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Schleichwerbung - ein Dauerthema Presserat spricht zehn Rügen aus

Geschrieben am 09-06-2006

Bonn (ots) - In seiner zweiten Sitzung in diesem Jahr hat der
Beschwerdeausschuss 2 des Deutschen Presserats am Freitag, den
9.6.2006, in Bonn zehn Rügen ausgesprochen.

Rügen wegen Schleichwerbung
Merian wurde öffentlich gerügt wegen eines Verstoßes gegen die Ziffer
7 des Pressekodex. In einem Sonderheft über die "Traumstraßen der
Welt" waren auf vielen Bildern auf auffällige Art und Weise Fotos von
Audi-Fahrzeugen platziert. Dies bewertete der Presserat nach
Richtlinie 7.2 als Schleichwerbung.

Richtlinie 7.2:
Redaktionelle Veröffentlichungen, die auf Unternehmen, ihre
Erzeugnisse, Leistungen oder Veranstaltungen hinweisen, dürfen nicht
die Grenze zur Schleichwerbung überschreiten. Eine Überschreitung
liegt insbesondere nahe, wenn die Veröffentlichung über ein
begründetes öffentliches Interesse oder das Informationsinteresse der
Leser hinausgeht.

Die Glaubwürdigkeit der Presse als Informationsquelle gebietet
besondere Sorgfalt beim Umgang mit PR-Material sowie bei der
Abfassung eigener redaktioneller Hinweise durch die Redaktionen.
[...]

Ebenfalls Schleichwerbung stellt ein Artikel der Abendzeitung
(München) über die neue Produktpalette des Wintersportausrüsters
"Atomic" dar. Unter dem Titel "Darauf fährst du ab" hatte die Zeitung
unter Verwendung von Superlativen über die Sportgeräte des
Herstellers berichtet. Dieser Artikel präsentierte sich wie ein
Werbetext des Unternehmens.

Focus Money erhielt eine öffentliche Rüge für ein dem Heft
beiliegendes Booklet mit dem Titel "Die besten Fonds". In dieser
Veröffentlichung hatte die Redaktion sich mit Anlagemöglichkeiten
beschäftigt und dabei vielfach die Fondsgesellschaft "Fidelity
International" genannt. Gleichzeitig enthielt das Booklet zwei
ganzseitige Anzeigen sowie in den Text eingeklinkte Werbebuttons der
Fondsgesellschaft. Mit dieser Gestaltung wurde das Gebot der klaren
Trennung von Werbung und Redaktion verletzt.

Ziffer 7:
Die Verantwortung der Presse gegenüber der Öffentlichkeit gebietet,
dass redaktionelle Veröffentlichungen nicht durch private oder
geschäftliche Interessen Dritter oder durch persönliche
wirtschaftliche Interessen der Journalistinnen und Journalisten
beeinflusst werden. Verleger und Redakteure wehren derartige Versuche
ab und achten auf eine klare Trennung zwischen redaktionellem Text
und Veröffentlichungen zu werblichen Zwecken.

Erkrankung gehört zur Privatsphäre
Focus wurde öffentlich gerügt, weil das Magazin in einem Beitrag
ausführlich über die Geisteskrankheit einer verstorbenen Adeligen
berichtet hatte, die namentlich genannt wurde. Nach Auffassung des
Presserats ist die Frau jedoch nicht als Person der Zeitgeschichte
einzustufen. Daher hätte eine so detaillierte Berichterstattung über
die Krankheitsgeschichte nicht veröffentlicht werden dürfen. Hier
liegt ein schwerer Verstoß gegen Ziffer 8 des Pressekodex vor.
Insbesondere Richtlinie 8.4. fordert:

Richtlinie 8.4:
Körperliche und psychische Erkrankungen oder Schäden fallen
grundsätzlich in die Geheimsphäre des Betroffenen. Mit Rücksicht auf
ihn und seine Angehörigen soll die Presse in solchen Fällen auf
Namensnennung und Bild verzichten und abwertende Bezeichnungen der
Krankheit oder der Krankenanstalt, auch wenn sie im Volksmund
anzutreffen sind, vermeiden. Auch Personen der Zeitgeschichte
genießen über den Tod hinaus den Schutz vor diskriminierenden
Enthüllungen.

Sorgfaltspflichtverletzungen
Wegen einer Sorgfaltspflichtverletzung wurde das Öko-Test Jahrbuch
Kleinkinder für 2006 öffentlich gerügt. Die Redaktion hatte in einem
Test von Neurodermitis-Cremes für Kleinkinder nicht deutlich genug
auf einen bestehenden Krebsverdacht bei drei Cremes hingewiesen. Zwar
wurde im Text kurz mitgeteilt, dass es eine solche Warnung gebe, in
der dazugehörigen Tabelle wurde der Verdacht aber nicht mehr
dargestellt. Dies wäre aber dringend notwendig gewesen. Zudem wurde
in der Tabelle eine Creme angeführt, die nicht für Kleinkinder
zugelassen ist. Hierin sieht der Ausschuss eine schwerwiegende
Verletzung der Sorgfaltspflicht nach Ziffer 2 des Pressekodex.

