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Wenn Autos miteinander reden... / Von ESP bis ACC: MPC fördert die Aufklärung über Fahrer-Assistenz-Systeme für mehr Verkehrssicherheit

Geschrieben am 27-08-2008

Berlin (ots) - Die Vision stand am Ende der 1.
Verkehrssicherheitstage des Motor Presse Club e.V. (MPC) in der
Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften: In 20 Jahren
werden die Autos direkt miteinander kommunizieren, um ihre Insassen
sicher ans Ziel zu bringen. Bis dahin gibt es aber unter denen, die
sich nicht mehr mit tausenden Verkehrstoten Jahr für Jahr in den 25
EU-Staaten abfinden wollen, noch sehr viel Gesprächs- und
Handlungsbedarf. Aus diesem Grund hatte der MPC erstmals zu der
wissenschaftlichen Tagung eingeladen, die nach Meinung renommierter
Experten in der Automobilindustrie, an Universitäten, in Verbänden
und in Ministerien längst überfällig war.

Jürgen Lewandowski, erster Vorsitzender des MPC, konnte gestern
Abend nach zwei Tagen Diskussionen zum Thema "Wie viel Elektronik
verträgt der Mensch - Fahrer zwischen Assistenz- und Störsystemen"
ein überzeugendes Fazit ziehen: "Diese Flut von Informationen,
Kommentaren und Analysen zu den Chancen und Risiken von
Fahrer-Assistenz-Systemen und dazu die überaus lebhafte Diskussionen
über Gegenwart und Zukunft der Verkehrssicherheit hat uns alle
positiv überrascht. Und ganz klar die Notwendigkeit aufgezeigt,
künftig im Jahresrhythmus zu weiteren MPC-Verkehrssicherheitstagen
einzuladen". Eine interaktive TED-Abstimmung zeigte, dass eine
deutliche Mehrheit der Teilnehmer (81 Prozent) mit den Inhalten und
dem Verlauf der zweitägigen Konferenz sehr zufrieden war - auch eine
Bestätigung für das aktive Engagement der Kooperationspartner
Volkswagen AG, Robert Bosch GmbH und Deutscher Verkehrssicherheitsrat
e.V. (DVR).

Referenten, Diskussionsteilnehmer und Forum waren sich darin
einig, dass die Verantwortung für Verkehrssicherheit letztlich alle
gemeinsam tragen: die Verkehrsteilnehmer selbst, die Autoindustrie,
die Fahrschulen, die Verbände, die Behörden und auch die Medien. Die
Medienvertreter wurden von allen Seiten aufgefordert, wesentlich mehr
über die komplexen und sehr hilfreichen Möglichkeiten moderner
Assistenzsysteme zu berichten. Christian Kellner,
Hauptgeschäftsführer des DVR, betonte zudem, dass Sicherheit auch
eine Marketingaufgabe der Unternehmen sei. Gerade das Thema
Fahrer-Assistenz-Systeme müsste auch in emotionalisierten Anzeigen
dargestellt werden, um mehr Menschen zu erreichen. Nach den überaus
guten Erfahrungen mit Rückhaltesystemen, deren gesetzliche Einführung
vor nunmehr 32 Jahren heftig umstritten war, nach dem Siegeszug des
Anti-Blockier-Systems (ABS), das auf Grund einer freiwilligen
Selbstverpflichtung des Europäischen Automobil-Verbands (ACEA) seit
Juli 2004 in jeden europäischen PKW serienmäßig eingebaut wird, sei
nun die weitere Verbreitung des Elektronischen Stabilitäts-Programms
(ESP) vordringliches Ziel, forderte Björn Dosch vom ADAC. Das vom
Fahrer unbemerkt arbeitende System verhindert nachweislich viele
gefährliche Situationen, in denen Autos sonst ins Schleudern gerieten
oder von der Fahrbahn abkämen. Viele tausend Menschen hätten diesem
System bereits ihr Leben zu verdanken und der gesamtwirtschaftliche
Nutzen läge allein in den 25 EU-Ländern im zweistelligen
Milliardenbereich, betonte Prof. Dr. Henning Wallentowitz von der
RWTH, Aachen. Deshalb solle ESP vom Gesetzgeber lieber heute als
morgen zwingend vorgeschrieben werden, spätestens 2009.

