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Der DUH-Artenschutz-Fall des Tages (Teil 6):Airbus: Hamburg setzte Grundrechte außer Kraft, um Flugzeugwerft im Vogelschutzgebiet zu bauen

Geschrieben am 29-05-2008

Berlin (ots) - Letzte Folge der DUH-Serie zum Stand des
Naturschutzes in Deutschland anlässlich der
UN-Biodiversitätskonferenz: Hamburg erklärte die Flugzeugwerft von
Airbus für "gemeinnützig", um Anwohner enteignen und einen
Erweiterungsbau im Vogelschutzgebiet Mühlenberger Loch absegnen zu
können - Zerstörung des einmaligen Süßwasserwatts sollte
Arbeitsplätze sichern, die inzwischen wegen Managementfehlern und der
Dollarschwäche auf der Kippe stehen - DUH-Bundesgeschäftsführer Baake
fordert von Kanzlerin Merkel, ihren in Bonn gezeigten Einsatz für den
Artenschutz künftig auch zu Hause umzusetzen: "Sonst verkommt Politik
zur Schauveranstaltung"

29. Mai 2008: Freie Fahrt für große Pötte ist seit jeher das
Motto der Hamburger Politik, unabhängig davon, ob SPD oder CDU die
Mehrheit in Bürgerschaft und Senat stellen. Volle Kraft voraus haben
die Hamburger Volksparteien deswegen auch frühzeitig dem
Airbus-Konsortium signalisiert, als das europäische
Flugzeugbauunternehmen einen Standort für den Bau des Riesenfliegers
A380 suchte. Wie in der Hansestadt seit Jahrzehnten üblich, störte es
weder die SPD-Bürgermeister Henning Voscherau und Ortwin Runde noch
ihren CDU-Nachfolger im Amt des ersten Bürgermeisters Ole von Beust,
dass die Airbus-Werft mitten in einem nach EU-Vogelschutzrichtlinie
geschützten Gebiet bauen wollte, das zudem noch unter deutsches
Naturschutzrecht fiel. Kurzfristige wirtschaftliche Versprechen von
Airbus und wenige garantierte Arbeitsplätze waren dem Hamburger Senat
genug, um mehr als 670 Millionen Euro für eine Industrieansiedlung im
Vogelschutzgebiet an der Elbe zu investieren. Mit dem Geld und
Millionen Kubikmetern Sand schüttete Hamburg Teile des Mühlenberger
Loches zu, das vormals das größte Süßwasserwatt Europas war.

170 Hektar Land gewann der Flugzeugbauer Airbus so mithilfe der
Steuerzahler für Montagehallen und eine um 589 Meter verlängerte
Landebahn. Das einzigartige Süßwasserwatt Mühlenberger Loch, eine Art
Bucht in der dort knapp drei Kilometer breiten Elbe, ist seitdem um
ein Drittel verkleinert. Die vormals im EU-Vogelschutzgebiet
rastenden Löffel- und Krickenten mussten sich einen anderen
Rückzugsraum suchen, ebenso wie die in der Elbe selten gewordenen
Zander, Aale, Stinte und der Butt. Fische leiden in der Elbe zwischen
Hamburg und Nordsee besonders im Sommer unter dem Sauerstoffmangel im
künstlich vertieften Hauptstrom und finden daher nur in den ruhigeren
und ökologisch noch halbwegs intakten Seitenarmen einen Lebensraum.
"Natur und Ökologie wurden in Hamburg kurzfristigen wirtschaftlichen
Interessen geopfert, obwohl die Stadt nichts in der Hand hatte, mit
dem Airbus den Standort garantiert oder eine nennenswerte Anzahl von
Arbeitsplätzen zugesichert hätte," sagt Rainer Baake,
Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH). Dass die
Verrechnung von Ökologie und Ökonomie keine gesicherte Rendite
bringt, habe sich dann im Herbst 2006 gezeigt, als Airbus die
prestigeträchtige Auslieferung des A380 aus
Wirtschaftlichkeitsmotiven nach Toulouse verlegen wollte. Aus dem
vormals einzigartigen Süßwasserwatt drohte eine Industriebrache zu
werden. Die andauernden technischen und wirtschaftlichen
Schwierigkeiten des Airbuskonsortium, den A380 marktgerecht zu bauen,
zeigen, dass Standortsicherung vom Management abhängt und nicht von
der brachialen Zerstörung von Naturräumen.

Baake erinnerte daran, dass wegen der andauernden Schwierigkeiten
bei Airbus und wegen der Pläne, Teile der Produktion in den
Dollarraum zu verlegen, nun auch in Hamburg ein zusätzlicher
Arbeitsplatzabbau drohe. "Der Automatismus, dass ökologisch
unersetzliche Werte einer meist auch noch unsicheren Aussicht auf
Arbeitsplätze geopfert werden, muss in Deutschland endlich aufhören.
Sonst wird Kanzlerin Merkel mit ihrem gestrigen Einsatz bei der
Bonner UN-Artenschutzkonferenz eine ähnliche Bauchlandung erleben,
wie gegenwärtig im Klimaschutz. Was auf der internationalen Bühne
versprochen wird, muss zu Hause seine Entsprechung finden. Sonst
verkommt Politik auf der internationalen Bühne zur
Schauveranstaltung".

