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Börsen-Zeitung: Das Desaster der BayernLB, Kommentar von Bernd Wittkowski zum Sanierungsplan für den zweitgrößten deutschen Landesbankkonzern

Geschrieben am 01-12-2008

Frankfurt (ots) - Noch keine sechs Wochen ist es her, da haben sie
ihn regelrecht geliebt, fast vergöttert. "Nur mit unserem Vorstand",
"Kemmer saniert, Seehofer torpediert" oder "Finger weg von Kemmer",
skandierten hunderte Mitarbeiter der BayernLB und retteten mit ihrer
Kundgebung, die nicht zuletzt ein Protest gegen frühe Machtallüren
des heutigen Ministerpräsidenten und CSU-Chefs Horst Seehofer war,
dem Vorstandsvorsitzenden Michael Kemmer den Job.

Doch die beispiellose Solidaritätsaktion kam wohl leicht verfrüht.
Bald könnten nennenswerte Teile der Belegschaft lernen, die eben noch
geliebte Führungsriege mit dem "Hoffnungsträger" Kemmer an der Spitze
zu hassen.

Binnen fünf Jahren sollen im zweitgrößten deutschen
Landesbankkonzern fast 30% der 19200 Arbeitsplätze ausradiert werden.
Ein Drittel der Risikoaktiva wird dem Rotstift ebenso zum Opfer
fallen wie ein Großteil der internationalen Aktivitäten. Und, man
höre und staune, die Kunden sollen bei der BayernLB künftig
"verstärkt im Mittelpunkt unserer Tätigkeiten stehen". Was hat das
von den regionalen Sparkassen und vom weiß-blauen Freistaat, also von
den Steuerzahlern, getragene Institut eigentlich bisher getrieben?
Riskante Luftgeschäfte bis zum Gehtnichtmehr! Asset Backed Securities
(ABS) aller Art, Island, Lehman et cetera - wo auch immer in jüngerer
Zeit Geld verbrannt werden konnte, waren die Münchener mittenmang.

Die BayernLB einen Sanierungsfall zu nennen hieße, die Lage zu
bagatellisieren. Diese Bank war so gut wie pleite (schon wahr: da
befindet sie sich in prominenter Gesellschaft). Ungeheure 31 Mrd.
Euro braucht das Institut von Land und Bund in Form von frischem
Eigenkapital, Garantien und Risikoabschirmung. Das ist bei all den
großen Zahlen, an die sich das Publikum im Zuge der Finanzkrise
gewöhnen durfte, schon eine sehr spezielle Dimension von wundersamer
Vermögensvernichtung. Noch vor wenigen Tagen hatte die
Wasserstandsmeldung für den Hilfebedarf auf 6,4 Mrd. Euro gelautet.
Dann wurde aus politischen Kreisen ein Betrag von 10 Mrd. Euro
lanciert - "gut gelogen ist auch wahr", sagt man wohl zwischen
Aschaffenburg und Passau.

Vielleicht nahmen die Verantwortlichen an, der Öffentlichkeit die
ganze Wahrheit nicht auf einen Schlag zumuten zu können. Rechtzeitig
zum Ersten Advent wurde dann freundlich lächelnd das gesamte
Rettungspaket präsentiert, dessen Umfang sich über Nacht noch einmal
auf gut das Dreifache erhöht hatte. War es diese Information in
Raten, die Kemmer im April meinte, als er nach dem
Kommunikationsdebakel der Vergangenheit gelobte, Offenheit,
Transparenz und Klarheit würden für den Vorstand der BayernLB künftig
Richtschnur der Kommunikation sein?

Dass das Grauen mit den nun auf dem Tisch liegenden Zahlen und
Fakten ein Ende hat, wollen die Regierung des unfreiwillig zum
beherrschenden Eigentümer avancierenden Freistaats, die als Retter
überforderten und deshalb - darüber sind sie heilfroh - als
Anteilseigner marginalisierten Sparkassen sowie die Bank selbst
inzwischen schon nicht mehr versprechen.

Es würde ihnen ja auch keiner mehr abnehmen. In der
Sparkassengruppe gilt längst als ausgemacht, wo das nächste
Milliardenfass ohne Boden steht: in Osteuropa. Da hat sich die
BayernLB noch 2007 mit der Hypo Group Alpe Adria (HGAA) erst richtig
breitgemacht. Eineinhalb Jahre nach dem milliardenschweren Zukauf
gibt man erstmals zu, die Kosten- und Ertragsstruktur des Kärntner
Ablegers sei nicht wettbewerbsfähig. Komisch: Dass die HGAA ein
Problemfall sei, wussten Landesbanker nördlich des Weißwurstäquators
schon, als Kemmers Vorgänger Werner Schmidt in Klagenfurt gar nicht
schnell genug zugreifen konnte. Nur bis München hatte es sich nicht
herumgesprochen.

Größe war eben chic, nicht nur bei dieser Landesbank. Heute
geißeln Sparkassen die "Gigantomanie". Früher haben ihre
Repräsentanten, ebenso wie die Politiker, die gemeingefährliche
Strategie in den Verwaltungsräten abgenickt.

Ach ja, die Politiker! Mit dem beschlossenen Hilfsprogramm wollen
Seehofer und Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) die Basis für eine
mittelfristige Privatisierung der BayernLB legen. "Damit wollen wir
die jetzt eingesetzten Gelder wieder erlösen", erklären sie allen
Ernstes. Für eine auf Miniaturformat geschrumpfte Bank, die den
Erfolg fortan just auf jenen Feldern - wie z.B. Mittelstand und
Privatkunden - suchen möchte, auf denen sich schon alles tummelt, was
die Silbe "Bank" im Firmennamen trägt?

Bleibt noch die Frage, wer bei der BayernLB eigentlich die
Verantwortung für dieses unfassbare Desaster übernimmt und zu
persönlichen Konsequenzen bereit ist. Den amtierenden Vorstand hält
allein die Not der Eigentümer auf dem Posten, keine personelle
Alternative zu haben. Aber der nicht nur in Bayern geäußerte
Untreueverdacht gegen die handelnden und die (ungenügend)
beaufsichtigenden Personen ist nicht von vornherein aus der Luft
gegriffen. Es könnte ganz eng werden für Kemmer & Co. Und diesmal
werden sich vermutlich keine Hundertschaften von Mitarbeitern mit
ihnen solidarisieren.

(Börsen-Zeitung, 2.12.2008)

Originaltext: Börsen-Zeitung
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