| | | Geschrieben am 30-11-2007 NRW beim "Klimaschutz" abgehängt? Absurde Vergleiche
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 Essen (ots) - Die Klimadebatte in Deutschland wird häufig ohne
 Berücksichtigung wirtschaftlicher Zusammenhänge und
 Verhältnismäßigkeiten geführt. Jetzt ist das einwohnermäßig größte
 und wirtschaftlich stärkste Bundesland Nordrhein-Westfalen in die
 Schusslinie von Umweltorganisationen geraten, weil es nach einem
 vergleichenden "Länder-Test" der Zeitschrift GEO zu den
 Umweltkonzepten und Schadstoffbilanzen der Bundesländer einen
 hinteren Rang (Nr. 12 von 16) einnimmt. Dafür werden vor allem das
 "schwerindustrielle Erbe" und die Zahl der Kohlekraftwerke in NRW
 verantwortlich gemacht. Dass NRW nicht nur nach wie vor das
 "ökonomische Herz" der Republik ist, sondern zugleich das Energieland
 Nr. 1 in Deutschland, von dessen Energie- und Stromerzeugung andere
 Bundesländer abhängen, wird bei derartig einseitigen Vergleichen
 schlicht ausgeblendet. Das ist unseriös.
 
 "Chance verpasst" - so charakterisierten bereits die
 Umweltminister von Rheinland-Pfalz und des Saarlands den von GEO
 publizierten "Test" der 16 Bundesländer. Auch NRW wird dieser Test
 nicht gerecht, der allerdings, wie die Autoren selbst feststellen,
 "wie alles in der Klimaforschung nicht finale wissenschaftliche
 Gültigkeit beanspruchen kann". Wie wenig nachvollziehbar, ja z. T.
 absurd einseitige Bundesländervergleiche beim Thema Klimaschutz sind,
 zeigt schon der Blick auf einige ökonomische Basisdaten: NRW hat von
 allen Bundesländern die größte Bevölkerungszahl (18 Mio.), aber auch
 das größte wirtschaftliche Volumen. Wäre NRW ein eigenständiger
 Staat, würde dieser mit einem Bruttoinlandsprodukt (BIP) in 2006 von
 501 Mrd. Euro (d. s. 22 % des BIP der Bundesrepublik) an 17. Stelle
 unter den leistungsstärksten Ländern der Welt stehen - gleich hinter
 Australien und den Niederlanden und unter anderem vor allen
 skandinavischen Ländern, Polen oder Saudi-Arabien. Dieses
 wirtschaftliche Gewicht verdankt NRW vor allem seiner
 Industrieproduktion, wobei die Bedeutung der einstmals dominierenden
 Schwerindustrie durch den enormen Strukturwandel der letzten
 Jahrzehnte tatsächlich stark zurückgegangen ist und heute ein relativ
 ausgewogener Mix aus moderner Industrie und Dienstleistungen
 vorherrscht. Von vielen Gütern aus NRW profitiert die ganze deutsche
 Volkswirtschaft. Als Industriestandort ist NRW zugleich stark
 exportorientiert sowie der Investitionsstandort Nr. 1 für
 ausländische Investoren in Deutschland. Schon das zeigt, wie
 problematisch es ist, in NRW anfallende Emissionen dem Land selbst
 zuzurechnen.
 
 Dass bei dem GEO-Vergleich Äpfel mit Birnen verglichen werden,
 zeigt sich erst recht daran, welche Bundesländer bei diesem Ranking
 vorne liegen: Das landwirtschaftlich strukturierte
 Mecklenburg-Vorpommern - das zugleich das Bundesland mit dem im
 Durchschnitt geringsten Pro-Kopf-Einkommen ist und eine 15fach
 geringere Wirtschaftskraft als NRW aufweist - vor dem Stadtstaat
 Berlin sowie den Flächenländern Brandenburg und Bayern. Von den neuen
 Bundesländern in Ostdeutschland liegt bei diesem Vergleich keines auf
 den hinteren Plätzen, denn bei ihnen hat seit der Wende eine
 weitgehende Deindustrialisierung stattgefunden; diese hat zwar deren
 CO2-Emissionen überproportional gesenkt - aber um den Preis
 anhaltender Strukturschwäche und Massenarbeitslosigkeit. NRW ist
 dagegen durch seine historische Entwicklung und geografische Lage
 völlig anders geprägt, nämlich von industrieller Großproduktion und
 Energiewirtschaft, großer Bevölkerungszahl und hoher
 Bevölkerungsdichte, Metropolregionen und großem Verkehrsaufkommen.
 Letzteres auch deshalb, weil es aufgrund seiner Lage und seiner
 Verkehrsinfrastruktur eine Drehscheiben- und Sprungbrettfunktion im
 europäischen wie im nationalen Handel einnimmt, auf den wiederum auch
 viele andere Bundesländer angewiesen sind. Ein Vergleich der Länge
 der Radwege, wie sie der Test von GEO auch als Kriterium enthält,
 besagt darüber recht wenig.
 
 Das gilt erst recht für die Rolle von NRW als Energiezentrum der
 Nation. NRW verbraucht wegen seiner wirtschaftlichen Gegebenheiten
 von allen Bundesländern am meisten Energie (ca. 27 % des nationalen
 Primärenergieverbrauchs). Gleichzeitig versorgt NRW über das
 Stromnetz andere Bundesländer mit. In NRW befinden sich keine
 Kernkraftwerke. In Arbeitsteilung mit den anderen Bundesländern
 erfolgt die Stromerzeugung in NRW zu gut 80 % aus Kohle. In NRW
 finden zugleich 56 % der Braunkohlenförderung und 81 % der
 Steinkohlenförderung in Deutschland statt. Auch für die
 Mineralölversorgung der deutschen Volkswirtschaft spielen die
 Raffinerien in NRW eine große Rolle, obwohl der Mineralölverbrauch in
 NRW mit einem Anteil von knapp 29 % am Primärenergieverbrauch des
 Landes deutlich unter dem Bundesdurchschnitt (35 %) liegt. In NRW
 entstehen also viele energiebedingte Emissionen, die dem
 Energieverbrauch anderer Bundesländer geschuldet sind.
 
