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Börsen-Zeitung: Vom Dunkel ins Licht, Börsenkommentar "Marktplatz" von Dieter Kuckelkorn

Geschrieben am 11-04-2008

Frankfurt (ots) - Fast könnte man meinen, die Spatzen pfeifen es
schon von den Dächern. Zumindest sind sich aber fast alle Analysten
darüber einig: In Sachen Kreditkrise ist das Schlimmste überstanden,
heißt es allerorten. Spätestens zur Jahresmitte ist das Licht am Ende
des Tunnels klar zu erkennen. Es geht wieder aufwärts. Und zum
Jahresende erscheinen die Aussichten für die Kapitalmärkte dann
wieder in strahlendem Licht.

Nach dieser Argumentation hat die Kreditkrise bereits ihren Zenit
überschritten, wie eine in Frankfurt beheimatete Bank - um nur eines
von vielen Häusern anzuführen - vor wenigen Tagen in einer
Research-Note anmerkte. Die Krise werde in diesem Jahr auslaufen,
"der Großteil der Verluste der Banken sollte dann offengelegt sein",
wie die Bank hofft.

Immerhin räumen die Analysten ein, dass am Aktienmarkt starke
Nerven weiterhin gefragt sein werden, weil die realwirtschaftlichen
Daten gerade in den USA auch in den kommenden Monaten noch
"ausgesprochen durchwachsen" ausfallen werden. Da aber der
Aktienmarkt die fundamentalen Entwicklungen um rund ein halbes Jahr
vorwegnehme, laufe dies nicht automatisch auf fallende Notierungen
hinaus, wird rasch hinzugefügt.

Zwar haben sich die Märkte in den vergangenen Wochen in der Tat
erholt. So hat sich der Dax beispielsweise gegenüber seinem Tiefpunkt
vom März um rund 8% befestigt. Daraus aber bereits die grundlegende
Wende zum Besseren und das Ende der Kreditkrise ableiten zu wollen,
ist derzeit doch recht verwegen.

Das von vielen Instituten propagierte optimistische Szenario hängt
an zwei Grundvoraussetzungen. Zum einen wird postuliert, dass die
Banken ihre Beichten bereits zum großen Teil hinter sich haben, und
zum anderen wird vermutet, dass die Rezession in den USA, wenn es
denn überhaupt so weit kommt, äußerst leicht ausfallen wird.

Bei beiden Voraussetzungen sind Zweifel angebracht. Insbesondere
die Erwartung, dass keine umfangreichen neuen Verluste in den
Subprime-Portfolien der Banken mehr ans Licht kommen werden,
erscheint fragwürdig. Bekanntlich sind die im Feuer stehenden
Portfolien sehr viel größer als die aus ihnen stammenden und bereits
öffentlich eingestandenen Verluste. Im Fall einer Verschlechterung
des Umfelds oder einer sich intensivierenden Vertrauenskrise ist mit
weiteren Problemen zu rechnen.

In diesem Zusammenhang ist es entgegen den zuversichtlichen
Äußerungen vieler Analysten auffällig, dass die Banken untereinander
nach wie vor ein ausgeprägtes Misstrauen zeigen. So sind die Sätze am
Interbanken-Geldmarkt bei den längeren Laufzeiten immer noch
ungewöhnlich hoch. Der Dreimonats-Euribor steht weiter bei rund
4,75%, also deutlich über dem Leitzins der Europäischen Zentralbank
von 4%. Zudem berichten Händler, dass es sehr unterschiedliche Sätze
gibt, die die einzelnen Adressen zu entrichten haben. Von einem Ende
der Krise ist am Interbankenmarkt also nichts zu erkennen.

Auch bei der zweiten Grundvoraussetzung, nämlich der Erwartung,
dass es zu keiner oder nur einer ganz schwachen Rezession kommt, sind
Zweifel angebracht. Es ist nach wie vor unwahrscheinlich, dass die
Krise in den USA auf den Bankensektor beschränkt bleibt, ohne dass
der Unternehmenssektor in Mitleidenschaft gezogen wird. Der Markt für
Wohnimmobilien ist bereits kräftig eingebrochen, und auch hier ist es
absolut unklar, ob das Schlimmste wirklich überstanden ist.

Wenig zuversichtlich stimmt auch, was hinter vorgehaltener Hand zu
hören ist. So manchem Analysten soll derzeit von Bankvorständen
untersagt werden, das böse "R-Wort" in den Studien zu verwenden.
Darüber hinaus sollen Institute Druck auf die für sie zuständigen
Analysten ausüben und damit drohen, bei Veröffentlichung von
deutlichen Hinweisen auf noch drohende Belastung die
Geschäftsbeziehungen zu den Häusern, bei denen die Analysten tätig
sind, zu überdenken.

Und last but not least ist auch das Marktsentiment für einen
echten Wendepunkt noch viel zu positiv. Von einer Kapitulation der
Anleger (und Analysten) ist derzeit herzlich wenig zu spüren.

(Börsen-Zeitung, 12.4.2008)

Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377
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Pressekontakt:
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Redaktion

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