(Registrieren)

"Wenn wir überlegen, wer eine Rolle spielen könnte, fallen uns oft nur Tote ein." Die vierfachen Oscarpreisträger Joel und Ethan Coen im exklusiven Tele 5-Interview.

Geschrieben am 30-09-2008

München (ots) - Joel und Ethan Coen über Wunschlisten,
Hitchcock-Elemente, schräge Echos und ernste Komödien.

Tele 5 stellt in 'Wir lieben Kino - Das Magazin' am Mittwoch, 1.
Oktober um 22.35 Uhr den Film 'Burn After Reading' (ab 2. Oktober im
Kino) vor.

Tele 5: Wie suchen Sie die Themen für Ihre Filme?

Joel Coen: Ganz ehrlich? In Fall von 'Burn after Reading' gar
nicht. Jedenfalls haben wir am Anfang nur an Schauspieler gedacht.
Wir haben tatsächlich eine Liste geschrieben. Ganz oben stand
natürlich meine Frau Frances McDormand, die ja in sehr vielen unserer
Filme mitspielt. Dann kamen George Clooney, Brad Pitt, John
Malkovich, Richard Jenkins. Dann haben wir überlegt: Was machen wir
jetzt? Was könnte das für eine Geschichte sein? Lachen Sie nicht! Es
war wirklich ganz genau so, auch wenn es sich blöd anhören mag.

Billy Wilder hatte ja eine Liste mit Leuten, mit denen er gern mal
zusammenarbeiten wollte. Am Ende seines Lebens hat er erzählt, wer
alles darauf stand, mit dem es dann nie zu einer Zusammenarbeit kam.
Unter anderem Cary Grant. Haben Sie so etwas auch?

Joel Coen: Ja klar. Auf unserer steht auch Cary Grant drauf.
[Lacht]

Ethan Coen: Wenn wir überlegen, wer eine Rolle spielen könnte,
fallen uns oft nur Tote ein. Das ist sehr irritierend. Bei 'Burn
after Reading' war es Raymond Burr der frühere 'Ironside'-Darsteller,
der in Hitchcocks 'Fenster zum Hof" den Mörder spielt. Das wäre toll.
Ich würde so gern mit ihm arbeiten. Leider ist er seit 1993 tot.

Joel Coen: Stimmt. Raymond Burrs Name fällt bei uns ziemlich oft.
Er scheint die ideale Besetzung für sehr viele Rollen, die wir
schreiben. Zum Beispiel war er eine frühe Idee für die Hauptrolle in
'The Big Lebowski'. In 'Burn after Reading' hätte er den CIA-Boss
spielen können, den jetzt J.K. Simmons spielt. Da wäre er sicher gut
drin gewesen. Nicht, das J.K. nicht gut wäre.

Ethan Coen: Wir haben einmal versucht, Marlon Brando für einen
Film zu bekommen - nur um ihn mal persönlich zu erleben. [Lacht] Wir
ahnten schon, dass das wohl nicht klappen würde, aber hofften, dass
sich wenigstens ein Treffen arrangieren ließe. Aber noch nicht mal
das haben wir geschafft.

Wenn Sie einen neuen Film planen, greifen Sie dann auf frühere
Ideen zurück, oder fangen Sie bei Null an?

Joel Coen: Manchmal fällt uns etwas wieder ein, woran wir Jahre
vorher mal gearbeitet hatten. Und dann wieder sind es spontane
Einfälle. Oder jemand gibt uns eine Vorlage, die wir dann in einen
Film verwandeln. So war es bei Cormac McCarthys Buch 'No Country for
Old Men'.

Tele 5: Gibt es etwas, das den Film 'Burn After Reading' von Ihren
anderen unterscheidet?

Ethan Coen: Schwierige Frage. Natürlich versuchen wir immer etwas
Neues und wollen jeden Film anders machen. Zumindest war die
Dreh-Erfahrung diesmal eine ganz neue. Denn wir konnten zuhause
wohnen. Auch wenn der Film in Washington spielt, wurde er
größtenteils in New York gedreht. Das war viel entspannter als sonst
Wenn man von außen auf den Film draufschaut, könnte man ihn als
Spionagefilm bezeichnen. Das haben wir noch nie gemacht.

Waren Sie sich nie ernsthaft uneinig darüber, wie etwas gemacht
werden soll?

Joel Coen: Nein, eigentlich nicht. Natürlich gibt es andauend
Meinungsverschiedenheiten. Aber die werden dann so lange diskutiert,
bis ein Konsens da ist.

Ethan Coen: Zum Beispiel beim Casting. Natürlich hat man
verschiedene Meinungen. Aber man kann das diskutieren...

Joel Coen: ...ja, und man würde nicht zusammenarbeiten, wenn nicht
der Respekt vor dem anderen da wäre. Wer immer das ist. In einer
Zusammenarbeit genügt es, wenn einer recht hat - solange die anderen
das dann auch sehen.

