern mit Therapie- oder besonderem Förderbedarf müssen
bikulturelle Besonderheiten berücksichtigt werden. Dazu ist es
zum Beispiel notwenig, im Behandlungsteam Zugang zu
zweisprachigen Therapeuten oder Sozialarbeitern zu haben oder
auch Testverfahren möglichst in mehreren Sprachen vorzuhalten.

Die DGSPJ selbst fördert den Integrationsprozess dadurch, indem
sie in jedem Jahr bei ihrer Jahrestagung den "Preis für
Transkulturelle Pädiatrie" für besonders herausragende Projekte
zugunsten von Migrantenkindern verleiht.


Originaltext: Kindernetzwerk e.V.
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=58954
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_58954.rss2



Pressekontakt für die Deutsche Gesellschaft
für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin:
Dr. Olaf Kraus de Camargo
Vorstandsmitglied
Mail: k-d-c@web.de


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