Ziffer 2:
Zur Veröffentlichung bestimmte Nachrichten und Informationen in Wort
und Bild sind mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren
Wahrheitsgehalt zu prüfen. Ihr Sinn darf durch Bearbeitung,
Überschrift oder Bildbeschriftung weder entstellt noch verfälscht
werden. Dokumente müssen sinngetreu wiedergegeben werden.
Unbestätigte Meldungen, Gerüchte und Vermutungen sind als solche
erkennbar zu machen. [...]

Ebenfalls gegen die journalistische Sorgfaltspflicht verstieß der
Münchner Merkur mit dem Artikel unter dem Titel "Nackte Tatsachen in
Kölner Klosterkapelle". Die Berichterstattung, die sich im Nachhinein
als falsch herausstellte, beruhte auf der Meldung einer unbekannten
Nachrichtenagentur. Nach Meinung des Beschwerdeausschusses hätte die
Zeitung hier vor Veröffentlichung den Sachverhalt nachrecherchieren,
bzw. nach der Veröffentlichung die Falschmeldung korrigieren müssen.

Unangemessen sensationelle Darstellung
Der Express wurde öffentlich gerügt wegen der Veröffentlichung einer
Fotostrecke, auf der die Erschießung einer amerikanischen Geisel im
Irak in vier Bildabschnitten zu sehen war. Das Opfer war auf einem
weiteren Portraitfoto deutlich erkennbar und in der Bildunterzeile
namentlich genannt. Die Fotostrecke stellte den Todesmoment der
Geisel deutlich dar und überstieg damit den Informationsbedarf der
Öffentlichkeit. Hierin sah der Ausschuss einen schwerwiegenden
Verstoß gegen Ziffer 11 des Pressekodex.

Ziffer 11:
Die Presse verzichtet auf eine unangemessen sensationelle Darstellung
von Gewalt und Brutalität. Der Schutz der Jugend ist in der
Berichterstattung zu berücksichtigen.

Wegen unangemessen sensationeller Darstellung der Erschießung der
amerikanischen Geisel im Irak wurde auch die Hamburger Morgenpost
öffentlich gerügt. Sie stellte zwei fotografische Szenen der
Erschießung dar, auf denen das kniende und nach dem Schuss vor seinem
Mörder liegende Opfer gezeigt wurde. Gleichzeitig wurde die Geisel
auf einem Portraitfoto gezeigt und dessen Name im Text genannt.

Persönlichkeitsrechte
Gegen Persönlichkeitsrechte verstieß der Express, indem er anlässlich
des Doppel-Selbstmordes einer Fernsehjournalistin und ihres Partners
im Kontext mit der Berichterstattung ein Portraitfoto der Frau
abdruckte. Er erhielt dafür eine nicht-öffentliche Rüge. Der
Ausschuss erkannte darin einen Verstoß gegen Ziffer 8 i.V.m.
Richtlinie 8.5. Durch den Abdruck des Fotos hat die Zeitung die
gebotene Zurückhaltung bei der Berichterstattung über Fälle von
Selbsttötung nicht eingehalten. Das Persönlichkeitsrecht genießt in
Fällen von Freitod einen besonders hohen Schutz.

Ziffer 8:
Die Presse achtet das Privatleben und die Intimsphäre des Menschen.
Berührt jedoch das private Verhalten öffentliche Interessen, so kann
es im Einzelfall in der Presse erörtert werden. Dabei ist zu prüfen,
ob durch eine Veröffentlichung Persönlichkeitsrechte Unbeteiligter
verletzt werden.

Richtlinie 8.5:
Die Berichterstattung über Selbsttötung gebietet Zurückhaltung. Dies
gilt insbesondere für die Nennung von Namen und die Schilderung
näherer Begleitumstände. Eine Ausnahme ist beispielsweise dann zu
rechtfertigen, wenn es sich um einen Vorfall der Zeitgeschichte von
öffentlichem Interesse handelt.

Schließlich sprach der Presserat eine weitere Rüge gegen die
Hamburger Morgenpost aus. Die Zeitung hatte über den Suizid eines
Polizeipiloten mit Bild und Personenangaben berichtet. Besonders
kritisiert wurde dabei, dass die Zeitung Mutmaßungen über die Motive
der Tat anstellte. Der Presserat wertete auch dies als Verstoß gegen
den Grundsatz nach Richtlinie 8.5.

Insgesamt wurden neben den zehn Rügen noch acht Missbilligungen
und fünf Hinweise ausgesprochen. Eine Beschwerde war begründet, auf
eine Maßnahme wurde jedoch verzichtet. Sieben Beschwerden waren
unbegründet. Insgesamt wurden 36 Beschwerden behandelt.

Originaltext: Deutscher Presserat
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=14918
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_14918.rss2

Deutscher Presserat
Arno H. Weyand
Tel.: 0228 - 985720
Fax: 0228 - 98572 - 99
E-Mail: info@presserat.de


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