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Aufklärung über "Tücken" der Netzkommunikation notwendig / Online-Communities im Fokus der 14. Fachtagung Medienpädagogik

Geschrieben am 27-11-2008

München (ots) - "Die Freiheit im Netz hat ihre Tücken, aber auch
ihre Chancen!", so das einleitende Statement des
BLM-Medienratsvorsitzenden Dr. Erich Jooß zur 14. Fachtagung
Medienpädagogik in der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien
(BLM). Bezogen auf beliebte Online-Communities wie "SchülerVZ" stelle
sich die Frage, inwiefern Jugendliche für diese Tücken bereits ein
Bewusstsein entwickelt hätten. Eine Antwort darauf versuchten gestern
rund 150 Tagungsteilnehmer aus dem Erziehungswesen zu finden, die der
Einladung in die BLM gefolgt waren. Das Thema der Tagung: "1-2-3-Ins
Netz gegangen - Wie medienkompetent bewegen sich Heranwachsende in
Online-Gemeinschaften?".

Wie die JIM-Studie 2008 zeigt, wachsen Jugendliche heute
selbstverständlich in Online-Welten auf. Besonders gerne nutzen sie
Chaträume und soziale Netzwerke. 57 Prozent der 12- bis 19-Jährigen
loggen sich mehrmals pro Woche in Online-Communities ein. Mit diesen
Zahlen verdeutlichte BLM-Geschäftsführer Martin Gebrande in der
Begrüßung, wie wichtig die Debatte über diese Art von Kommunikation
im Netz ist. In drei Panels wurden anhand von Praxisbeispielen die
Risiken der Online-Communities sowie Maßnahmen zur Stärkung der
Medienkompetenz vorgestellt (Mobbing im Netz, Moderation:
Medienratsmitglied Dr. Fritz Kempter; Selbst-Hass im Web, Moderation:
Medienratsmitglied Helmut Wöckel; Konsequenzen für
medienpädagogisches Handeln, Moderation: Erich Jooß).

Einen Einblick in die bekanntesten Online-Communities, darunter
SchülerVZ (4,5 Millionen angemeldete Nutzer), Lokalisten, MySpace und
die Videoplattform YouTube (Platz 3 der 100 meistbesuchten Websites
in Deutschland) gewährte zum Auftakt Lucie Höhler von
jugendschutz.net. Als Risiken nannte sie die Preisgabe persönlicher
Daten, Mobbing, riskante Kontakte und ungeeignete Inhalte. Was
Jugendliche an Online-Gemeinschaften fasziniert, erläuterte Dr.
Claudia Lampert vom Hans-Bredow-Institut für Medienforschung.
"Online-Spiele und Communities scheinen zentrale Bedürfnisse der
Nutzer nach Selbstdarstellung, Kommunikation und sozialer Vernetzung
zu befriedigen." Lampert appellierte an die Teilnehmer, die Debatte
nicht nur problemorientiert zu führen, sondern auch die Perspektive
der jungen Nutzer/innen ernst zu nehmen. So könnten diese im
positiven Fall kommunikative, kreative und soziale Kompetenzen
einbringen. Als Handlungsansatz zur Vermeidung von Risiken sah
Lampert u.a. die Schaffung von "Reflexionsräumen" - eine Aufgabe, die
in der Schule wahrgenommen werden müsste.

Wie "Datenexhibitionismus, Seelenstriptease und Cyberbullying"
durch Aufklärungsarbeit mit Jugendlichen begegnet werden kann, zeigte
Markus Gerstmann vom Service Bureau Jugendinformation. Jugendliche
wären sich häufig nicht über die Tragweite ihrer offenen
Kommunikation im Netz bewusst, Erwachsene verhielten sich im Netz
aber oft nicht besser. Um ihre Privatsphäre zu schützen, müssten die
Schüler/innen ihre eigenen Regeln in Workshops oder Gesprächen
erarbeiten.

Insbesondere das "Cyberbullying" ist unter Schülern weit
verbreitet. Diese neue Art von Mobbing ist angesichts populärer
Medien wie Handy und Computer in kürzester Zeit umsetzbar und sehr
effektiv. Beleidigende Videos, heimlich aufgenommene Fotos oder
gefälschte Profile in Communities zeigen ihre Wirkung. Hilfe im Netz
mittels eines moderierten Chats bietet die Seitenstark-Aktion
"Mobbing - Schluss damit!" (www.seitenstark.de), die Kristine
Kretschmer vorstellte. Hier werde auch vielen realen Mobbingopfern
geholfen, mehr noch als Opfern von Cybermobbing, so Kretschmer. Diese
Art von Hilfe reiche jedoch häufig nicht aus, warnte Christine Bitter
vom Bayerischen Landeskriminalamt. "Mobbing ist kein Kavaliersdelikt,
da sind wirkliche Straftaten im Spiel". Beim Cybermobbing wären z.B.
die Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und
des Rechts am eigenen Bild die Straftatbestände. Wenn schulinterne
Sanktionen nicht mehr greifen würden, sollten die Mobbing-Opfer zur
Polizei gehen, empfahl Kretschmer.

