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Börsen-Zeitung: Trübe Perspektiven, Kommentar zu Aktienmarkt und Ölpreis von Thorsten Kramer

Geschrieben am 27-06-2008

Frankfurt (ots) - Mit der ungebremsten Rekordjagd der Ölpreise ist
an den Aktienmärkten ein potenzieller Risikofaktor bittere Realität
geworden. Als wäre dies nicht genug, dämpfen die nachlassende Dynamik
der globalen Wirtschaft und die weiter schwelende Finanzkrise ohnehin
die Perspektiven an Europas Börsen. Die von vielen Analysten
erwartete Kurserholung noch vor der Jahreshälfte ist in diesem Umfeld
verständlicherweise ausgeblieben. Und die Experten werden nicht
umhinkönnen, ihre zumeist recht optimistischen Prognosen für das am
Dienstag beginnende zweite Börsenhalbjahr alsbald zu korrigieren.

Die Rally am Ölmarkt kennt offenbar keine Grenzen. Der
Terminkontrakt für ein Barrel Rohöl der US-Sorte West Texas
Intermediate kletterte am Freitag erstmals über 142 Dollar. Vor einem
Jahr lag der Preis nur in etwa halb so hoch. Den jüngsten Preisschub
zum Ende der nun abgelaufenen Handelswoche erklärten Akteure in
erster Linie mit der Aussicht darauf, dass Libyen schon bald sein
Fördervolumen kürzen könnte. Das nordafrikanische Opec-Mitglied prüft
eigenen Aussagen zufolge eine Reduzierung der Fördermenge als
Reaktion auf die jüngsten Drohungen der Vereinigten Staaten gegen die
erdölexportierenden Länder, wie ein Regierungsvertreter sagte. In den
USA wird zur Zeit ein Gesetzesentwurf diskutiert, wonach das
Justizministerium Opec-Länder verklagen kann. Im Mai hatte Libyen
täglich rund 1,71 Mill. Barrel zur gesamten Opec-Produktion von
täglich 32,12 Mill. Barrel beigesteuert.

Der Vorstoß Libyens war im Laufe der Woche nicht die erste
Hiobsbotschaft, die der Ölmarkt zu verarbeiten hatte. Zuvor hatte
bereits Opec-Präsident Chakib Khelil die Aufmerksamkeit auf sich
gezogen, als er für den Sommer einen Anstieg der Ölnotierungen auf
150 bis 170 Dollar vorhersagte.

Nun überrascht eine solche Aussage zunächst einmal nicht.
Schließlich ist die Opec als Zusammenschluss der Ölexporteure an
einem hohen Ölpreis interessiert. Nach dem enttäuschenden Resultat
des Ölgipfels vor Wochenfrist in Saudi-Arabien könnte die Prognose
des Präsidenten des Kartells allerdings schon sehr schnell wahr
werden. Saudi-Arabien kündigte zwar eine Erhöhung der Produktion um
täglich 200000 Barrel an, blieb damit aber am unteren Rand der
Erwartungen. Weil zugleich Förderausfälle in Nigeria aufgrund neuer
Unruhen bekannt wurden, reagierte der Ölpreis nicht auf die
Ankündigung. Laut Unicredit entsteht dadurch das Risiko, dass an den
Märkten die "Peak Oil"-Theorie an Überzeugungskraft und Zuspruch
gewinnt und es selbst Saudi-Arabien nicht länger zugetraut wird,
einem Ölpreisanstieg entgegenzutreten. Dies würde den Druck auf die
Aktienkurse weiter erhöhen.

In einer aktuellen Untersuchung belegt die Commerzbank, dass der
Anteil der Energiekosten an den Produktionskosten in Deutschland
durch die Hausse am Ölmarkt wieder so groß ist wie zu Beginn der
achtziger Jahre. Für die privaten Haushalte und die Unternehmen
entstünden Belastungen in Höhe von 1% des Bruttoinlandsproduktes.
Dies werde die Wirtschaft merklich bremsen, wodurch das Risiko einer
Stagflation wächst. Denn der Ölpreisanstieg belastet nicht nur die
Erwartungen an die Konjunktur. Eine ebenso bedeutsame Rolle spielt er
bei den wachsenden Inflationssorgen.

Wie das Statistische Bundesamt am Freitag nach vorläufigen
Berechnungen meldete, kletterten die Verbraucherpreise im Juni im
Vergleich zum Vorjahresmonat um 3,3%; dies war die höchste Rate seit
15 Jahren. An den Finanzmärkten geistert daher längst das böse Wort
der Stagflation umher, und die Konsumenten halten sich zunehmend
zurück. Das stellt nicht zuletzt die Vorhersage eines anziehenden
privaten Verbrauchs, der die deutsche Wirtschaft im Laufe des Jahres
stabilisiert, in Frage.

Mit großer Spannung blicken die Akteure deshalb der
Zinsentscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) am kommenden
Donnerstag und vor allem dem begleitenden Kommentar von EZB-Präsident
Jean-Claude Trichet entgegen - denn eine Anhebung des Leitzinses in
der Eurozone um 25 Basispunkte auf 4,25% gilt an den Märkten als
ausgemachte Sache. Angesichts der globalen konjunkturellen Abkühlung
hatten sich Analysten dagegen für das zweite Halbjahr eher auf
sinkende Zinsen in der Eurozone eingestellt.

Allein die Aussicht auf sinkende Leitzinsen hätte Europas Börsen
sicherlich Auftrieb gegeben. Stattdessen tritt nun - zumindest
vorerst - genau das Gegenteil ein. Auch dies dämpft die Perspektiven
für Dividendentitel.

Der letzte Handelstag des ersten Halbjahres am Montag wird die
Bilanz für die ersten sechs Monate kaum noch verändern. Somit blickt
beispielsweise der deutsche Aktienmarkt auf einen kräftigen Verlust
von 20% seit dem Jahreswechsel zurück. Ein ähnlich schwaches Halbjahr
war zuletzt in der zweiten Hälfte 2002 zu verzeichnen. Damals ging es
allerdings recht schnell ab dem Frühjahr 2003 wieder nachhaltig
aufwärts. Eine ähnliche Reaktion der Märkte wie damals erscheint zur
Zeit angesichts der zahlreichen Belastungen dagegen nur schwer
vorstellbar.

Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2

Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0


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