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MEDIENTAGE MÜNCHEN 2009 - Eröffnung und Mediengipfel Transformation und Regulierung Strukturfonds für meinungsbildende Medien gefordert

Geschrieben am 28-10-2009

München (ots) - Der bayerische Staatsminister Siegfried Schneider
hat zum Auftakt der MEDIENTAGE MÜNCHEN für die Medienregulierung eine
"sektorübergreifende Rechtsordnung" gefordert. Weil das Internet für
die Meinungsbildung eine wachsende Rolle spiele, bedürfe es einer
Neuordnung "die sich von der Fixierung auf den Rundfunk und dessen
Regulierungsdichte löse", sagte der Leiter der Bayerischen
Staatskanzlei in seiner Eröffnungsrede. "Die Länder hatten
möglicherweise in den letzten Jahren zu wenig Mut, neue Wege in der
Regulierung zu beschreiten", regte Schneider neue ordnungspolitische
Diskussionen an. Dabei müsse das gegenwärtig existierende
Medienkonzentrationsrecht "zu einem übergreifenden Instrument der
Vielfaltsicherung weiterentwickelt werden". Einerseits dürfe der
Staat nicht zu stark in Bereiche eingreifen, in denen "die Ergebnisse
auch für die Nutzer stimmen". Das gelte beispielsweise für die
umfangreichen Informationsangebote von Rundfunk, Verlagen und
Internet. Andererseits gebe es Bereiche wie Jugendschutz oder
"Diebstahl geistigen Eigentums", in denen die Medienpolitik gefordert
sei. "Wir können und werden den neuen Markt nicht der Anarchie
überlassen", lautete Schneiders Credo.
Siegfried Schneider sprach bei der Eröffnung der MEDIENTAGE MÜNCHEN
stellvertretend für den Bayerischen Ministerpräsidenten Horst
Seehofer, der wegen der Wahl von Bundeskanzlerin Angela Merkel nach
Berlin gereist war. Einen Tag, bevor Seehofer mit den anderen
Ministerpräsidenten der Bundesländer in Mainz über den 13.
Rundfunkänderungsstaatsvertrag verhandeln wird, sprach sich sein
Staatskanzlei-Chef für ein "fortentwickeltes Gebührenmodell" aus.
Zurzeit werde für die Rundfunkgebühr das neue System einer Haushalts-
und Betriebsstättenabgabe favorisiert, berichtete der Medienminister.
Allerdings müssten vor einer gesetzlichen Umsetzung noch
verfassungsrechtliche Aspekte geprüft werden.
Prof. Dr. Wolf-Dieter Ring, Vorsitzender der
Gesellschafterversammlung der Medientage München GmbH und Präsident
der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), warnte in
seinem Grußwort vor einem Ungleichgewicht. Wenn die Balance im dualen
Rundfunksystem nicht gewahrt werde, sei die Qualität in Gefahr.
"Während beim privaten Rundfunk nach zwei einschneidenden
Werberezessionen in den zurückliegenden acht Jahren die finanzielle
Basis und damit ein Stück weit auch publizistische Substanz
schwindet, rüstet der öffentlich-rechtliche Rundfunk, ausgestattet
mit einer Gebührenerhöhung, zusätzlich im Internet auf", sagte Ring.
"Es liegt auf der Hand, dass die Nachrichtenportale des
öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit ihren Qualitätsinhalten
inhaltlich ähnlich gelagerte Pay-Online-Angebote von Verlagen
unterlaufen", nannte der BLM-Präsident ein konkretes Beispiel, bei
dem es darum gehe, dass die Politik ARD und ZDF "im Zaum" halte.
Der Philosoph und Publizist Richard David Precht warnte, die Politik
dürfe auf die digitalen Herausforderungen des Internet nicht mit
"Deregulierung und Teilnahmslosigkeit" reagieren. Vielmehr gehe es
angesichts der "Fragmentarisierung" von Publikum und Medienangeboten
darum, eine Zersplitterung der Öffentlichkeit zu verhindern.
"Meinungsvielfalt wird allein über das Internet nicht möglich sein",
prognostizierte Precht und schlug zur Qualitätssicherung einen
"Strukturfonds für meinungsbildende Zeitungen vor". Der TV-Branche
sagte der Bestseller-Autor angesichts des starken
Verdrängungswettbewerbs einen weiteren "Gesundschrumpfungsprozess"
voraus.
Google-Manager Philipp Schindler deutete die aktuellen Verschiebungen
auf den Medienmärkten nicht als Verdrängungsprozess, sondern als
einen Veränderungsprozess, der von den Konsumenten
ausgelöst werde. Vorwürfe, Google mache ohne eigene Inhalte Geschäfte
auf Kosten anderer, wehrte Schindler mit dem Hinweis darauf ab, dass
es ohne den Suchmaschinen-Konzern niemand besser gehe. Vielmehr
verstehe sich Google als Partner anderer Medienunternehmen. Eine
ähnliche Rolle nahm auch René Obermann für die Deutsche Telekom in
Anspruch. Der Vorstandsvorsitzende des Branchenführers betonte, die
Telekom betrachte sich bei den aktuellen Transformationsprozessen als
"Teil der Lösung, nicht als Problem".
Während Precht zu staatlicher Regulierung ermutigte, äußerten bei der