Ein weiteres Problemfeld, den "(Selbst-)Hass im Web", erörterten
Maria Monninger von der Stabsstelle der Kommission für
Jugendmedienschutz (KJM) und Michael Wörner-Schnappert von
jugendschutz.net. Die Beispiele aus den Prüffällen der KJM reichten
von Magersucht-Foren über Missbrauch von Drogen (Saufforen) und
Selbstverletzung bis hin zu Suizid-Foren. Jugendgefährdend sind diese
Foren u.a. dann, wenn eine Glorifizierung der jeweiligen Sucht und
das Fehlen von Hilfsangeboten festgestellt wird. Bereits Betroffene
können dadurch in ihrem Suchtverhalten bestärkt werden. Solche
Angebote werden dann von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende
Medien indiziert und müssen aus dem Netz entfernt werden. Gegen
unzulässige rechtsextreme Angebote im Web geht jugendschutz.net im
Rahmen seines Projektes "Rechtsextremismus im Internet" vor. Das
Internet als "grenzenlose, immer zugängliche Propagandaplattform" sei
heute ein wirkungsvolles Aktionsfeld der Rechtsextremen, so Michael
Wörner-Schnappert. Als gefährlich bezeichnete er vor allem die
"Verbindung von Freizeitwert und politischer Botschaft". Häufig
würden über Musikvorlieben oder Videos Kontakte zu Jugendlichen
gesucht. Verstärkt, betonte der Experte, missbrauchten Rechtsextreme
das Web 2.0 für ihre Zwecke.

Aus den zahlreichen Beispielen stringent medienpädagogisches
Handeln abzuleiten, ist nicht ganz einfach, wie die Diskussion
zeigte. Prof. Dr. Andreas de Bruin von der Fakultät für angewandte
Sozialwissenschaften der Hochschule München formulierte dazu drei
Thesen: Medienpädagogische Angebote müssen an der Lebenswelt der
Kinder und Jugendlichen ansetzen; sie müssen die Eltern erreichen und
Medienkompetenz bedeute auch, auf Medien verzichten zu können. Doch
vielen Jugendlichen falle es mittlerweile sehr schwer, auf den
Austausch in Online-Gemeinschaften zu verzichten und mehr direkt
miteinander zu kommunizieren, berichtete der
medienpädagogisch-informationstechnische Beratungslehrer Uli Rödl.
Schüler gingen auch dann lieber über Plattformen wie "Lokalisten"
oder "SchülerVZ", wenn die Angesprochenen im Pausenhof nur fünf Meter
neben ihnen stünden. Eine Erklärung dafür lieferte de Bruin. Die
Kommunikation im Netz sei anders: "Man kann sich interessanter machen
und dadurch Schüchternheit und mangelndes Selbstwertgefühl
kompensieren". Dr. Andreas Hauenstein, einer der Lokalisten-Gründer,
bestreitet dagegen, dass sich die Mehrzahl der jugendlichen
Mitglieder von Social Communities im Netz "maskiert". Dies wäre schon
deshalb nicht möglich, weil die Jugendlichen auch im Netz auf
Personen träfen, die sie im realen Leben kennen, und dann darauf
angesprochen würden.

Jooß fragte schließlich in die Runde, ob nicht ein übergreifender
Verhaltenskodex im Netz, vor allem für Online-Communities, notwendig
sei. Nach Ansicht von Ekkehard Mutschler, Deutscher Kinderschutzbund,
müsse ein solcher Kodex in der Familie entstehen. Hauenstein
ergänzte, dass den Jugendlichen häufig nicht klar sei, dass die
gesellschaftlichen Werte auch im Netz gelten, deshalb würden jetzt
mehrere Anbieter von Social Communities einen Verhaltenskodex
herausgeben.

Alle Diskutanten waren sich schließlich einig, dass es nicht
allein Aufgabe der Anbieter, sondern vor allem auch der Schule und
der Eltern sei, den jungen Nutzern beizubringen, nach welchen Regeln
man sich auf solchen Plattformen bewegt, z.B. um die eigene
Privatsphäre zu schützen. In jeder Hinsicht konsequent war deshalb
das Resümee von Moderator Jooß: "Wichtig ist es, miteinander zu
reden."

Diese Informationen finden Sie auch im Internet unter: www.blm.de

Originaltext: BLM Bayerische Landeszentrale für neue Medien
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62483
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_62483.rss2

Pressekontakt:
Dr. Wolfgang Flieger, Tel.: (089) 63808-313, wolfgang.flieger@blm.de


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