Regierungsdirektor Dr. Frank Albrecht vom
Bundesverkehrsministerium hätte persönlich keine Probleme mit diesem
frühen Termin. Er musste aber bekennen, dass solche Verfügungen nur
noch auf europäischer Ebene möglich seien. Da müsse man bei der
Umsetzung dieser verständlichen Forderung mit einer Frist bis 2012
oder gar 2013 rechnen. Dieser späte Einführungstermin, betonte Prof.
Gunter Zimmermeyer von der Robert Bosch GmbH, stimme besonders
betrüblich, weil ESP in den Vereinigten Staaten spätestens 2011
verbindlich vorgeschrieben werde. Das sei für Europa, wo das System
erfunden wurde, ganz besonders bedauerlich. Schließlich werde ESP bei
Bosch bereits seit 1995 in Serie hergestellt.

Derzeit wird in Europa nur jeder zweite Neuwagen mit ESP
ausgeliefert, weil viele Käufer die zusätzlichen Kosten scheuen.
Mitunter sogar lieber Alu-Felgen oder Metallic-Lackierung bestellten
als eine so wichtige Sicherheitsausstattung, die schließlich nicht
nur den Insassen direkt, sondern auch anderen Verkehrsteilnehmern zu
Gute kommt. Einig waren sich die Experten aller Bereiche, dass eine
verstärkte Aufklärung über die segensreiche Wirkung von ESP dringend
erforderlich sei, eine Informationsoffensive der Vernunft - von den
Herstellern über die Händler und Fahrschulen bis zu den Verbänden,
Behörden und Medien. Auch an der Begriffsverwirrung mit den vielen
unverständlichen Kürzeln oder endlos langen englischen Bezeichnungen
müsse nachhaltig gearbeitet werden.

Vor allem bei kleineren und älteren Autos, die gerade von vielen
besonders gefährdeten Fahranfängern gesteuert würden, ist die
Ausstattung mit ESP noch sehr gering. Obwohl Versicherungsprämien für
Autos mit ESP günstiger seien und sich die Mehrkosten nach drei bis
vier Jahren amortisieren, wäre auch eine staatliche Förderung
wünschenswert. "Wer sich für mehr Verkehrssicherheit einsetzt", so
Ulrich Klaus Becker, Vizepräsident Verkehr des ADAC, "muss mit
Nachdruck staatliche Unterstützung fordern". Darüber hinaus wurden
auf dem MPC-Kongress auch viele Fragen aufgeworfen. Zum Beispiel:
Dürfen elektronische Systeme automatisch tätig werden, beispielsweise
selbstständig Notbremsungen einleiten? Entmündigt das den Fahrer?
Oder: Wer übernimmt bei Systemfehlern die Haftung? In jeden Fall, da
waren sich die Tagungsteilnehmer einig, müsse die volle Verantwortung
beim Fahrer bleiben. Assistenz-Systeme sollen entlasten, helfen und
warnen, nicht aber den Fahrer zum passiven Passagier machen.

Zahlreiche Systeme werden derzeit entwickelt, zum Beispiel
Nachtsichtsysteme und Abstandsradar mit Notbremsung und
Spurthalte-Systeme, die vor allem bei Nutzfahrzeugen von besonderer
Bedeutung sind. Einig waren sich die Experten, dass elektronische
Hilfen die Fahrer nicht ablenken dürfen. Die volle Aufmerksamkeit
gehöre der Fahrbahn, der Umgebung sowie dem Verkehr und nicht dem
Umgang mit Navigations-, Unterhaltungs- oder Kommunikationssystemen.
Im Übrigen sei das immer wieder an die Wand gemalte Gespenst der
Risikokompensation bei zusätzlichen Sicherheitsmerkmalen im Automobil
nicht signifikant in Erscheinung getreten. Dass ABS oder ESP die
Masse der Nutzer dazu verleiteten, mit riskanter Fahrweise in neue
Grenzbereiche vorzustoßen, habe sich nicht bestätigt.

Auch das Thema Übermüdung am Steuer ist auf dem Weg zum
"Unfallfreien Fahren" eine besonders wichtige Station. Der sogenannte
Sekundenschlaf ist Ursache vieler Unfälle. "Wir können mit
entsprechender Sensorik die Kopf- und Augenbewegungen des Fahrers
erfassen", erklärt Dr.-Ing. Matthias Rabe, Leiter Aufbauentwicklung
der Volkswagen AG, "wir können auch aus dem Fahrverhalten - zum
Beispiel Spur halten - Erkenntnisse gewinnen, aber die Sensorik muss
hier noch weiterentwickelt werden." Auf keinen Fall, so Rabe, dürfe
sich der Fahrer ständig überwacht fühlen.

