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Börsen-Zeitung: Vertrauen erschüttert, Kommentar von Carsten Steevens zum Milliardenverlust der Deutschen Bank

Geschrieben am 14-01-2009

Frankfurt (ots) - Soll man der Deutschen Bank gratulieren? Da hat
die Finanzkrise auch dieses Institut voll erwischt und im vierten
Quartal sowie im Gesamtjahr 2008 zu einem schockierenden
Milliardenverlust geführt, der einmalig ist in der fast 140-jährigen
Unternehmenshistorie. Dennoch sträubt sich der Primus im deutschen
Geldgewerbe hartnäckig, dem Steuerzahler zur Last zu fallen, indem er
auf staatlichen Beistand zurückgreift. Das ist zunächst einmal
ehrenhaft. Einen solchen Stolz und Ehrgeiz, die seit Mitte 2007
andauernde und im Schlussquartal 2008 dramatisch verschärfte
Finanzkrise aus eigener Kraft und mit Hilfen institutioneller
Investoren durchzustehen, besitzen weltweit und auch auf nationaler
Ebene nicht mehr viele Konkurrenten.

Kann die Deutsche Bank diesen Kurs aber durchhalten? Zwar hat sich
Vorstandschef Josef Ackermann den Griff in den staatlichen
Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (Soffin), den die
Bundesregierung im Oktober mit 480 Mrd. Euro ausstattete, quasi
selbst verbaut. Doch könnte es schwierig werden für die Deutsche
Bank, bis zum Ablauf von Ackermanns Vertrag im Frühjahr 2010 auf
solchen Beistand zu verzichten. Immer mehr Konkurrenten verschaffen
sich Wettbewerbsvorteile, indem sie wie etwa Goldman Sachs zur
günstigeren Refinanzierung staatliche Garantien für die Emission
neuer Schuldtitel in Anspruch nehmen. Durch den Einstieg des Staates
als Großaktionär stabilisieren Institute wie die Commerzbank zudem
ihre Kapitalbasis, was diesen Instituten im Geschäft unmittelbar
zugute kommt, beispielsweise in der Mittelstandsfinanzierung. Es
drohen neben weiteren Belastungen im Zuge der Finanzkrise zunehmende
Risiken infolge der rasanten konjunkturellen Talfahrt. Keine guten
Ertragsaussichten für die Kreditwirtschaft wie für die Deutsche Bank:
Standard & Poor's entzog dem Institut unlängst bereits das
Doppel-A-Rating, wodurch sich die Refinanzierung am Kapitalmarkt
weiter verteuert.

Das vierte Quartal hat gezeigt: Auch die Deutsche Bank ist in
dieser epochalen Finanzkrise kein Fels in der Brandung. Die schweren
Verwerfungen an den internationalen Kapitalmärkten im Zuge der
offenbar unvorstellbaren Pleite einer systemrelevanten Bank wie der
US-Investmentbank Lehman Brothers haben auch dem größten deutschen
Kreditinstitut schwer zugesetzt. Schon im dritten Quartal gelang es
nur noch dank international gelockerter Bilanzierungsregeln, den
Ausweis roter Zahlen mit Ach und Krach zu vermeiden. Nun kommt
Bank-Chef Ackermann, der 2008 schon das Ende der Finanzkrise
herannahen sah, bei fast 5 Mrd. Euro Verlust im Schlussabschnitt
nicht mehr umhin, "einige Schwächen in der Bank" einzuräumen. Die
Wortwahl insinuiert immer noch geradezu harmlose Probleme in
Anbetracht des radikalen Schrumpfkurses bei der Citigroup, angesichts
von Übernahmen der einstigen Investmentbankrivalen Merrill Lynch und
Bear Stearns sowie des Geschäftsmodellwechsels bei Morgan Stanley und
Goldman Sachs. Doch trifft das auch zu? Die roten Zahlen in
Milliardenhöhe sind verheerend für ein Haus, das lange Zeit den
Eindruck erweckte, die Finanzkrise vergleichsweise unbeschadet
überstehen zu können. Der gestrige Tag hat das Vertrauen der
Aktionäre erschüttert: Nach dem Einbruch des Börsenwerts um fast 70%
im vergangenen Jahr büßte die Bank allein am Mittwoch weitere 9% ein.

Der Bank - nicht zuletzt ihrem Vorstandsvorsitzenden - wird es nun
mehr denn je darauf ankommen, die Kapitalbasis und die
Liquiditätspositionen stabil zu halten. Der gewaltige Abbau von
Kreditrisiken, die Verringerung des Verschuldungsgrades und mithin
die sehr konservative Bilanzierung der eigenen Verbindlichkeiten
zeigen an, mit welcher Wucht die Bank um den Schutz ihrer
Kapitalbasis kämpft. Dazu passt auch, dass der unmittelbar vor der
Lehman-Pleite angekündigte Einstieg bei der Postbank, deren
Börsenwert seitdem um mehr als zwei Drittel erodierte, nachverhandelt
wurde. Denn für die Deutsche Bank verringert sich mit dem gefundenen
Kompromiss die Kapitalbelastung um wertvolle 0,3 Prozentpunkte, auch
weil sie die Postbank-Anteile nicht in bar bezahlt. Die
Postbank-Mutter Post, die bei der Deutschen Bank mit 8,1% einsteigt,
stärkt früher als geplant ihre Liquidität um 3,8 Mrd. Euro. So
betrachtet haben die Parteien eine unmittelbar für beide Seite
vorteilhafte Konstellation gefunden.

Ihr angekündigtes Ziel einer - im internationalen Vergleich
wettbewerbsfähigen - Kernkapitalquote von 10% hat die Deutsche Bank
zum Jahresende erreicht. Dieses Niveau muss das Institut nun unter
allen Umständen halten. Ohne Staatshilfe? Dass die Aktionäre noch
eine Dividende von 50 Cent je Papier erhalten sollen, ist vor allem
ein vertrauenserhaltendes Signal. Bemerkenswert erscheint auch, dass
die Bank, die im ihr Investment Banking erklärtermaßen reduzieren
will, anders als Wettbewerber ohne tiefe personelle Einschnitte
auskommen will. Doch die Luft ist nach dem vierten Quartal dünn
geworden. Gratulieren wäre nicht angebracht, eher viel Glück zu
wünschen.

(Börsen-Zeitung, 15.1.2009)

Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377
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Pressekontakt:
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Redaktion

Telefon: 069--2732-0


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