anschließenden Podiumsdiskussion sowohl Vertreter des
öffentlich-rechtlichen Rundfunks als auch der privatwirtschaftlichen
Konkurrenz Befürchtungen, es drohe eine "Überregulierung". Vor dem
Hintergrund der Verhandlungen über den 13.
Rundfunkänderungsstaatsvertrag sagte Anke Schäferkordt, die geplante
Umsetzung der EU-Vorgaben zum Thema Product Placement erfordere
nahezu Unmögliches. Schließlich sei deutschen Programmanbietern bei
der Übernahme von US-Produktionen in der Regel nicht bekannt, welche
Produkte gegen Bezahlung platziert worden seien, erläuterte die
Geschäftsführerin der Mediengruppe RTL Deutschland ihre Bedenken.
Der ZDF-Intendant Prof. Markus Schächter und der ARD-Vorsitzende
Peter Boudgoust sprachen im Zusammenhang mit den Themen
Telemedienkonzept und Drei-Stufen-Test von Überregulierung. Jürgen
Doetz, Präsident des Verbandes Privater Rundfunk und Telemedien
(VPRT), hingegen sieht bei der Umsetzung der neuen gesetzlichen
Bestimmungen große Defizite. Die Telemedienkonzepte wiesen vor allem
bei der Beschreibung von Inhalten und bei Finanzierungsangaben große
Lücken auf, monierte Doetz. Prof. Dr. Hubert Burda äußerte den
Verdacht, das ZDF engagiere sich trotz eines rundfunkrechtlichen
Verbotes immer noch im Bereich des digitalen ECommerce. Der
Vorstandsvorsitzende von Hubert Burda Media und Präsident des
Verbandes Deutscher Zeitschriftenverleger berichtete, er habe im
ZDF-Programm Trailer gesehen, die auf gebührenpflichtige
I-Phone-Applikation verwiesen hätten. Intendant Schächter konterte,
das ZDF habe die Koch-Show mit Markus Lanz sublizenziert und sei
selbst für die Vermarktung nicht zuständig.
Auf Kritik bei den Vertretern privatwirtschaftlicher TV-Programme
stößt auch das Beispiel ZDF Neo. Die Umwandlung des ZDF-Dokukanals in
ein an junge Zuschauer gerichtetes Angebot sei ursprünglich ganz
anders angekündigt worden, protestierten Jürgen Doetz und der
geschäftsführende Gesellschafter der Tele München Gruppe, Dr. Herbert
Kloiber. Das am Sonntag startende Programm wende sich mit zahlreichen
fiktionalen US- und BBC-Formaten an die auch von kommerziellen
Anbietern umworbenen junge Zielgruppe. Prof. Schächter erwiderte, das
neue digitale TV-Programm sei wichtig, damit dem ZDF kein
"Generationsabriss" drohe. Im Übrigen sehe das Programmschema zu
fünfzig Prozent Dokumentationen vor.
Zu den umstrittenen Themen der von Focus-Chefredakteur Helmut
Markwort geleiteten Diskussion gehörte das Vorhaben, für das
hochauflösende Fernsehen demnächst den gebührenpflichtigen Standard
HD+ zu etablieren. RTL-Geschäftsführerin Schäferkordt sprach von
einer Service-Gebühr (fünfzig Euro pro Jahr), die allein für den
technischen Zugang entrichtet werden müsse. SES-Astra-Chef Ferdinand
Kayser verteidigte das neue Entgelt mit den höheren Kosten, die für
den Datentransport von HD+-Programmen anfielen. Seien diese Ausgaben
refinanziert, würden auch die TV-Programmanbieter an den Einnahmen
beteiligt. Dr. Adrian von Hammerstein, Vorsitzender der
Geschäftsführung der Kabel Deutschland GmbH, verwies darauf,
HD-Angebote benötigten vier Mal so viel Transportkapazität wie
herkömmliche digitale Kanäle.
Der ProSiebenSat.1-Vorstandsvorsitzende Thomas Ebeling rechtfertigte
die Tatsache, dass HD+ nur noch begrenzt das Vorspulen von
aufgezeichneten Sendungen ermöglicht, mit der Notwendigkeit von
Werbeeinnahmen. Er nannte es einen "fairen Kompromiss", dass
Zuschauer Werbung bei HD+-Angeboten nicht mehr durch das Vorspulen
überspringen könnten. Schließlich garantiere dies den Anbietern
Werbeerlöse, die wiederum in die Qualität der Programme investiert
werden könnten.
Während die Digitalisierung im Fernsehsektor voranschreitet, herrscht
im Hörfunkbereich seit Jahren Stagnation. VPRT-Präsident Doetz sagte
dem Standard Digital Audio Broadcasting keine große Zukunft mehr
voraus. BLM-Präsident Ring erwiderte, ohne Digitalisierung habe der
Hörfunk keine Zukunft. Wenn die Politik die Frequenzen freigebe,
würden die Landesmedienanstalten demnächst entsprechende Ressourcen
ausschreiben. Eine Umstellung auf digitalen Radioempfang sei
flächendeckend aber frühestens für 2018 zu erwarten.

Originaltext: Medientage München
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/61644
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_61644.rss2

Pressekontakt:
Medientage München
Anja Kistler
Telefon: 089/68999250
Fax: 089/68999199
anja.kistler@medientage.de


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