 In NRW sitzen deshalb auch viele Energieunternehmen, deren
 Aktivitäten weit über das Bundesland und z.T. über die nationalen
 Grenzen hinausreichen. So die beiden führenden deutschen
 Energieversorgungsunternehmen E.ON und RWE, einschließlich des
 führenden deutschen Gashandelsunternehmens E.ON Ruhrgas und des
 größten deutschen Braunkohlenförderers und -verstromers RWE Power.
 Mitten in NRW, im Ruhrgebiet, haben die RAG, die Deutsche Steinkohle
 AG und die RAG-Stiftung ebenso ihren Sitz wie die Evonik STEAG GmbH,
 die nicht nur fünftgrößter Stromerzeuger und bedeutender
 Steinkohleverstromer in Deutschland ist, sondern auch nationaler
 Marktführer der Grubengasverstromung und bei Biomassekraftwerken. NRW
 gilt zugleich als ein internationales Kompetenzzentrum der
 Kraftwerkstechnik. So zählen neue Kohlekraftwerke mit Technologie aus
 NRW nicht nur zu den saubersten und effizientesten der Welt, sie sind
 auch ein Exportschlager. Würde der heutige Stand der Technik der
 Kohlekraftwerke in NRW weltweit umgesetzt, könnten die globalen
 Emissionen der Kohleverstromung um rd. 30 % gesenkt werden.
 
 Klimaschutz ist selbstverständlich auch für NRW und seine
 Wirtschaft ein ernstes Anliegen. Schon deshalb, weil sich hier etwa
 jede vierte Anlage befindet, die in Deutschland dem
 CO2-Emissionsrechtehandel unterworfen ist, und das Land auch die
 Auswirkungen anderer klimapolitischer Maßnahmen in besonders
 ausgeprägter Weise zu tragen hat. NRW hat seit längerem ein eigenes
 Klimaschutzkonzept, das sich aber aus ökonomischen und sozialen
 Gründen an den im Land bestehenden Gegebenheiten orientieren muss. Es
 kann nicht einfach die Konzepte anderer Bundesländer mit ihren völlig
 anderen Bedingungen kopieren. Das Potenzial für Wasser- und Windkraft
 oder Biomassenutzung ist in NRW schon naturbedingt geringer, die
 Nutzung der Kernkraft ist in NRW beendet. Deshalb spielen in NRW
 nicht nur der Ausbau erneuerbarer Energien und Projekte zur
 Steigerung der Energieeffizienz eine Rolle - bei den
 Effizienzstandards für den Bau neuer Häuser steht NRW im
 Ländervergleich übrigens weit vorne -, sondern auch ein großes
 Kraftwerkserneuerungsprogramm, das auf die möglichst
 umweltverträgliche Modernisierung der Braun- und
 Steinkohlenkraftwerke abzielt. Dass sich ein großer Teil der
 Neubauprojekte für Kohlekraftwerke in Deutschland auf NRW
 konzentriert, erklärt sich in erster Linie dadurch, dass es hier
 schon eine große Zahl von bestehenden Standorten für Kohlekraftwerke
 gibt, an denen Ersatz- oder Ertüchtigungsinvestitionen vorzunehmen
 sind. Zum NRW-Klimakonzept zählen aufgrund der Gegebenheiten des
 Landes beispielsweise ebenso der Ausbau der Grubengasnutzung, der
 Geothermie oder der Kraft-Wärme-Kopplung, wo immer diese sinnvoll
 eingesetzt werden kann (z. B. in der Fernwärmeschiene Ruhr).
 CO2-Vergleiche mit anderen Bundesländern, die diesen
 unterschiedlichen Bedingungsrahmen methodisch nicht erfassen und
 elementare volkswirtschaftliche Zusammenhänge ignorieren, sind daher
 zumindest irreführend. Immerhin stellt GEO fest: "Kein Land ist
 überall spitze, keines nur schlecht."
 
 Grundsätzlich sind bei der Analyse des globalen Problems
 Klimawandel alle kleinteiligen Vergleiche unangebracht. Ganz
 Deutschland hat einen Anteil von 3 % an den weltweiten
 CO2-Emissionen. Selbst wenn NRW (oder ein anderes Bundesland oder
 sogar ganz Deutschland) ein "Nullemissionsland" wäre, würde sich das
 in der globalen CO2-Bilanz kaum auswirken, schon gar nicht, wenn das
 Emissionswachstum im Rest der Welt nicht aufhört. Denn global nehmen
 die CO2-Emissionen seit 1990 jährlich um fast 2 % zu, von 2005 auf
 2006 waren es sogar 2,6 %.
 
 Originaltext:         GVSt Gesamtverband Steinkohle
 Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/54802
 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_54802.rss2
 
 Pressekontakt:
 Gesamtverband Steinkohle
 Andreas-Peter Sitte
 Rüttenscheider Str. 1-3
 45128 Essen
 Tel.: 0201/801-4320
 Fax:  0201/801-4262
 E-Mail: andreas-peter.sitte@gvst.de
 
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