Was haben Ihnen die vielen Oscars für 'No Country for Old Men'
bedeutet?

Ethan Coen: Überraschend wenig. Als wir die Oscars bekamen, hatten
wir schon unsere nächsten beiden Filme finanziert, 'Burn After
Reading' und den nächsten, den wir jetzt bald anfangen. Also hatte es
keine konkreten Folgen, die wir am eigenen Leib erfahren konnten.

Sie haben viel erreicht, haben viel Erfolg und wirken weiterhin
unermüdlich. Können Sie erklären, worin nach 25 Jahren im
Filmgeschäft für Sie weiterhin Herausforderungen liegen?

Ethan Coen: Es hat sich nichts geändert. Der Erfolg hat uns nicht
beeinflusst. Die Befriedigung liegt woanders. Man dreht keine Filme,
um Preise zu gewinnen. Und wir drehen sie auch nicht fürs Publikum.

In Ihren Filmen gibt es immer viele Zitate und Bezüge zu anderen
Filmen. Sie sind zwar berühmt dafür, sämtliche solche Referenzen
abzustreiten, aber das glaubt Ihnen doch keiner. Das Publikum schaut
ihre Filme entsprechend an, sucht Bezüge...

Ethan Coen: Wenn wir solche Bezüge zu anderen Filmen abstreiten,
meinen wir das auch so. Ganz offensichtlich steckt etwas in unseren
Filmen, das diese Art von Spekulation auslöst. Sehr mysteriös. Diese
Tribute und Referenzen, die die Leute erwähnen, können gar nicht da
sein - denn wir wissen, dass wir den Film gar nicht kennen, auf den
wir uns angeblich beziehen.

Joel Coen: Andererseits gibt es natürlich eine Menge Dinge, die
uns inspirieren oder Zitate, die wir in vollem Bewusstsein gemacht
haben. Zum Beispiel der Titel unseres Films 'O Brother, where art
thou?'. Der stammt, wie jeder Filmkenner weiß, aus 'Sullivan's
Travels' einer 70 Jahre alten,Komödie von Preston Sturges, die von
einem Hollywood-Produzenten handelt. Im Film hat er ein Projekt, das
genau so heißt. Und unser Film bezieht sich auf die 30er Jahre,
ebenso wie auf Sturges, da hat das dann gepasst. 'The Hudsucker
Proxy' war beeinflusst von Sturges und von Frank Capra - da gibt es
definitiv Referenzen.
'Miller's Crossing' war eine Neuinterpretation zweier Novellen von
Dashiell Hammett und natürlich sollte der ganze Film wie eine
Hammett-Verfilmung aussehen. Aber es gibt immer wieder Leute, die
sagen: 'Sie müssen unbedingt an dieses und jenes gedacht haben' - und
das kommt mir dann oft sehr seltsam vor. Was ist dieses und jenes?
Dieses hab ich nie gesehen, jenes kenne ich nicht!

Wenn ich bei Ihrem neuen Film 'Burn After Reading' jetzt sage:
Dieses und jenes haben Sie bestimmt von Hitchcock...

Joel Coen: [Lacht] Oh, wir haben jeden Hitchcock-Film gesehen, der
je gemacht wurde. Sehr inspirierend. In unserem allerersten Film,
'Blood Simple' gibt es eine Szene, in der ein Mann neben einer
Autobahn steht und unglaublich lange braucht, um einen anderen zu
töten. Er stirbt einfach nicht. Am Ende wird er lebendig begraben. Da
haben wir an die ähnliche Szene in 'Der zerrissene Vorhang' gedacht.
Und eine Treppe wie in 'Burn After Reading', die können Sie in vielen
Hitchcock-Filmen finden, ja, aber auch in vielen viktorianischen
Stadthäusern, wie wir sie nun mal als Kulisse nutzten.

'Burn After Reading' ist ein Männerfilm. Es gibt nur zwei
Frauenrollen. Und es ist eine Komödie, aber gerade Tilda Swinton ist
sehr ernst und sehr hart.

Joel Coen: Tilda und Frances verstanden ganz intuitiv, was sie da
spielten. Und sie haben ziemlich auf die Tube gedrückt. Spaß und
Ernst liegen eng beieinander. Ich denke immer noch an Ihre Frage nach
Hitchcock. Bei dem ist es ja ähnlich: Es ist erschreckend und
furchtbar, was da passiert. Aber es ist auch lustig. So wie bei 'Der
unsichtbare Dritte'. Eine Komödie, die man aber ernst nehmen muss.
Natürlich gibt es Hitchcock-Elemente in 'Burn after Reading'. Die
sind von uns zwar nicht bewusst eingesetzt. Eher schräge Echos. Aber
es ist interessant, darüber nachzudenken.

