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Börsen-Zeitung: Trügerische Normalität, Börsenkommentar "Marktplatz" von Dieter Kuckelkorn

Geschrieben am 18-09-2009

Frankfurt (ots) - Allen Unkenrufen zum Trotz haben die
Aktienmärkte in der gerade beendeten Handelswoche aufs Neue deutliche
Kurszuwächse verzeichnet. Der Dax beispielsweise kam auf ein Plus
gegenüber dem Freitag der Vorwoche von 1,4%. Seit Jahresanfang hat
der deutsche Leitindex bereits um 19% angezogen. Wie es scheint,
kehrt die Normalität zurück, denn der Dax liegt nur noch 10% unter
dem Stand unmittelbar vor dem Konkurs der US-Investmentbank Lehman
Brothers vor gut einem Jahr.

Getragen wird die Zuversicht der Anleger im Wesentlichen von
Konjunkturdaten, wobei der Markt, wie die Analysten der WestLB
anmerken, vor allem auf die kontinuierliche Verbesserung der
Erwartungskomponente reagierte. Auf den Frühindikatoren basieren auch
die erstaunlich optimistischen Gewinnerwartungen der Analysten. So
wird beispielsweise für die Aktien aus dem Stoxx-600-Universum im
Schnitt für das laufende Jahr gar kein Gewinnrückgang, sondern - man
höre und staune - ein leichter Anstieg der Ergebnisse erwartet.

2010 sollen die Unternehmen dann aus dem Vollen schöpfen:
Prognostiziert wird eine Verbesserung der Ertragslage um fast 30%.
Dabei erscheinen die Märkte auf den ersten Blick nicht einmal teuer.
Der Dax etwa kommt auf Basis der Ergebnisschätzungen für 2010 auf ein
Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 12,6, womit er den langjährigen
Durchschnitt trotz der Rally immer noch unterbietet.

Die Erwartung einer Rückkehr zur Normalität könnte sich allerdings
als trügerisch erweisen. Eine Analyse zeigt, dass das Marktumfeld
keineswegs so positiv ist, dass das Tempo und der Umfang der Rally
damit zu rechtfertigen wären.

So lässt sich die aktuelle Lage schon deshalb nicht als normal
bezeichnen, weil die Rally nicht von einem kraftvollen Aufschwung
getragen wird - die wichtigsten Volkswirtschaften haben die schwerste
Rezession seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs gerade erst hinter
sich gelassen. Es existieren bislang fast nur "Green Shoots" in Form
von hoffnungsvoll stimmenden Frühindikatoren, deren Perspektiven erst
noch durch harte Fakten in Form einer zügig erfolgenden
konjunkturellen Erholung untermauert werden müssen. In dieser
Hinsicht bestehen nach wie vor Zweifel, denn beispielsweise der
Arbeitsmarkt dürfte bis weit ins kommende Jahr hinein steigende
Arbeitslosenquoten aufweisen. Damit zeichnet sich ab, dass die
Gewinnerwartungen, die den scheinbar günstigen Bewertungsniveaus
zugrunde liegen, zu optimistisch sind.

Es ist auch keineswegs der Normalfall, dass die Rally durch
gewaltige Liquiditätsmengen alimentiert wird, mit denen die
Notenbanken die Märkte zur Verhinderung einer finanziellen
Kernschmelze geflutet haben. Sollten insbesondere die Zentralbanken
ernsthaft damit beginnen, die Liquidität wieder zurückzuführen,
werden die zahlreichen Mini-Bubbles, die sich mittlerweile bei
Aktien, Rohstoffen, Anleihen sowie Assets aus den Emerging Markets
aufgebaut haben, unweigerlich platzen. Ein Kurswechsel der
Notenbanken wird spätestens dann erfolgen, wenn die derzeit noch
durch Abwesenheit glänzende Inflation wieder in Erscheinung tritt.

Für den deutschen Aktienmarkt gibt es noch weitere Gefahren. Als
kurzfristiger Faktor zu nennen ist die Bundestagswahl am 27.
September. Zwar haben politische Börsen meist kurze Beine. Zu
erwarten ist aber dennoch, dass sich die Marktakteure umso mehr
zurückhalten werden, je näher der Wahltermin rückt. Dies gilt vor
allem dann, wenn der laut Umfragen immer noch vorhandene minimale
Vorsprung für eine schwarz-gelbe Regierungskoalition abhandenkommen
sollte.

Von noch größerer Bedeutung ist die Dollar-Schwäche. Sie könnte,
insbesondere wenn der Greenback rasch an Wert verliert, die
Gewinnprognosen für exportorientierte deutsche Unternehmen Makulatur
werden lassen. Außerdem würde ein starker Wertverlust des Greenback
auch das Vertrauen in die USA erschüttern, was auf eine tiefgreifende
Änderung des Marktumfelds hinausliefe.

Der deutsche Aktienmarkt weist somit ein hohes Rückschlagpotenzial
auf. Es wäre daher nicht verwunderlich, wenn die Rally bereits
kurzfristig durch eine Korrekturphase abgelöst würde.

(Börsen-Zeitung, 19.9.2009)

Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377
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Pressekontakt:
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Telefon: 069--2732-0
Weitere Informationen: www.boersen-zeitung.de


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