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Börsen-Zeitung: Keine falsche Scham! Kommentar von Carsten Steevens zum Landesbanken-Sektor nach der Bereitstellung des deutschen Rettungspakets

Geschrieben am 20-10-2008

Frankfurt (ots) - Die BayernLB holt sich als erstes Kreditinstitut
in Deutschland staatlichen Beistand aus dem von Bund und Ländern in
Rekordzeit beschlossenen Rettungspaket für den deutschen
Finanzsektor. Wenn es so von den Trägern in München beschlossen wird:
Kommt der Hilferuf überraschend? Eher nicht. Spätestens seit April
ist klar, dass der zweitgrößte unter den sieben Landesbankkonzernen
Kapitalhilfe und eine Abschirmung von Risiken im Milliardenumfang
benötigt. Dem Rettungspaket der Eigentümer, Freistaat Bayern und
bayerische Sparkassen, fehlt jedoch noch immer die Genehmigung durch
die EU-Kommission. Der Einstieg eines privaten Investors, wie der von
JC Flowers bei der HSH Nordbank, ist allenfalls ein Hoffnungswert,
und Fusionspartner aus dem Landesbankensektor sind vorerst nicht in
Sicht - auch nicht die LBBW.

Landesbanken sind staatsnah, ihre Verflechtung mit Bundesländern
ist auch nach dem von der EU-Kommission erzwungenen Wegfall der
staatlichen Haftungsgarantien im Juli 2005 eng geblieben. Somit mutet
es fast logisch an, wenn sich nun gerade diese Institute als erste
aus dem 500-Mrd.-Euro-Topf des Bundes zur Stabilisierung des
deutschen Finanzsektors bedienen. Schon der Name impliziert, dass
Landesbanken notfalls Staatshilfe in Anspruch nehmen - gerade in
einer Krise von historischen Ausmaßen. Schämen, wie es jetzt
angeblich Vorstandschef Josef Ackermann für den privaten
Branchenprimus Deutsche Bank formulierte, müssten sie sich dafür
jedenfalls nicht. Investoren in aller Welt, bei denen Landesbanken
seit dem Wegfall der Staatsgarantien verstärkt um
Refinanzierungsmittel werben müssen, würden nach den verschärften
Verwerfungen an den internationalen Finanzmärkten in den vergangenen
Wochen kaum etwas anderes erwarten als staatlichen Beistand für diese
Institute.

Die Bonitätsnote der Landesbanken bei Ratingagenturen basiert
nicht unwesentlich auf der impliziten Unterstützung durch die
Bundesländer, die in mehr oder weniger großem Umfang beteiligt sind.
Staatlichen Schutz bietet zudem die Gewährträgerhaftung für
Altverbindlichkeiten, die noch bis 2015 gilt. Allein bei den vier
Landesbanken LBBW, BayernLB, WestLB und HSH Nordbank, die im Zuge der
Finanzkrise durch Wertkorrekturen auf illiquide Anlagen bereits in
Milliardenhöhe belastet worden sind, handelt es sich Ratingagenturen
zufolge noch um ein Volumen von mehr als 350 Mrd. Euro. Diese
Vernetzung mit den Ländern lässt die Landesbanken als die
"natürlichen" Kandidaten für die Inanspruchnahme der staatlichen
Hilfsinstrumente in der Finanzkrise erscheinen.

Es wäre aber auch falsche Scham, würden die Landesbanken - wie
andere Kreditinstitute mit Kapital- oder Liquiditätsnöten auch - die
Nutzung dieser neuen Instrumente lange hinauszögern. Die
konjunkturellen Perspektiven, nicht nur in Deutschland, sind alles
andere als rosig. Da braucht es schon von Staats wegen ausreichend
kapitalisierte Institute, um die Unternehmensfinanzierung nicht
abzuwürgen. Nicht von ungefähr sollen die großen - privaten -
britischen Banken in Zukunft mindestens eine Kernkapitalquote von 9%
vorweisen. Auch die Kapitalanforderungen an Banken in den USA, denen
die Regierung nun im Rahmen des nationalen Rettungsplans zur Seite
springt, sind deutlich gestiegen. Deutschen Instituten, deren
Finanzbasis im Zuge der Finanzkrise zu erodieren droht und die sich
nicht zu einer Rekapitalisierung aus dem Staatstopf durchringen,
dürften über kurz oder lang Nachteile im Wettbewerb erwachsen.

Doch verschafft das von Bund und Ländern getragene
Stabilisierungsprogramm den Landesbanken nur eine Atempause. Die
Finanzkrise hat die zu großen Ertragsschwankungen durch kundenferne
Engagements in Verbriefungs- und Kreditersatzgeschäften schonungslos
offen gelegt. Die Unzulänglichkeiten der Geschäftsmodelle fast aller
dieser öffentlichen Banken wären mit der Inanspruchnahme der neuen
staatlichen Hilfsinstrumente nicht beseitigt. Wer diese aber nutzt,
muss sich auf Auflagen des Bundes einstellen. Das könnte über eine
Einflussnahme auf die Geschäftspolitik und die Begrenzung von
Managergehältern hinaus auch bedeuten, dass sich der Druck zur
Bereinigung der Landesbankenlandschaft erhöht.

Eine gestärkte Kapitaldecke der Institute erleichtert zwar eine
Konsolidierung. Es wäre aber fatal, Fusionen unter angeschlagenen
Häusern ohne tragfähiges Geschäftsmodell zu forcieren.
Zusammenschlüsse solcher Institute mitten in der Krise würden die
Probleme potenzieren. Auch für den Ex-Landesbanker Günther Merl, der
den Lenkungsausschuss für den Rettungsfonds leiten soll, waren
Geschäftsmodelle gerade in den vergangenen Monaten stets wichtiger
als Fusionsmodelle. Von der Entscheidung für den früheren Helaba-Chef
dürfte mithin das Signal ausgehen, dass es der Regierung nicht auf
beschleunigte Zusammenschlüsse von Landesbanken ankommt. Die Neigung
zu betriebswirtschaftlichem Harakiri im staatsnahen Bankenlager ist
begrenzt. Die Politik scheint das begriffen zu haben.

(Börsen-Zeitung, 21.10.2008)

Originaltext: Börsen-Zeitung
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