Interview: Rüdiger Suchsland

Originaltext: Tele 5
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/43455
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_43455.rss2

Pressekontakt:
Tele 5
Presse
Michaela Simon
Telefon: 089 / 649 568 175
Fax: 089 / 649 568 119
Michaela.Simon@tele5.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

161555

weitere Artikel:
  • Exklusiv in NEUE POST: Lilo Pulver plant ihr TV-Comeback Hamburg (ots) - Schauspielerin Liselotte Pulver (78) will zurück ins Fernsehen. Das erfuhr NEUE POST, die wöchentliche unterhaltende Frauenzeitschrift aus der Bauer Verlagsgruppe, exklusiv von ihrer Schwester Corinne (74). Sie sagte im Interview mit NEUE POST: "Lilo will auf jeden Fall wieder arbeiten. Am liebsten sofort. Sie studiert bereits fleißig Drehbücher und ist sehr motiviert, wieder vor die Kamera zu gehen." Ihre letzte Hauptrolle hatte Lilo Pulver vor über 15 Jahren an der Seite von Günter Strack in der ZDF-Serie "Mit Leib und mehr...

  • Patrick Lindner exklusiv in NEUE POST: "Nach meinem Outing fühlte ich mich befreit" Hamburg (ots) - Vor elf Jahren bekannte sich Schlagersänger Patrick Lindner (48) völlig überraschend zu seiner Homosexualität. Jetzt sprach der Sänger im Interview mit NEUE POST erstmals darüber, wie er sich bei seinem Outing fühlte. Patrick Lindner im Interview mit der unterhaltenden Frauenzeitschrift: "Das war natürlich nicht einfach für mich. Es stand für mich ja alles auf dem Spiel. Auf der einen Seite wollte ich meine Fans nicht enttäuschen - auf der anderen Seite auch nicht mehr eine falsche Show abziehen. Also musste ich die Situation mehr...

  • DocInsider beruft Qualitätsbeirat / Jährlicher Qualitätsbericht zur Patientenzufriedenheit erscheint Hamburg (ots) - DocInsider hat einen Qualitätsbeirat mit fünf renommierten Gesundheitsexperten gegründet. Erst Mitte September hat DocInsider einen Strategischen Beirat einberufen, in dem unter anderem Prof. Dr. Dr. h. c. Bert Rürup vertreten ist. Aktuell 60.000 Bewertungen auf DocInsider spiegeln die Zufriedenheit der Patienten in Deutschland wider. Mit dem Qualitätsbeirat stellt das Patientenportal sicher, dass die von den Nutzern erstellten Inhalte hochwertig und verlässlich sind. Dies wird in Zukunft in einem jährlichen Bericht mehr...

  • ZDF-Programmhinweis / Mittwoch, 1. Oktober 2008, 9.05 Uhr, Volle Kanne - Service täglich / Mittwoch, 1. Oktober 2008, 12.15 Uhr, drehscheibe Deutschland / Mittwoch, 1. Oktober 2008, 22.45 Uhr Mainz (ots) - Mittwoch, 1. Oktober 2008, 9.05 Uhr Volle Kanne - Service täglich mit Andrea Ballschuh Gast im Studio: Walter Sittler Top-Thema: Änderungen beim Kinderzuschlag Einfach lecker: Apfeltarte - Kochen mit Armin Roßmeier PRAXIS täglich: Neue Behandlung bei Herzinsuffizienz Herbst ABC: Reformationsbrötchen / Sportholzfällen-EM Service: Rentner im Netz Reise: Die Deutschland-Entdecker: Mittelrheintal Mittwoch, 1. Oktober 2008, 12.15 Uhr drehscheibe Deutschland Pullover, Mütze, Jacke - Kleiderbörse für Bedürftige Gaspreise steigen mehr...

  • Istanbul Connection: 90-Minuten-Special zum Auftakt der neuen Staffel "SOKO Leipzig" im ZDF Mainz (ots) - Dritter Auslandseinsatz für die "SOKO Leipzig": Am Freitag, 3. Oktober 2008, 22.00 Uhr im ZDF sind die vier Ermittler der "Istanbul Connection" auf der Spur. Zum Auftakt der neuen Staffel mit 17 Folgen hat das Team um Kriminalhauptkommissar Hajo Trautzschke (Andreas Schmidt-Schaller) 90 Minuten Zeit, der eigenen Kollegin beizuspringen: Oberkommissarin Ina Zimmermann (Melanie Marschke) ist mit ihrem neuen Freund Faruq Arat (Erdal Yildiz) auf einer türkischen Hochzeit, als dort ein tödlicher Anschlag auf das Brautpaar verübt mehr...

Mehr zu dem Thema Sonstiges

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

Sat1.de mit neuem Online-Spiele-Portal Sat1Spiele.de / SevenOne Intermedia baut Bereich Games weiter aus

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht