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Börsen-Zeitung: Nervenaufreibendes Tauziehen, Kommentar zu den Finanzmärkten von Christopher Kalbhenn

Geschrieben am 12-12-2008

Frankfurt (ots) - Niemand wird es den Marktteilnehmern verdenken
können, wenn sie nur noch eines herbeisehnen: Sich in die Feiertage
zurückzuziehen und das Jahr 2008 abzuhaken. Auch in seinen letzten
Tagen bringt der laufende Turnus Enttäuschungen. Nach ersten
ermutigenden Ansätzen ist der jüngste Versuch des Dax, in Richtung
5000 zu steigen, unsanft unterbrochen worden. Waren eine Zeit lang
negative Nachrichten von Konjunktur und Unternehmen noch gut
verkraftet worden, weil sich ein Gewöhnungseffekt eingestellt hatte,
hat die Blockade des Hilfspakets für die in ihrem Überleben bedrohten
amerikanischen Automobilhersteller im US-Senat die Märkte wieder auf
den Boden der traurigen Tatsachen zurückgeholt.

Genauso schnell kann es mit den Aktienmärkten jedoch wieder
aufwärts gehen, wenn nämlich der Kongress den Versuch startet, doch
noch eine Lösung zu finden. Es ist auch schwer vorstellbar, dass
inmitten der größten Finanz- und Wirtschaftskrise seit dem Zweiten
Weltkrieg, die außerdem mit der Phase des Übergangs im Präsidentenamt
zusammenfällt, jetzt eine Katastrophe zugelassen wird, die ungeahnte
Folgen über die drei Großen von Detroit hinaus haben würde. Die
Entscheidung, Lehman fallen zu lassen, dürfte die Verantwortlichen in
den USA gelehrt haben, dass auf diese Weise eine Stabilisierung der
Wirtschaft und eine Wiederherstellung des Vertrauens und somit
letztlich die Überwindung der Krise nicht bewerkstelligt werden
können.

Gigantisches Fiskalpaket

Die häufigen Stimmungs- und Richtungswechsel werden die
Marktteilnehmer auch im kommenden Turnus begleiten. Ihnen steht ein
nervenaufreibendes Tauziehen bevor. Auf der einen Seite werden die
von Regierungen und Notenbanken eingeleiteten umfangreichen
Gegenmaßnahmen bzw. die damit verbundenen Hoffnungen auf eine
Erholung der Weltwirtschaft für starke Aufwärtsbewegungen sorgen. Wie
das Bankhaus Sal. Oppenheim in seinem Ausblick auf das kommende Jahr
ausführt, deuten die Äußerungen der bald antretenden neuen
Administration und des von den Demokraten dominierten Kongresses auf
Konjunkturankurbelungsmaßnahmen mit einem Gesamtvolumen von 500 bis
700 Mrd. US-Dollar hin. Das entspräche zwischen 3,5% und 5% des
nominalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) der Vereinigten Staaten. China
hat ein Paket mit einem Volumen von umgerechnet 590 Mrd. US-Dollar
angekündigt, das 14% des nominalen BIP des Reichs der Mitte
entspricht. Damit legen die beiden Länder ein gigantisches
Fiskalpaket von mehr als 1 Billion Dollar auf. Hinzu kommt die
massive monetäre Lockerung der Notenbanken weltweit und die
umfangreiche Liquiditätsversorgung, die die Entschlossenheit
unterstreicht, das Bankensystem am Leben zu erhalten. Wie ein
gigantisches Konjunkturprogramm wirkt auch der Absturz des Ölpreises,
der die Kaufkraft der Verbraucher erhöht. Kombiniert mit deutlich
niedrigeren Bewertungen und, mehr noch, mit bei vielen
Kapitalsammelstellen sehr stark heruntergefahrenen Aktienquoten,
braut sich hier eine Situation zusammen, die in eine kräftige Hausse
münden kann, sobald der Markt das Erholungsszenario spielt.

Es wird im kommenden Turnus andererseits aber auch zu heftigen
Rückschlägen kommen. Zwar nehmen die Märkte wirtschaftliche
Erholungen vorweg und steigen bereits, bevor sie sich in harten Daten
niederschlagen. Angesichts des schnellen Absturzes der
wirtschaftlichen Aktivität und der sich immer noch verschlimmernden
Zahlen ist jedoch mehr als fraglich, ob dies bereits in sehr kurzer
Zeit geschehen kann. Insofern ähneln die Marktteilnehmer jenen
Seefahrern, die sich vor rund 500 Jahren auf Entdeckungsfahrt
Richtung Westen begaben und mit jeder Woche, in der sie kein Land zu
sehen bekamen, zusehends stärker von Panik ergriffen wurden. Kurzum:
Phasen, in denen die Zweifel an einer Überwindung der Krise in
absehbarer Zeit überwiegen und/oder neue Hiobsbotschaften seitens der
Wirtschaft, der Unternehmen oder der Finanzbranche eingehen, werden
für starke Kurseinbußen sorgen und möglicherweise auch für neue
mehrjährige Tiefststände. Damit empfiehlt sich auch für die nächsten
Monate ein eher defensiver Ansatz. Zykliker und insbesondere
Bankentitel bergen noch zu viele Risiken, um sie bereits jetzt stark
überzugewichten.

Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377
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Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0


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