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Beschluss des Landgerichts Hamburg über Packungsgrößen: Aloysius war nicht in Hamburg

Geschrieben am 07-10-2009

Berlin (ots) - Die Apotheken sind gesetzlich verpflichtet,
anstelle eines vom Arzt verordneten nicht unter Rabattvertrag
stehenden Arzneimittels ein wirkstoffgleiches rabattbegünstigtes
Arzneimittel abzugeben, wenn die Voraussetzungen für die Substitution
vorliegen. Der Austausch setzt u. a. voraus, dass die Packungsgröße
verordneten mit der des rabattbegünstigten Medikaments identisch ist.
Bislang gilt, dass eine 100er Packung nur gegen eine 100er Packung
ausgetauscht werden darf.

In einer Einstweiligen Verfügung hat das Landgericht (LG) Hamburg
in Sachen Omeprazol nunmehr (vorläufig) entschieden, dass es genüge,
wenn die Normgröße zweier Packungen identisch sei. Die numerische
Identität im Sinne der konkreten Stückzahl sei nicht vonnöten. Eine
100er N3-Packung kann diesem Beschluss zufolge ebenso durch eine 98er
N3-Packung ersetzt werden wie eine 56er oder eine 60er N3-Packung.

Peter Schmidt, der Geschäftsführer des Branchenverbandes Pro
Generika kommentiert diese Entscheidung wie folgt:

"Ein bekannter Juristenspruch lautet: "Vor Gericht und auf hoher
See sind wir alle in Gottes Hand". Dies trifft insbesondere auf die
Verfahren zu, bei denen das Gericht seine Entscheidung - wie hier -
aufgrund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage trifft.

Der einschlägige Beschluss des LG Hamburg steht zum einen nicht
nur nach Auffassung von Pro Generika juristisch auf tönernen Füßen.
Zum anderen, und das war dem Gericht wohl nicht hinlänglich bewusst,
verlagert es die Therapiehoheit partiell von den Ärzten auf die
Krankenkassen. Die vom Arzt verordnete Menge spielt ihm zufolge
nämlich überhaupt keine Rolle. Ob der Arzt eine N3-Packung Omeprazol
mit 56, 60 oder 100 Kapseln verschreibt, ist völlig egal. Denn die
Apotheke hätte laut LG stets die rabattbegünstigte 98er Packung
Omeprazol abzugeben, wenn die übrigen Voraussetzungen einer
Substitution erfüllt sind. Die Krönung des Ganzen: Der Arzt erführe
nicht einmal, dass sein Patient zwei Kapseln weniger bzw. 38 oder
sogar 42 Kapseln mehr als von ihm verordnet, erhalten hat.

Bei der Krankenkasse hat die Therapiehoheit nun wirklich nichts,
aber auch gar nichts zu suchen. Die Entscheidung, mit welcher Menge
eines Arzneimittels ein Patient zu versorgen ist, gehört vielmehr zum
Kernbereich der ärztlichen Tätigkeit. In diesen Bereich darf niemand
- auch kein Gericht - eingreifen. Die ungeteilte und alleinige
Verantwortung für die rationale Verordnung der Menge des von ihm
ausgewählten Arzneimittels liegt beim Arzt. Und dort muss sie auch
bleiben.

Nota bene: Wie soll ein Arzt seiner Verpflichtung zur
Therapiekontrolle nachkommen, wenn er nicht einmal weiß, wie viele
Tabletten/Kapseln sein Patient in der Apotheke erhalten hat?

Therapiehoheit und -sicherheit müssen vor allen anderen Erwägungen
ohne Wenn und Aber immer Vorrang haben. Die geschäftlichen Interessen
von Pharmaunternehmen müssen diesen Aspekten gegenüber ebenso
zurücktreten wie das Interesse von Krankenkassen an der Maximierung
ihrer Einnahmen aus Rabattverträgen. Aus 56, 60 oder 100 verordneten
Kapseln dürfen demgemäß nicht 98 abgegebene Kapseln werden (Ausnahme:
unaufschiebbare Versorgung im Nacht- und Notdienst).

Nach alledem kann und darf es nicht beim Beschluss des LG Hamburg
bleiben. Ich appelliere an die neue Koalition den Streit sowohl um
die Auslegung des Begriffs "gleicher Indikationsbereich" als auch um
die Interpretation des Kriteriums "identische Packungsgröße" per
Gesetz aus der Welt zu schaffen. Die Therapiehoheit der Ärzte, die
Therapiesicherheit der Patienten und ihre Therapietreue dürfen nicht
durch exzessive Auslegungen der Substitutionsregelungen aufs Spiel
gesetzt werden. Der Gesetzgeber muss die angesprochenen schwammigen
Formulierungen daher dringend präzisieren und klarstellen.

Der Engel Aloysius, der laut Karl Valentin die göttlichen
Ratschlüsse überbringt, soll sich ja immer noch im Hofbräuhaus
aufhalten. Das mag stimmen oder auch nicht. In Hamburg war er
jedenfalls nicht."

Originaltext: Pro Generika e.V.
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/54604
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_54604.rss2

Pressekontakt:
Peter Schmidt, Geschäftsführer, Tel.: (030) 81 61 60 9-0,
info@progenerika.de, www.progenerika.de


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