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Presserat: Abdruck von Mohammed-Karikaturen verstößt nicht gegen Kodex

Geschrieben am 02-03-2006

Bonn (ots) - Die Beschwerdekammer 1 des Deutschen Presserats hat
sich auf ihrer Sitzung am 01.03.2006 in Bonn mit Beschwerden über die
Veröffentlichung so genannter Mohammed-Karikaturen in der Zeitung DIE
WELT befasst. Dabei kam der Presserat zu dem Ergebnis, dass diese
Veröffentlichungen im Einklang mit dem Pressekodex stehen.

Die Zeitung hatte über Anlass, Hintergründe und Folgen des
Karikaturenstreits um die dänische Zeitung JYLLANDS POSTEN berichtet.
In diesem Zusammenhang hatte DIE WELT auch mehrere der in Dänemark
erstmals publizierten Karikaturen veröffentlicht. Sie hatten unter
Muslimen weltweit zum Teil scharfe Kritik ausgelöst, die im
Einzelfall in gewalttätige Proteste umgeschlagen waren.

Aus Sicht der Beschwerdeführer beleidigen die Karikaturen die
Religionsgemeinschaft der Muslime. Das Format, in dem die Karikaturen
abgedruckt wurden, überschreite das für eine Dokumentation
vertretbare Maß. In einem Kommentar werde der Religionsstifter
beschimpft. Die Muslime würden damit gekränkt. Insgesamt verletze die
Veröffentlichung Ziffer 10 des Pressekodex. Darin heißt es:

Veröffentlichungen in Wort und Bild, die das sittliche oder
religiöse Empfinden einer Personengruppe nach Form und Inhalt
wesentlich verletzen können, sind mit der Verantwortung der Presse
nicht zu vereinbaren.

Die angegriffene Veröffentlichung in Wort und Bild verletzt die im
Pressekodex gezogenen Grenzen nach Überzeugung des Presserats nicht.
Die bildlichen Darstellungen greifen das zeitgeschichtlich aktuelle
Thema "religiös begründete Gewalt" mit den für Karikaturen typischen
Mitteln auf. Dabei werden weder die Religionsgemeinschaft, noch ihr
Stifter und ihre Mitglieder geschmäht oder allgemein herabgesetzt.
Auch Religionsgemeinschaften und ihre Mitglieder müssen Kritik - auch
scharfe - ertragen. Die Beschwerdekammer betont, dass es Grenzen
auch für Satire und Karikaturen gibt. Sie sind allerdings weit zu
ziehen. Im vorliegenden Fall wird diese Grenze nicht überschritten.

Drei öffentliche Rügen ausgesprochen
Wegen eines Sorgfaltspflichtverstoßes wurde der EXPRESS (Köln)
öffentlich gerügt. Die Zeitung hatte über den Tod einer 49-jährigen
Frau sowie über Gutachten eines medizinischen Dienstes berichtet, der
eine Einstufung der Frau in Pflegestufe 2 abgelehnt hatte. Die
Darstellung erweckte den Eindruck, die Gutachten stünden in einem
ursächlichen Zusammenhang mit dem Tod der Frau. Ein solcher
Zusammenhang war aus Sicht der Beschwerdekammer nicht durch Tatsachen
begründet. Die Veröffentlichung verstieß damit gegen Ziffer 2 des
Pressekodex:

Zur Veröffentlichung bestimmte Nachrichten und Informationen in
Wort und Bild sind mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf
ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen. Ihr Sinn darf durch Bearbeitung,
Überschrift oder Bildbeschriftung weder entstellt noch verfälscht
werden. Dokumente müssen sinngetreu wiedergegeben werden.
Unbestätigte Meldungen, Gerüchte und Vermutungen sind als solche
erkennbar zu machen.[...]

Die Pflicht zur Trennung von redaktionellen Inhalten und Werbung
verletzte die Zeitschrift HEALTH & SALES. Sie hatte Unternehmen das
Angebot gemacht, Eigenwerbung in redaktioneller Form zu kaufen. Das
verstößt gegen Ziffer 7 Pressekodex. Danach muss redaktionelle
Berichterstattung frei von finanziellen Gegenleistungen erfolgen:

Die Verantwortung der Presse gegenüber der Öffentlichkeit
gebietet, dass redaktionelle Veröffentlichungen nicht durch private
oder geschäftliche Interessen Dritter oder durch persönliche
wirtschaftliche Interessen der Journalistinnen und Journalisten
beeinflusst werden. Verleger und Redakteure wehren derartige Versuche
ab und achten auf eine klare Trennung zwischen redaktionellem Text
und Veröffentlichungen zu werblichen Zwecken.

Eine weitere öffentliche Rüge erhielt die THÜRINGER ALLGEMEINE
wegen eines Verstoßes gegen die Ziffern 1, 2 und 9. In der
Berichterstattung über einen Missbrauchsprozess hatte sie schwere
Vorwürfe gegen öffentliche Einrichtungen und deren Mitarbeiter
erhoben oder sie in den Verdacht schweren Fehlverhaltens gerückt. Das
wurde jedoch nicht hinreichend durch Tatsachen untermauert. In den
Ziffern 1 und 2 sind das Wahrheitsgebot und die Sorgfaltspflichten
der Journalisten verankert. Ziffer 9 verbietet ehrverletzende
Behauptungen:

Es widerspricht journalistischem Anstand, unbegründete
Behauptungen und Beschuldigungen, insbesondere ehrverletzender Natur,
zu veröffentlichen.

Insgesamt hat die Kammer 46 Beschwerden behandelt. Dabei wurden
neben den drei öffentlichen Rügen fünf Missbilligungen und 13
Hinweise ausgesprochen. In zwei Fällen war die Beschwerde begründet,
auf eine Maßnahme wurde jedoch verzichtet, da die Zeitung den Fehler
eingesehen und von sich aus in Ordnung gebracht hatte. 17 Beschwerden
wurden als unbegründet zurückgewiesen.

Originaltext: Deutscher Presserat
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=14918
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_14918.rss2

Deutscher Presserat
Lutz Tillmanns
Tel.: 0228 - 985720
Fax: 0228 - 98572 - 99
E-Mail: info@presserat.de


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