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Börsen-Zeitung: Von wegen nachhaltig, Kommentar von Peter Olsen zum beabsichtigten Verkauf von Opel an Magna

Geschrieben am 10-09-2009

Frankfurt (ots) - Wieder einmal scheint eine Einigung über die
Zukunft des europäischen Geschäfts von General Motors (GM) erreicht.
Und das von der deutschen Politik sowie der Opel-Belegschaft
favorisierte Bieterkonsortium Magna/Sberbank könnte tatsächlich das
Rennen machen. Nachdem es im Frühjahr schon einmal eine
Absichtserklärung entsprechenden Inhalts gab, vor Wochen der
kanadisch-österreichische Zulieferer schon von unterschriftsreifen
Verträgen sprach - das Dementi von GM folgte postwendend -, begrüßen
nun alle Seiten den beabsichtigten Verkauf.

Den Weg machte zunächst das GM-Board frei, das zuletzt sogar ein
Verbleiben von Opel im Konzernverbund erwogen haben soll. Die
Opel-Treuhand gab erst nach einigem Zögern mit Mehrheit ebenfalls ihr
Plazet. Dabei stimmte der für den Bund im Beirat sitzende
Ex-Conti-Chef Manfred Wennemer dagegen - er gibt dem Konzept keine
nachhaltige Chance. Und zugleich beeilt sich die deutsche Politik zu
betonen, bezüglich der finanziellen Unterstützung nicht nachzulegen.

Erstaunlich nüchtern und zurückhaltend wertet Hessens
Ministerpräsident Roland Koch das Ergebnis. Er spricht von einem
"entscheidenden Durchbruch" und dürfte damit nicht verkehrt liegen.
Denn so schön es auf den ersten Blick erscheinen mag, dass der Weg
für Magna und die staatliche russische Sberbank nun freigeräumt ist -
in trockenen Tüchern ist die Transaktion deshalb noch lange nicht.
"Die endgültigen Vereinbarungen sollten innerhalb der nächsten Wochen
unterschriftsreif sein und anschließend innerhalb der kommenden
Monate zum Abschluss gebracht werden", heißt es in der Erklärung des
GM-Verwaltungsrats.

Ja, weitere Wochen und Monate werden vergehen, bis es über die
Zukunft der europäischen GM-Standorte Klarheit gibt. Wochen und
Monate, in denen die seit langem überfällige und teure
Restrukturierung von GM Europe weiter nur auf Sparflamme betrieben
werden wird. Der Überbrückungskredit für Opel reicht zur Finanzierung
des laufenden Geschäfts bis Jahresende, für mehr aber auch nicht.

Immer wieder wurde darauf gesetzt, dass GM eine Sanierung des
europäischen Geschäfts selbst gar nicht finanzieren könne. Zwischen 4
und 6 Mrd. Euro, rechneten Experten und Betriebsrat hoch, würden in
den nächsten Jahren Stellenabbau und Produktentwicklung verschlingen.
Wer hinterfragt eigentlich, wie belastbar die Finanzen von
Magna/Sberbank sind, diesen Kraftakt zu bewältigen?

Im monatelangen Ringen zwischen den Parteien war es nur
vordergründig darum gegangen, einen Investor zu finden, der ein
Geschäftskonzept vorlegt, das auf Basis wirtschaftlicher Kriterien
eine nachhaltige Zukunft für Opel bietet und die Interessen aller
Beteiligten berücksichtigt. Bund und Länder haben sich viel zu früh
auf Magna/Sberbank als bevorzugten Bieter festgelegt. Nicht nur in
der Opel-Treuhand selbst hatte es bis zuletzt erhebliche Bedenken
gegen das Konzept des austrokanadisch-russischen Konsortiums gegeben.
Magna-Gründer Frank Stronach ist nicht über alle Zweifel erhaben, wie
seine fragwürdigen Engagements in Pferderennbahnen zeigen. Und das
russische Interesse gilt wohl weniger der Rettung von Opel im Westen
als vielmehr dem Aufbau einer eigenen wettbewerbsfähigen
Autoindustrie mit Rüsselsheimer Know-how.

Dass GM jetzt doch beidreht, ist nicht nur der eigenen
Mittelknappheit zuzuschreiben, sondern auch dem erheblichen
öffentlichen Druck, dem sich die Verantwortlichen des Autokonzerns in
Deutschland ausgesetzt sahen. Die anhaltenden Drohungen der
Arbeitnehmervertreter haben insoweit ihre Wirkung nicht verfehlt.

Aber weder die deutsche Politik, die rechtzeitig vor der
Bundestagswahl Ende September ein heikles Thema vom Tisch zu haben
glaubt, noch die Belegschaften in Europa sollten sich zu sehr als
Gewinner gerieren. Unter neuer Führung wird Hand an die erheblichen
Überkapazitäten gelegt werden müssen, auch wenn bereits wieder der
Fortbestand aller vier deutschen Opel-Standorte beschworen wird.

Mit ihrer über Jahre gepflegten Politik, die Bürden der schwachen
Nachfrage auf alle GM-Standorte in Europa gleich zu verteilen, haben
das hiesige Management und die Betriebsräte selbst einen heftigen
Anteil daran, dass es um GM Europe so schlecht bestellt ist. Den
absehbaren länderübergreifenden Kämpfen, wer welche Kapazitäten zu
wessen Kosten kappen muss, kann GM nun mit einiger Gelassenheit
zusehen. Die Drecksarbeit dürfen genau die machen, die sich für die
Rettung von Opel so ins Zeug gelegt haben.

Für den einstigen Weltmarktführer, der seine eigenen Interessen
mit aller Entschiedenheit vertritt, ist vor allem der dauerhaft
sichere Zugriff auf das technologische Know-how von Opel
entscheidend. Denn ohne diesen Input käme "New GM" aus der Krise wohl
kaum heraus. Um in den USA den eigenen Marktanteil wieder zu erhöhen
und mit neuen, effizienteren Fahrzeugen wieder in die Gewinnzone zu
fahren, bedarf der einstige Weltmarktführer dringend frischer
Blutzufuhr.

(Börsen-Zeitung, 11.9.2009)

Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2

Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
Weitere Informationen: www.boersen-zeitung.de


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