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Börsen-Zeitung: Trendwende am Aktienmarkt, Börsenkommentar "Marktplatz" von Dieter Kuckelkorn

Geschrieben am 23-05-2008

Frankfurt (ots) - Am europäischen Aktienmarkt herrscht derzeit
Verunsicherung vor. Ein Ölpreis, der kurzfristig Kurs auf 140 Dollar
je Barrel nimmt, hinterlässt seine Spuren. Der Dax hat in der gerade
beendeten Börsenwoche deutlich Schwäche gezeigt. Zwar ist der
deutsche Leitindex zu Beginn der Woche erstmals seit Mitte Februar
dieses Jahres auf über 7200 Punkte gestiegen. Danach bröckelte das
Kursniveau jedoch wieder ab, am Donnerstag wurde zeitweise sogar die
Marke von 7000 Punkten unterschritten.

Somit scheint eine Besinnung auf die eher trüben Realitäten
eingetreten zu sein, denn bislang haben die Akteure den stark
steigenden Ölpreis als bedeutendsten Risikofaktor für eine Erholung
der Aktienmärkte geflissentlich übersehen. Dabei ist die Verteuerung
des Energieträgers durchaus substanziell: Seit der kleinen Korrektur
von Anfang Mai bis auf 107 Euro hat sich Rohöl um rund 20% verteuert.
Wie es scheint, brauchte es am Aktienmarkt aber erst einen Weckruf,
um sich der Realität zu stellen. Dieser war in Gestalt von Studien
der US-Investmentbank Goldman Sachs zu vernehmen, die einen Anstieg
auf bis zu 200 Dollar in vielleicht lediglich sechs Monaten,
spätestens jedoch zwei Jahren voraussagte und die Prognose für den
Durchschnittspreis in der zweiten Jahreshälfte von 107 auf 141 Dollar
anhob.

Insofern scheint sich das zu ereignen, was auch in der
Vergangenheit üblicherweise zu beobachten war: Regressionsanalysen
der BayernLB zufolge reagiert der Aktienmarkt auf den Ölpreis, wobei
auch die leichte zeitliche Verzögerung nicht unüblich ist.

Damit stellt sich die Frage, wie es am Aktienmarkt weitergeht. Was
den Ölpreis als den wohl schwerwiegendsten Einflussfaktor betrifft,
so sieht es derzeit nicht nach einer Entspannung aus. Was sich
derzeit auf dem Ölmarkt abspielt, werten die Analysten von Unicredit
als eine waschechte Versorgungskrise. In den vergangenen zwei Jahren
sei die Förderung nicht mehr gestiegen, die globale Nachfrage liege
seit dem vierten Quartal 2007 um etwa 2 Mill. Barrels pro Tag (bpd)
über dem stagnierenden Angebot von 85 Mill. bpd. Die Unterversorgung
dürfte weiter zunehmen, bis Jahresende gehen die Analysten von einem
Anstieg auf 5 Mill. bpd aus. Auch mittelfristig sieht es nicht besser
aus. Saudi-Arabien als größter Produzent der Welt hat angekündigt,
man werde die Förderung nicht über das aktuelle Niveau hinaus
ausdehnen. Russland als der wichtigste Lieferant außerhalb des
Kartells der Organisation Erdöl exportierender Staaten (Opec) geht
ebenfalls von einer Stagnation der Produktionsmengen aus. Nach
Schätzungen von Unicredit soll sich die Förderlücke in den kommenden
Jahren bis auf 12,5 Mill. bpd ausweiten.

Damit bräuchte der Aktienmarkt schon andere Faktoren, um ihm die
für eine Fortsetzung der Erholung notwendigen Impulse zu geben. Aus
fundamentaler Sicht wäre am ehesten eine über den Erwartungen
liegende konjunkturelle Entwicklung geeignet. Immerhin sind in den
vergangenen Tagen einige US-Indikatoren besser hereingekommen als
erwartet. Allerdings ist die amerikanische Notenbank derzeit eher
pessimistisch. Sie hat unlängst die Prognose für das
US-Wirtschaftswachstum im gesamten laufenden Jahr von 1,3 bis 2% auf
nur noch 0,3 bis 1,2% zurückgenommen. Gleichzeitig geht sie von einer
Inflationsrate aus, die mit 3,1 bis 3,4% aus dem Ruder läuft.
US-Ökonomen vermuten, dass der jüngste Preisschub beim Öl von 90 auf
über 120 Dollar rund 0,5 Prozentpunkte Wirtschaftswachstum kostet.
Setzt sich die ÖlHausse fort, dürften die Folgen für die
US-Wirtschaft und die Welt noch dramatischer werden.

Eine Belastung für den Markt stellt auch die unerfreulich hohe
Geldentwertung dar. So gehen historisch gesehen mit strukturell hohen
Inflationsraten niedrigere Aktienbewertungen einher, wird bei
Unicredit betont.

Für den deutschen und europäischen Aktienmarkt bedeutet dies, dass
in den kommenden Wochen und vielleicht Monaten nicht mit einer
Fortsetzung der Erholung zu rechnen ist. Bestenfalls ist eine
Bodenbildung mit erhöhter Volatilität zu erwarten. Was sich in der
gerade beendeten Börsenwoche bei den Dividendenwerten ereignet hat,
ist somit aller Wahrscheinlichkeit nach eine Trendwende, die die
Richtung für die kommenden Wochen und Monate vorgibt.

(Börsen-Zeitung, 24.5.2008)

Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2

Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0


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