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Deutsche Marine - Pressemeldung: Überlebenstraining in der "Pilotenwaschmaschine" - Seit 40 Jahren bildet Nordholzer Marinefliegergeschwader Luftfahrzeugbesatzungen aus

Geschrieben am 01-04-2009

Glücksburg (ots) -

- Querverweis: Bildmaterial ist abrufbar unter
http://www.presseportal.de/galerie.htx?type=obs -

Nordholz - Die Inspektion "Überleben auf See" (InÜaS) des
Marinefliegergeschwaders 3 "Graf Zeppelin" (MFG 3) im
niedersächsischen Nordholz wird am heutigen Mittwoch 40 Jahre alt.
Das Besondere: Die dort stattfindende Ausbildung ist einmalig in
Deutschland. Nur hier bekommen die Flugzeugbesatzungen der
Teilstreitkräfte Heer, Luftwaffe und Marine ein Überlebenstraining
auf offener See geboten. Ohne diese Spezialausbildung dürfen sie
nicht über dem Meer fliegen. Auch zivile Flugzeugbesatzungen sowie
Lehrgangsteilnehmer aus Österreich und der Schweiz kommen für diese
Ausbildung an die Nordsee. Alle Besatzungsmitglieder von
militärischen Luftfahrzeugen durchlaufen die Lehrgänge östlich des
Jadebusens. Bis heute haben rund 58.000 Soldaten die essentielle
Ausbildung für fliegendes Personal absolviert. Ende dieses Jahres
werden es fast 60.000 sein.

Bis 2003 gab es die "Pilotenwaschmaschine"

Die Inspektion "Überleben auf See" gibt es dem Namen nach seit
1993. Gegründet wurde die Ausbildungseinheit am 1. April 1969 unter
dem Namen 1. Inspektion der Marinefliegerlehrgruppe - war damit eine
Außenstelle der in Westerland auf Sylt beheimateten
Marinefliegerlehrgruppe. Trainiert wird der Sprung mit dem
Fallschirm in die stürmische Nordsee, der Umgang mit
Rettungsschwimmweste und -insel, aber auch das Entkommen aus einem
gekenterten Hubschrauberwrack unter Wasser. Seit dem Beginn vor 40
Jahren hat sich viel verändert. Die Ausbildung hat sich stets
angepasst und weiter verbessert. So war von 1986 bis 2003 der
Unterwasserausstiegstrainer (UWAT) allen Marinefliegern als
"Pilotenwaschmaschine" bekannt. Dieser Behälter ähnelte einer
Waschtrommel, der in einem Wasserbecken versenkt und auf den Kopf
gedreht wurde. Die darin festgeschnallten Soldaten mussten sich
befreien und den Ausstieg zur rettenden Wasseroberfläche üben.

Jährlich 2.000 Lehrgangsteilnehmer

Heute hat ihn das moderne Modell METS (Modular Egress Training
Simulator) abgelöst. Dabei handelt es sich um den Nachbau eines
Luftfahrzeugrumpfes. Er ist auf dem neuesten Stand der Technik und
einzigartig in Deutschland. Mit ihm trainieren die fliegenden
Besatzungen alle wichtigen Verhaltensregeln zum Überleben auf See
nach einem Absturz ins Meer. Jährlich nehmen über 2.000 Soldaten an
dieser Ausbildung teil. Das METS kann auf unterschiedliche
Flugzeugtypen originalgetreu umgebaut werden: Dazu werden die Gurte,
Sitze, Türen, Fenster, Griffe und die individuellen Rettungsmittel
des jeweiligen Flugzeugtyps eingebaut. Die Teilnehmer nehmen dort
Platz, wo sie normalerweise während eines regulären Fluges sitzen.
Der Simulator stürzt auf die Wasseroberfläche in der
Wasserübungshalle. Jetzt muss es schnell gehen, jeder Handgriff muss
sitzen, der zuvor nur theoretisch vermittelt wurde. Alles muss in der
richtigen Reihenfolge ausgeführt werden. Drill und Übung ist alles -
es geht um die Rettung des eigenen Lebens.

Springen vom Fünf-Meter-Turm

Zu den Teilnehmern im aktuellen Jubiläumslehrgang gehört die
29-jährige Schiffsärztin Britta Nagel. Sie trainiert das Überleben
auf See zum ersten Mal. "Ich werde im August mit einer Fregatte in
den Auslandseinsatz gehen. Da könnte es sein, dass ich als Ärztin mit
dem Bordhubschrauber zu Rettungseinsätzen fliegen muss. Daher werde
ich vorher umfassend dafür ausgebildet", sagt sie. Zuvor habe die
Soldatin aus Westerstede den Taucherlehrgang in Neustadt/Holstein
absolviert. "Dazu gehörten auch Apnoeübungen, also Tauchübungen ohne
Sauerstoffgerät. Ich bin deshalb schon an das Wasser gewöhnt und kam
nicht mit Angst, sondern mit Vorfreude nach Nordholz." Diese Freude
ist Nagel anzusehen. Während der Ausbildung springt sie gutgelaunt
vom Fünf-Meter-Turm ins Schwimmbecken. Dann heißt es Luft anhalten,
auftauchen, schwimmen und eine Rettungsinsel besteigen. Das sind die
Übungen die drillmäßig trainiert werden. Immer und immer wieder. Und
da bei einem Absturz in der trüben Ostsee oft nichts zu sehen ist,
werden die Übungen auch mit verbundenen Augen wiederholt. Die Griffe
müssen wie im Schlaf sitzen. Eine spezielle Ausrüstung steht den
Soldaten in der Wasserübungshalle zur realistischen Vorbereitung auf
einen Notfall nach einem Flugzeugabsturz zur Verfügung. Dazu gehören
neben den Rettungsinseln auch ein Fallschirmschlepptrainer.

