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Börsen-Zeitung: Politisches Schmierenstück, Kommentar von Bernd Wittkowski zur Ablösung von Siegfried Jaschinski an der Spitze der LBBW

Geschrieben am 08-05-2009

Frankfurt (ots) - So heuchlerisch, wie manche Politiker Partnern,
Untergebenen oder Mitarbeitern Treue schwören, ohne dabei rot zu
werden, würde sich nicht einmal die Spezies Uli Hoeneß zu ihren
Klinsmännern bekennen - wenige Stunden vor dem Rauswurf. "Herr
Jaschinski hat mein Vertrauen", versicherte der
baden-württembergische Ministerpräsident und Vorsitzende der
Trägerversammlung der LBBW, Günther Oettinger, am Freitagmorgen rund
1000 Beschäftigten, die ihre Solidarität mit dem
Vorstandsvorsitzenden der größten deutschen Landesbank
demonstrierten.

Spätestens in diesem Moment sollte Siegfried Jaschinski begriffen
haben, dass es höchste Zeit ist, sich eine kugelsichere Weste
anzuziehen. Und in der Tat: Wenige Stunden später verkündete derselbe
Oettinger, dass eine Verlängerung des am Jahresende auslaufenden
Vertrages mit Jaschinski - also dem Mann, der das Vertrauen des
CDU-Politikers genießt - "zu weitreichenden und nicht kalkulierbaren
Risiken geführt" hätte. Was ein richtiger Pharisäer ist, der zaubert
auch gleich den Nachfolger aus dem Hut, ohne dass mit dem schon
tagelang verhandelt worden wäre. Denn anders als mit Zauberei ist es
nicht zu erklären, dass Oettinger noch in der Sitzung, vor deren
Beginn er Jaschinski sein Vertrauen ausgesprochen hatte, den Neuen
präsentieren konnte. Der heißt in diesem Fall nicht Jupp Heynckes,
sondern Hans-Jörg Vetter und soll wohl auch länger in Stuttgart
bleiben als nur fünf Spieltage.

Nichts gegen den Noch-Chef der Landesbank Berlin. Für den spricht
nämlich - im Unterschied zu seinem aus dem Rheinland stammender
Vorgänger - nicht nur, dass er des schwäbischen Idioms mächtig ist
(was angesichts des Geburtsorts Göppingen keineswegs verwundert). Vor
allem gehört Vetter, und hier besteht eine Gemeinsamkeit mit
Jaschinski, zu den Besten seines Fachs. Insofern also keine Einwände
gegen diese Neubesetzung des nun einmal vakant werdenden Platzes an
der LBBW-Spitze.

Auch die Tatsache als solche, dass man dem Präsidenten des
Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB) - dieses
Ehrenamt verliert er jetzt automatisch - in Stuttgart den Stuhl vor
die Tür setzt, hätte sich durchaus schlüssig begründen lassen. Zwar
gibt es Landesbanken, die schlechter dastehen. Aber immerhin: Unter
der Verantwortung Jaschinskis hat die LBBW einen Milliardenverlust
eingefahren, sie braucht eine Kapitalerhöhung und eine staatliche
Risikoabschirmung. Da ist es nicht von vornherein völlig abwegig,
über personelle Konsequenzen zumindest einmal nachzudenken.

Doch darum ging es in diesem Fall gar nicht. Entscheidendes
fachliches Versagen kann man Jaschinski, dessen Institut den Großteil
der Belastungen im Zusammenhang mit der Finanzkrise durch die
politisch gewollten Übernahmen der Landesbanken Sachsen und
Rheinland-Pfalz geerbt hat, schließlich kaum vorwerfen. Was in
Stuttgart aufgeführt wird, ist nichts anderes als ein politisches
Schmierenstück. Am Ende hat sich Oettinger von seinem
Koalitionspartner FDP mit der Drohung, die staatlichen Garantien für
die LBBW im Landtag zu blockieren, erpressen lassen. Das sagt zum
einen alles über die Stärke und das Rückgrat dieses
Ministerpräsidenten, der offenbar um des Koalitionsfriedens, vulgo:
um des eigenen Machterhalts willen sogar bereit ist, den Mann seines
Vertrauens zu meucheln. Zum anderen ist dieser Fall ein eklatantes
Beispiel dafür, in welchem Maße Landesbanken und damit die
Sparkassenorganisation politische Veranstaltungen sind. Da kann einem
angesichts der weltweit steigenden Zahl von Banken unter staatlicher
Kuratel nur angst und bange werden.

(Börsen-Zeitung, 9.5.2009)

Originaltext: Börsen-Zeitung
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Redaktion
Telefon: 069--2732-0
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