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Westdeutsche Zeitung: Medienrummel um das Eisbärenbaby "Flocke" = von Eberhard Fehre

Geschrieben am 18-01-2008

Düsseldorf (ots) - Fünf Wochen ist das kleine Fellknäuel alt und
nur knapp 2800 Gramm schwer. Vier Pfleger stehen rund um die Uhr
bereit, kraulen den flauschigen Eisbärenbauch, massieren die zarten
Kiefer und bürsten das Fell. Die Namenssuche beschäftigte die
Republik, und im fernen Sibirien wird schon mit Hochdruck nach einem
künftigen Spielgefährten gefahndet. Das tägliche Bulletin,
zuverlässig über CNN in alle Weltteile verbreitet, informiert
detailliert über die sensationelle Entwicklung: Erst öffnete "Flocke"
kurz das linke, darauf auch einmal das rechte Auge; das erste
Zähnchen kündigte sich an, und am nächsten Tag musste die
Eisbärendame am Hintern gekitzelt werden, damit's auch mit der
Verdauung klappt. Kaum auf der Welt, war "Flocke" schon ein
Internetstar. Und wir wollten - sind wir nur ehrlich - das alles
tatsächlich auch wissen.
Spielverderber haben da keine Chance. Hinweise darauf, dass wir mit
unserem eigenen Nachwuchs, glaubt man nur den sich häufenden
Nachrichten, gelegentlich erschreckend herzlos umgehen, laufen ins
Leere. Warnungen von Tierschützern, hier werde ein euer "Problembär"
aufgepäppelt, dem jedes "normale Sozialverhalten" fehle, quittieren
wir mit einem Schulterzucken. Was hätte man denn tun sollen? Auch die
schamlose Vermarktung der inzwischen schon geschützten "Marke" Flocke
nehmen wir hin, ebenso seine Instrumentalisierung für einen durchaus
fragwürdigen Klimaschutz. So ist halt das Leben.
Und wenn uns auch hin und wieder der peinliche Verdacht beschleicht,
dass mit uns selbst vielleicht doch etwas nicht so ganz in Ordnung
sein könne, wenn wir derart auf das putzige Wollknäuel abfahren, dann
genügt ein Blick auf seine rührend hilflose Existenz, um alle Zweifel
an der umstrittenen Handaufzucht auf der Stelle zu zerstreuen.
Irgendwie erkennen wir uns selbst in dieser hilflosen Kreatur. Das
Raubtier blenden wir aus, stattdessen wissen wir alles über die
Zusammensetzung seines Babybreis.
Aber das ist letztlich doch ein starker Trost. So schlecht kann es
wohl um unsere Welt nicht bestellt sein, wenn wir die Zeit haben, uns
um diesen süßen Fratz zu kümmern, als hinge davon das Überleben
unserer Zivilisation ab. Denn am Ende tut sie das vielleicht ja
wirklich.

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62556
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_62556.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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