Rettung aus dem Meer mit einem Hubschrauber

Am Anfang einer jeden fliegerischen Ausbildung steht der
Grundlehrgang mit einer Länge von fünf Tagen. Wer ihn nicht besteht,
darf kein Flieger werden. In der Ausbildungsphase wird festgestellt,
ob die Angst vor dem Abtauchen im Wasser etwa zu groß ist oder der
Druckausgleich mit Nase und Ohren trotz Übung einfach nicht
funktioniert, was sich in Form unangenehmer Ohrenschmerzen äußert.
Danach gibt es sogenannte Refresher- und Wiederholerlehrgänge. Sie
dauern jeweils ein bis drei Tage und sind jährlich zu wiederholen. Am
Ende der mehrtägigen Lehrgänge steht das "Open Sea Survival
Training", also das Trainieren auf offener See. Dann geht es am
frühen Morgen auf dem Marineschlepper "Wangerooge" hinaus auf die
kalte Nordsee. Hier üben die Soldaten unter realen Bedingungen in
ihren orangefarbenen Schutzanzügen bei Wind und rauem Seegang den
Sprung vom Heck des Schleppers ins offene Wasser und die
anschließende Rettung in die Rettungsinsel. Wer es bis hierhin
geschafft hat, der hat den anforderungsreichen Lehrgang, vor dem
manchen Lehrgangsteilnehmern die Knie schlotterten, schon fast
bestanden. Als Abschlussübung folgt das sogenannte Winchen - das
Hochziehen oder Abseilen an einer Winde, die an einem Hubschrauber
angebracht ist. So werden Menschen aus Seenot geborgen.

Realitätsnaher Ausstieg aus Luftfahrzeugen

Im MFG 3 gibt es gesonderte Lehrgänge für Propellerflugzeug-,
Hubschrauber- oder Strahlflugzeugbesatzungen. Je nachdem, in welchem
Luftfahrzeug die Soldaten eingesetzt werden, üben sie den
realitätsnahen Ausstieg aus ihrem Fluggerät. Jedes Luftfahrzeug wird
im Notfall anders verlassen. Aus einem Jet wie zum Beispiel der
"Phantom", dem "Tornado" oder dem "Eurofighter" wird sich
beispielweise mit einem Schleudersitz hinauskatapultiert. Die
Helikopter vom Typ "Sea Lynx" oder "Sea King" werden dagegen auf der
Wasseroberfläche abgesetzt. Das Problem dabei ist der hochliegende
Schwerpunkt dieser Hubschrauber. Im Wasser drehen sie sich auf den
Kopf. Genau das wird mit den Lehrgangsteilnehmern originalgetreu
geübt. Die Flugzeuge mit großen Tragflächen wie die "P-3 C Orion",
"Breguet Atlantic" oder "Dornier 228" landen im Notfall ebenfalls auf
dem Wasser. Piloten nennen diese Notwasserung: Ditching.

Inspektionschef: "Überlebenstraining baut Ängste ab und gibt
Sicherheit."

Doch nicht nur Besatzungsangehörige, Piloten oder Bordmechaniker
werden in Nordholz ausgebildet. Es gibt auch Lehrgänge für sogenannte
Boardingteams, für Minentaucher, für Soldaten vom Kommando
Spezialkräfte (KSK) oder für Schiffsärzte wie Stabsarzt Britta Nagel.
Auch externe Lehrgangsteilnehmer von der Bundespolizei über das
Havariekommando bis hin zur Seefahrtschule Cuxhaven trainieren hier
für den Notfall. "Überleben auf See in Nordholz ist professionelles
Training auf höchstem Niveau", sagt der Chef der Inspektion,
Fregattenkapitän Arndt Neumann (41). "Oft sind Soldaten anderer
Nationen zu Besuch im MFG 3, um von uns zu lernen. Neben den seit
Jahren vertretenen Soldaten aus Österreich und der Schweiz waren auch
schon Soldaten aus Frankreich, Tunesien oder Israel bei uns", sagt
der Cuxhavener und unterstreicht damit freudig die Attraktivität
seiner Inspektion. "Unser Auftrag ist es, mit dem Überlebenstraining
Ängste abzubauen und Sicherheit im Umgang mit den eigenen
Rettungsmitteln sowie mit dem Wasser zu erlangen." Dabei sollen die
Soldaten lernen, welche Rettungsmittel zur Verfügung stehen, wie sie
eingesetzt werden, wie sie sich und der Mensch selbst im Wasser
verhalten. "Da spielen auch Physiologie und Psychologie mit rein.
Denn wer weiß schon, wie sich der menschliche Körper in eiskaltem
Wasser verhält?", sagt Neumann. Das Ziel all der Übungen sei, dass
sich Routine einstellt. Er sagt: "Wenn das alles sitzt, dann haben
wir unseren Auftrag erfüllt."

Autor: Katja Messinger, Presse- und Informationszentrum Marine
Fotos: Deutsche Marine

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Originaltext: Presse- und Informationszentrum Marine
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/67428
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_67428.rss2

Pressekontakt:
Presse- und Informationszentrum Marine
Stabsbootsmann Detlef Struckhof
erTelefon: 0 46 31 - 6 66 - 44 14/ 44 00
E-Mail: piz@marine.de
Fotoredaktion Marine: 0 46 31 - 6 66 - 44 32


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