Von der MPC-Tagung ging schließlich auch eine dringende Botschaft
an alle Fahrerinnen und Fahrer, die noch immer der Meinung sind, sie
könnten auf diese Systeme verzichten. Wer glaubt, es selber besser zu
können, unterliegt einem gefährlicher Irrtum", betonte Senator a.D.
Volker Lange, Präsident des Verbands der Internationalen
Kraftfahrzeughersteller. "Wer verantwortungsvoll am Verkehr
teilnehmen möchte, sollte sich auch stets um den neuesten Stand der
Technik bemühen. Wer Umweltschutz und Verkehrssicherheit fördern
will, der kann mit dem Ersetzen von in die Jahre gekommenen
Automobilen durch sichere, saubere und sparsame Fahrzeuge dazu einen
ganz wesentlichen Beitrag leisten". Auch hier wäre es wünschenswert,
betonte Lange, dass die Politik die Verjüngung der Fahrzeuge durch
steuerliche Anreize unterstützt. Die sei bei der eher rückläufigen
Einkommensentwicklung vieler Menschen von ganz besonderer Bedeutung.

Kasten:

Referenten und Experten der 1. MPC Verkehrssicherheitstage:

Dipl.-Ing. Jörg Ahlgrimm, Leiter Unfallanalyse, DEKRA
Dr. Frank Albrecht, Regierungsdirektor, Bundesministerium für
Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Dr. Thomas Almeroth, Geschäftsführer, VDIK e.V.
Ulrich Klaus Becker, Vizepräsident für Verkehr, ADAC
Björn Dosch, Leiter Ressort Verkehr, ADAC
Prof. Dr. Berthold Färber, Universität BW München
Dr. Johann Gwehenberger, Leiter Unfallforschung, AZT Automotive
GmbH
Dipl.-Psych. Ute Hammer, Geschäftsführerin, DVR e.V.
Christian Kellner, Hauptgeschäftsführer, DVR e.V.
Prof. Dr.-Ing. Peter M. Knoll, Universität Karlsruhe (TH)
Prof. Dr. Hans-Peter Krüger, Universität Würzburg
Senator a.D. Volker Lange, Präsident, VDIK e.V.
Dr.-Ing. Markus Lienkamp, Leiter Forschung Elektronik und
Fahrzeug, Volkswagen AG
Dr.-Ing. Matthias Rabe, Leiter Aufbau Entwicklung, Volkswagen AG
Wolfgang Rose, Vorsitzender, ACE Auto Club Europa e.V.
Klaus Peter Röskes, Vorstandsvorsitzender BGF und Vizepräsident
BGL e.V.
Dipl.-Ing. Gert K. Schleichert, Leiter Auto & Verkehr, ACE Auto
Club Europa e.V.
Priv. Doz. Dr. Julia Seifert, Ltd. Oberärztin, Unfallkrankenhaus
Berlin
Prof. Dr. Henning Wallentowitz, Institut für Kraftfahrwesen Aachen
Prof. Gunter Zimmermeyer, Leiter External Affairs, Robert Bosch
GmbH

Die Moderatoren der 1. MPC Verkehrssicherheitstage:
Richard Gaul, Kommunikationsberater
Jürgen Lewandowski, Erster Vorsitzender Motor Presse Club e.V.
Joachim R. Walther, Stv. Chefredakteur, AUTOBILD

Weitere Informationen zu den 1. MPC-Verkehrssicherheitstagen im
Internet unter www.motorpresseclub.de.

Anmerkung für Redakteure: Text und Fotos der 1.
MPC-Verkehrssicherheitstage im Downloadbereich unter
www.motorpresseclub.de
Fordern Sie bitte die Eingangsdaten (Benutzername, Passwort)
unter info@mpc-ev.de an.

Originaltext: Motor Presse Club e.V.
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/72359
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_72359.rss2

Pressekontakt:
MOTOR PRESSE CLUB E.V., Peter Finken
Liebermannstraße 5, 30625 Hannover
Tel.: 0511/53576-0, Fax: 0511/5357630
info@mpc-ev.de


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