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Börsen-Zeitung: Keine nachhaltige Wende Kolumne "Marktplatz", von Frank Bremser.

Geschrieben am 28-03-2008

Frankfurt (ots) - Es ist eine sehr vorsichtige Formulierung, die
der YaleProfessor Robert Shiller kürzlich in einem Interview wählte:
"Ich muss sagen, aktuell ist keine gute Zeit, um am Aktienmarkt
investiert zu sein." Es lässt sich wenig sagen gegen diese Einsicht,
denn diejenigen, die lange Zeit auf steigende Kurse gesetzt haben,
können im Minutentakt beobachten, wie ihr Depotwert zusammenschmilzt.

Das erste Halbjahr haben Analysten und Volkswirte denn auch schon
länger weitestgehend abgeschrieben. Denn als hätte einer vom anderen
abgeschrieben, war in den Jahresausblicken stets dasselbe zu lesen:
Spätestens zum dritten Quartal werden die schlimmsten Auswüchse der
Subprime-Krise überwunden sein, dann werden die Aktienmärkte den
wiederkehrenden Aufschwung vorwegnehmen. Doch in den zurückliegenden
Wochen und Monaten wurden immer neue Schreckensmeldungen aus den
Bilanzen der Großbanken bekannt, und auch der US-Immobilienmarkt
zeigt wenig Anzeichen einer Erholung. Zudem ist die US-Wirtschaft in
der Rezession, und deren Folgen für die Weltwirtschaft werden
gravierend sein. Wie sehr Sorge und Angst regieren, zeigt der
Goldpreis: 1.000 Dollar je Unze, von Analysten allenfalls als
Jahresendziel ausgegeben, wurden bereits deutlich überschritten. Zwar
ist die Notierung zuletzt zurückgefallen, Experten gehen jedoch davon
aus, dass der Preis wieder anziehen wird

Still und leise

Und so verabschieden sich die Ersten still und leise von ihren
Erholungsvorhersagen für die Weltwirtschaft und den Aktienmarkt. Der
ehemalige Chef der amerikanischen Notenbank Alan Greenspan oder der
deutsche Wirtschaftsweise Peter Bofinger sprechen von der schlimmsten
Finanzkrise seit dem Zweiten Weltkrieg. Aus den Reihen der
Hedgefonds, Private-Equity-Gesellschaften und Investmentbanken sind
Rufe nach staatlicher Intervention zur Rettung der Finanzmärkte und
ihrer selbst zu hören. Die kaum zu bändigenden freien Kräfte des
Marktes, die Stars der vergangenen Jahre, die sich vehement gegen
jegliche Kontrolle und Einschränkung ihres Handelns gewehrt haben,
geben sich plötzlich handzahm und bitten um Hilfe. Und einheitliche
Transparenzregeln für Hedgefonds finden inzwischen sogar in den USA
und in Großbritannien Befürworter.

Die Krise, in die die Finanzwelt gerutscht ist, ist noch lange
nicht vorüber, und Zweifel, ob das Schlimmste wirklich überstanden
ist, sind mehr als berechtigt. Zwar haben sich die Aktienmärkte in
den zurückliegenden Tagen etwas erholt, eine nachhaltige Wende ist
dies aber nicht. Denn nun bestätigt sich, was einige Marktbeobachter
schon vor Monaten geunkt hatten. Was als US-Hypothekenkrise begann,
hat sich zu einer weltumspannenden Finanzmarktkrise ausgewachsen.

Mit voller Wucht

Und was viel dramatischer ist: Die Krise ist in der Realwirtschaft
angekommen und trifft diese mit voller Wucht. Banken vertrauen sich
schon lange nicht mehr und leihen sich kein Geld mehr, darunter
leiden auch die Kunden. Unternehmen, die ihr Wachstum über Anleihen
finanziert haben, ächzen unter den gestiegenen Refinanzierungskosten,
das Neuemissionsgeschäft ist nahezu vollständig zum Erliegen
gekommen. Es scheint nur eine Frage der Zeit, bis es den ersten
aufsehenerregenden Ausfall zu beklagen gibt. Und auch Unternehmen,
die eigentlich weit weg von Subprime-Papieren sein sollten, gehören
zu den Verlierern, und zwar nicht aufgrund der Finanzierung. Ihnen
bricht die Nachfrage weg. Dass Ferrari oder Tiffany Probleme
bekommen, weil die Boni der Investmentbanker niedriger ausfallen, ist
dabei nur eine amüsante Randnotiz.

Exportorientierten Unternehmen macht zudem der schwache US-Dollar
zu schaffen. Was auch zum Dilemma der Notenbanken führt, die zwischen
Optionen zu wählen haben, die ihnen wie Pest oder Cholera vorkommen
müssen: Rezession oder Inflation. Probleme und Krisen, wohin man auch
schaut.

Die Schwächephase der Weltwirtschaft wird anhalten und noch lange
die Finanzmärkte prägen. Anleger müssen sich auf weitere Kursverluste
einstellen, bei gleichzeitig hoher Volatilität. Deshalb könnte man
Robert Shillers Aussage auch so modifizieren: Wenn man gute Nerven
hat und auf fallende Kurse setzt, ist aktuell eine gute Zeit, um am
Aktienmarkt zu investieren.

(Börsen-Zeitung, 29.3.2008)

Originaltext: Börsen-Zeitung
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Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0


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