Die Erweiterung der Landebahn und der Bau neuer Montagehallen in
Hamburg habe außerdem gezeigt, dass die gegenwärtig übliche
Schieflage bei der Abwägung ökonomischer und ökologischer Interessen
gravierende gesellschaftliche Konflikte auslösen kann. So hatten der
Hamburger Senat und die Bürgerschaft in einem eigens für den
Airbus-Erweiterungsbau verabschiedeten Gesetz die Flugzeugwerft des
Unternehmens als "gemeinnützig" eingestuft. Mit der Lex Airbus hatte
die Hansestadt die juristische Legitimation geschaffen,
widerspenstige Anwohner der Landebahn zu enteignen und den Bau gegen
den Widerstand der Bevölkerung durchzusetzen.
___________________________________________________________________
Die DUH-Serie zum Schutz der biologischen Vielfalt in Deutschland
In Bonn präsentieren sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und
Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) auf der UN-Artenschutzkonferenz
als Kämpfer für die weltweite Biodiversität. Die Deutsche Umwelthilfe
begrüßt ausdrücklich das Engagement der Bundesregierung für den
weltweiten Arten- und Naturschutz, ist aber besorgt über die
mangelnde Umsetzung von Zielen zum Schutz der Biodiversität in
Deutschland. Bislang schaffen Bund und Länder es nicht, dem Natur-
und Artenschutz innerhalb Deutschlands zu seinem Recht zu verhelfen.
So liegt Deutschland innerhalb der Europäischen Union im letzten
Drittel bei der Ausweisung von Schutzgebieten nach der
Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH), die einen Mindeststandard für
den Schutz bedrohter Tiere und Pflanzen bildet. Deutschland hat aber
nicht nur extrem wenig Gebiete unter den FFH-Schutz gestellt, der
Zustand der Gebiete "befindet sich in einem ungünstigen
Erhaltungszustand", wie das Bundesamt für Naturschutz im Januar 2008
festgestellt hat.

Für die Ausweisung und Pflege der FFH-Gebiete sind ebenso wie für
den Naturschutz die Bundesländer zuständig. Dort hat die
Biodiversität oftmals keinen hohen Stellenwert: Niedersachsens
FDP-Umweltminister Sander greift im Biosphärenreservat Elbe
eigenhändig zur Kettensäge, Baden-Württemberg genehmigt die Tötung
der international geschützten Kormoranbrut am Bodensee, Bayern
schießt den einzigen Braunbären im deutschen Alpenraum ab.

Die DUH unterstützt nachdrücklich die nationale
Biodiversitätsstrategie der Bundesregierung. Dieses im
Bundeskabinett verabschiedete Programm für die biologische Vielfalt
in Deutschland ist jedoch nichts wert, solange die Strategie nicht
praktisch umgesetzt wird. Die DUH ist in großer Sorge um heimische
Tiere, Pflanzen und ihre Lebensräume. Um der auch hierzulande
bedrohten Natur eine Stimme zu geben, veröffentlicht die DUH während
der UN-Biodiversitätskonferenz regelmäßig einen Artenschutz-Fall des
Tages aus Deutschland. Quer durch die Republik haben wir zwischen
Nordsee und Alpen, Müritz und Bodesee Beispiele für die Zerstörung
unserer Natur zusammengetragen.

Zuvor erschienen: Sachsen-Anhalt schrumpft das Biosphärenreservat
Flusslandschaft Elbe; Baden-Württemberg genehmigt rechtswidrig Tötung
von geschützten Kormoranen im Naturschutzgebiet; Niedersachsens
Umweltminister Sander sägt eigenhändig Bäume in der geschützten
Elbtalaue und löst EU-Vertragsverletzungsverfahren aus; Hessen
verwässert EU-Naturschutzrecht und schafft Landschaftsschutzgebiete
ab; Nordrhein-Westfalen beschneidet etablierte Naturschutz-Standards
durch Gesetzesnovelle.

Originaltext: Deutsche Umwelthilfe e.V.
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/22521
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_22521.rss2

Pressekontakt:
Für Rückfragen:
Rainer Baake, Bundesgeschäftsführer, Deutsche Umwelthilfe e.V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 - 24 00 867-15, Mobil:
0151 - 55 01 69 43, baake@duh.de

Ulrike Fokken , Politik & Presse, Deutsche Umwelthilfe e.V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030-24 00 867-22, Mobil:0151
- 55 01 70 09, fokken@duh.de


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